Florian David Fitz im Interview: „Glück ist Zufall“

Was Kinder über das Vorleben der Eltern wissen müssen und was besser nicht, sein Verhältnis zur Kirche und seine große Liebe zum Streichespielen: Florian David Fitz im Gespräch.

Namen sind Schall und Rauch? Nicht wirklich. Und schon gar nicht, wenn man eine gute Komödie machen will. Vor vier Jahren rannte das Publikum in Scharen ins Kino, um zu sehen, wie sich unter anderem Florian David Fitz, Christoph Maria Herbst und Iris Berben an die Gurgel gehen, weil einer seinen ungeborenen Sohn „Adolf“ taufen möchte. Auch in der Fortsetzung „Der Nachname“ kochen die Konflikte hoch: Auf Lanzarote wird gestritten, es geht um komplizierte Erbfolgen und unmögliche Schwangerschaften. Am Telefon erreichen wir dazu Florian David Fitz in München. Eben hat er nach einem Stromausfall im Keller die Sicherung wieder aktiviert, aber sonst ist alles gut.

Florian, Ihre zukünftige Karriere bloß als „Fitz“ – so wie Prince, Madonna, Sting – zu bestreiten, wäre das etwas für Sie? 

Ich weiß nicht recht. Früher in den Achtzigerjahren war das jedoch durchaus geläufig, sich auch im normalen Umgang nur mit dem Nachnamen anzusprechen. In Bayern und auf dem Land ist es sowieso Usus. Oder man dreht den Namen um, dann bin ich der Fitz Flori.

Warum machen das die Menschen, es heißt ja nicht ohne Grund Vor- und Nachname?

Das ist, glaube ich, was Austro-Bajuwarisches. Ich erkläre es mir so: Die Sippe ist wichtiger als der Einzelne, daher wird sie auch zuerst genannt.

Ihre Figur in „Der Nachname“ ist nicht gerade sympathisch. Was haben Sie trotzdem mit ihr gemeinsam?

Zum Glück nicht allzu viel. Der Typ hat doch sehr reaktionäre Denkmuster. Aber das ist natürlich genau das Interessante daran. Wäre doch langweilig, jemanden zu verkörpern, der alles schon verstanden hat und meine Weltsicht teilt.

Wie würden Sie Ihren eigenen Humor beschreiben, über was können Sie lachen?

Ich spiele den Leuten gerne und immerzu Streiche. Das ist für andere durchaus gewöhnungsbedürftig, ich finde es hingegen äