Sky-Serie "Tender Hearts": Bedingungslose Roboter-Liebe

In der Sky-Serie (ab 6. 4.) sucht eine Frau in einem Roboter die Liebe. Die Hauptdarsteller Friederike Kempter und Madieu Ulbrich im Interview über Sexszenen, Klischees und Frauenquote.

von Gabriele Flossmann

Faul am Strand in der Sonne liegen, während Roboter unsere Arbeit erledigen, den Lebensunterhalt durch ein Grundeinkommen garantiert. Ist das die erstrebenswerte Perspektive? Zukunftsforscher halten diesen Himmel (?) auf Erden für machbar. Und das schon in absehbarer Zeit.

Für manche eine Horrorvision, für andere eine gute Lösung von Alltagsproblemen. Nicht nur in der Kranken- und Altenpflege. Gebastelt wird daher an menschenähnlichen Maschinen, die mit ihren Kamera-Augen Wut, Freude, Trauer und andere wichtige Gefühle interpretieren und sie selbst sogar mimisch ausdrücken können. Geht es nach ihren Entwicklern, werden sie bald noch viel mehr können. Sie sollen die bedingungslose Liebe ausstrahlen und ihrer Freude an Sex möglichst menschenähnlich Ausdruck verleihen können. Daran arbeitet nicht nur die Porno-Industrie. Verständnisvolle Roboter als digitale Allzweck-Therapeuten.

Dieses, immer realistischer werdende Zukunfts-Szenario ist nun Thema der achtteiligen Serie "Tender Hearts" (ab 6. 4., Donnerstag, bei Sky). Die Serie wird als „Rom-Com“ angekündigt – also als "romantische Komödie". Das Kürzel "Rom-Rob-Com" würde dabei noch besser passen – handelt es sich dabei doch um eine Roboter-Mensch-Romanze für die Generationen Y und Z.

Die etwa vierzigjährige Milla will für sich das Beste aus beiden Welten haben. Ihr Apartment verfügt über sämtliche Techniktools, die die nahe Zukunft so zu bieten hat: Textnachrichten erscheinen etwa auf dem Badezimmerspiegel. Wohl nicht zufällig hat sie auch im Job mit Computern und Robotern zu tun – als Games-Entwicklerin.

Im Lauf der Serie sucht sie nun auch noch einen Avatar für das Wohlgefühl ihres Leibes – und ihrer Seele. "Tender Hearts" erinnert an Maria Schraders Kinofilm "Ich bin dein Mensch" aus dem Jahr 2021, in dem der charmante Brite Dan Stevens als Roboter eine skeptische Wissenschaftlerin mit seinem Liebeswerben verwirrt. Friederike Kempter ("Tatort") als Mila und Madieu Ulbrich als ihr Love-Robot spielen ebenso überzeugend wie unterhaltsam das ungleiche Paar. Im Gespräch mit uns geben sie Einblicke in ihre Herangehensweise an diese Rollen.

Interview mit Friederike Kempter: "Wir sollten uns viel mutiger vom Klischee lösen"

Die Serie wird als "Rom-Com" angekündigt und hinter dieser Bezeichnung stehen unterhaltsame Beziehungsgeschichten, die meist ohne Sex auskommen. In "Tender Hearts" geht es aber auch um die sexuelle Befriedigung, die sich die von Ihnen gespielte Mila von ihrem Roboter holt. War das für Sie ein Problem?

Friederike Kempter: Ich glaube, es gibt keinen Schauspieler auf der Welt, der sich über Sexszenen freut. Das ist immer etwas, das mit Scham zu tun hat – obwohl immer alles getan wird, um es für die Schauspieler so angenehm wie möglich zu machen. Trotzdem fand ich die Sexszenen in unserer Serie wichtig. Denn wir erzählen ja die Geschichte einer Frau, die nicht mehr ganz jung ist, und die ihr Glück finden will. Eine Frau, deren Herz gerade gebrochen wurde, und die nun nach einem Ausweg aus ihrem Liebeskummer sucht.

Sie sagen, dass die Frau, die Sie spielen „nicht mehr ganz jung“ ist – war das für die Story wichtig, um zu demonstrieren, dass es einem Roboter egal ist, ob die Frau, auf deren Liebe er programmiert ist, alt oder jung, schön oder hässlich ist, während andererseits diese menschenähnliche Maschine besonders jung und schön aussieht? Spielen Ihrer Meinung nach in Filmen Schönheit und Jugend generell eine zu große Rolle?

Als ich vor über 20 Jahren angefangen hab, war das noch extrem, aber heute wird das – wie man so schön sagt – diverser. Aber für gewöhnlich ist es schon so im Film: Der Mann darf Mitte 40 sein, also einer, der sozusagen „in der Blüte seines Lebens“ steht – und dann hat er auf einmal eine Frau an der Seite, die mindestens 10 oder 15 Jahre jünger ist. Was im normalen Leben eher nicht so ist. Ich finde, dass wir uns da viel mutiger von diesem Klischee lösen sollten und ich glaube auch fest, dass das Publikum da mitgehen würde. Nicht nur 20-jährige Supermodels sollten sich ausziehen vor der Kamera, wenn wir Geschichten aus dem wirklichen Leben erzählen wollen. Die Menschen – und vor allem auch die Frauen – sollten eben die Körper und Gesichter haben, wie wir sie aus dem Leben kennen.

Der Science-Fiction-Autor Isaac Asimov hatte kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eine Kurzgeschichte geschrieben, in der die Menschen einen Roboter zum Regierungsoberhaupt machen, der darauf programmiert ist, nur das Beste für die Menschen zu wollen. Er wird zum Diktator, weil die Menschen offenbar nicht annehmen wollen, oder vielleicht auch nicht erkennen, was für sie das Beste wäre. Daran erinnern Szenen in „Tender Hearts“, in denen die von Ihnen gespielte Frau in Rage gerät, weil der Roboter ihr alles recht machen will. Können Sie diese Konflikte nachvollziehen?

Mila kommt tatsächlich an den Punkt, an dem sie sagt: "Wer bist du denn eigentlich? Du redest mir immer nach dem Mund." Man kennt das auch aus der menschlichen Liebe. Am Anfang ist das angenehm und schmeichelhaft, wenn einem immer rechtgegeben wird. Wenn da jemand ist, der sich immer um dich kümmert und immer macht, was du sagst. Auch da kommt der Moment, an dem man sich fragt, wie der oder die andere wirklich tickt. Die Liebe sollte auch dazu da sein, Konflikte zu erleben und gemeinsam zu lösen. Ich könnte nicht mit jemandem zusammen sein, der immer zu allem Ja und Amen sagt (lacht).

Tender Hearts

©Sky Deutschland AG und Sky Deutschland GmbH & Co. KG räumlich und zeitlich uneingeschränkte Exklusivnutzungsrechte./© Sky Deutschland/Odeon Fiction/Nik Konietzny
Mila will einen Avatar, der sie zwar auch sexuell befriedigen kann, aber vor allem sucht sie in dieser Beziehung Zärtlichkeit und emotionale Aufmerksamkeit. Sehen Sie die Serie in diesem Sinne auch als Lehr-Beispiel für die männlichen Zuschauer, dass eben Frauen gerne zärtlichere, aufmerksamere und höflichere Männer an ihrer Seite hätten?

Finde ich auch (lacht). Und dazu passt auch schon unser Titel „Tender Hearts“ – sanfte, zarte Herzen. Daraus ergibt sich auch eine ganz große Kraft. Gerade in einer Welt wie sie heute ist, in der nicht alles zum Besten bestellt ist. Dass diese zärtliche, diese zueinander gewandte Freundlichkeit eine Kraftquelle ist.

Im Fernseh-Alltag stehen sehr viele Krimis auf dem Programm und auch Sie haben ja in diesem Genre mitgewirkt. War da die Rolle der Mila eine Möglichkeit, einen Film über das Gefühlsleben einer Frau zu machen?

Das war ein Traum, tatsächlich. Und weil es so viele Krimis gibt – ich habe ja selbst lang den „Tatort“ gemacht – war es mir so wichtig, einmal eine Frauengeschichte zu erzählen, die auch feministische Ansätze hat. Eine spannende Liebesgeschichte. An dieser Serie haben viele Frauen gearbeitet – bei Drehbuch, Regie und auch in der Produktion – und das war für mich wirklich ein Geschenk. Deshalb habe ich mich auch an diese Doppel- und Dreifachbelastung gewagt, mit einem Baby so eine große Rolle zu spielen. Ich wusste, dass das eine große Chance ist, einmal so eine Geschichte zu erzählen.

Sie betonen, dass an dieser Serie viele Frauen beteiligt waren. Nun gibt es – auch in Österreich – Diskussionen rund um eine Frauenquote bei der Filmförderung. Wie stehen Sie dazu?

Wenn man sich in Deutschland Filme von Frauen ansieht, die Publikum und Kritik gleichermaßen begeistern konnten, dann fallen mir neben „Toni Erdmann“ oder „Western“ von Valeska Grisebach oder den Filmen von Karoline Herfurth noch etliche andere Beispiele ein. Österreich hat mit Marie Kreutzer oder Jessica Hausner eine ganze Zeihe herausragender Filmemacherinnen zu bieten. Man könnte also meinen, dass die Frauen keine Quote brauchen, weil sie den Durchbruch auch mit Qualität schaffen können. Aber was die Frauen nicht haben, das sind die Seilschaften, die Männer in dieser Branche seit Jahrzehnten aufgebaut haben und da braucht es vielleicht erst einmal eine Quote, um da ein Gleichgewicht herzustellen. Es gibt natürlich gute weibliche Regisseurinnen und schlechte – so wie auch bei den männlichen Kollegen. Und es ist natürlich auch möglich, dass unter den nach Quote geförderten Projekten auch mal ein nicht so gutes eher zum Zug kommt, weil es von einer Frau eingereicht wurde und nicht von einem Mann. Das kann auch für den Einzelnen richtig bitter sein. Aber das wird sich einpendeln.

Tender Hearts

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Interview mit Madieu Ulbrich: "Wir glauben immer weniger Zeit zu haben, nach innerer Schönheit zu suchen"

Wie bereitet man sich auf die Rolle eines menschlichen Roboters vor? Es gibt ja – außer in anderen Filmen – keine Vorbilder, die man in ihrem Alltag studieren kann?

Madieu Ulbrich: Ich bin den technischen Weg gegangen, indem ich mich genau informiert habe, welche Typen schon gebaut wurden. Und wie wird die nahe Zukunft aussehen. Von Sex-Puppen, die es ja schon gibt, bis zur künstlichen Intelligenz an sich. Ich habe außerdem einige sehr interessante Bücher über die Beziehungen von Menschen und Maschinen gelesen. Die emotionale Seite des Humanoiden, den ich spiele, habe ich dann aus mir heraus entstehen lassen. Aber ich fand die Geschichte und die Drehbücher so berührend, dass ich keine Angst davor hatte, dass die Gefühle zu kurz kommen.

Sie haben die bereits existierenden Sex-Puppen erwähnt und nun geht es in „Tender Hearts“ zwar auch um Sex, aber mehr noch um – wie schon der Titel sagt – ein anderes Organ, nämlich um Herz und um Zärtlichkeit. War Ihnen das wichtig?

Unbedingt. Wir haben viel Zeit verbracht, über diese Intimszenen zu sprechen  was uns wichtig ist und was wir gar nicht wollen. Zum Glück war unserer Regisseurin Pola Beck auch sehr wichtig, wie Sex in Filmen und Serien dargestellt wird und wie wir dabei die richtige Tonalität finden.

Glauben Sie, dass es solche Androiden, wie Sie einen in dieser Serie darstellen, auch bald in der Realität geben wird?

Ich glaube, dass uns die menschliche Neugierde dahin bringen wird, die ja die Basis jeder Forschertätigkeit ist. Vielleicht nicht schon 2036, aber mit Sicherheit ein paar Jahrzehnte später.

Eine der für Frauen vielleicht wünschenswertesten Eigenschaften des menschlichen Roboters, den Sie spielen, ist, dass es ihm egal ist, ob die Frau an seiner Seite alt, jung, schön oder hässlich ist. Er selbst muss offenbar jung und schön sein. Wie war für Sie diese Umkehr menschlicher Begehrlichkeiten? Die Frage, woher diese Obsession kommt, warum Jugend und Schönheit so begehrenswert erscheinen, ist schwierig zu beantworten. Ich frage mich oft, ob das nicht alles künstlich und durch die Werbung hervorgerufen wird. Vielleicht auch, weil alles immer schneller gehen muss und wir immer weniger Zeit zu haben glauben, nach innerer Schönheit zu suchen. In meinem privaten Umkreis habe ich nicht den Eindruck, dass diese angeblichen Werte eine so große Rolle spielen. Zumindest bei mir nicht. Wir wollen alle Partner oder Partnerinnen, die attraktiv sind, aber diese Attraktivität sollte nicht nur aufs Äußerliche beschränkt sein.

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Der Avatar, den Sie spielen, will nur das Gute für seine Partnerin – oder Besitzerin, je nachdem wie man das Verhältnis der beiden sieht.  Daraus ergibt sich ein ernster Konflikt. Wie stehen Sie dazu, dass jemand, der stets das Gute will, letztlich Böses, oder zumindest Ärger schafft? Braucht der Mensch Konflikte?

Unbedingt. Das kann man schon in dem kleinen Kosmos Film, Fernsehen, Serien ablesen. Wir alle haben schon Geschichten gesehen, in denen es keine Konflikte gibt, und da fragt man sich: Warum schaue ich mir das an? Teil des Menschlichen ist ja auch, Probleme lösen zu wollen. Ohne solche Konflikte wäre unsere Existenz sehr farblos.

Sind Sie deshalb auch Schauspieler geworden, um die vielen Farben einer menschlichen Existenz auskosten zu können?

Ja, das trifft sicher zu. Schon beim Heranwachsen konnte ich erleben, dass es eine Vielzahl von Charakteren gibt, von denen jeder für sich und auf seine Weise interessant ist. Und ich konnte beobachten, wie aus den unterschiedlichen menschlichen Eigenheiten und Talenten der Stoff für Konflikte, für Faszinationen für künstlerische und wissenschaftliche Leistungen entsteht. Der Beruf des Schauspielers bietet tatsächlich die Möglichkeit, sich in viele Charaktere hineinzuversetzen.

Suchen Sie auch Ihre Rollen nach diesen Kriterien aus, oder lassen Sie sich von Ihrer Agentur bei der Stoffauswahl beraten?

Beides. Ich habe zum Glück eine sehr gute Agentin, die mich sehr unterstützt und bestärkt, nur zu den Dingen ja zu sagen, die ich auch wirklich machen möchte. Klar – ich bin jetzt noch gar nicht so lange fertig mit der Schauspielausbildung, aber ich meine mir in den vergangenen Jahren auch erarbeitet zu haben, dass ich auch „nein“ sagen kann und nur die Dinge verfolge, zu denen ich auch innerlich stehe. Und ich bin froh, da eine Partnerin zu haben, die nicht sagt, dass ich Geld verdienen muss und mir deshalb rät, nur mit bestimmten Personen zu arbeiten.

Für die heutigen Generationen spielen Zukunftsängste eine große Rolle – sie sieht es da bei Ihnen aus? Was macht Ihnen Angst – gehören da humanoide Roboter dazu?

Ich bin eher neugierig auf die Zukunft und daher nicht ängstlich. Natürlich betreffen mich auch die aktuellen Themen wie Klimakrise und Umweltkatastrophen und unser Umgang mit unserem Planeten. Vor allem sind es die Kriege, die mir Sorgen machen. Ich möchte, dass es nicht mehr so viel Leid gibt in unserer Welt, aber Angst vor den Entwicklungen der Technik gehört nicht dazu.

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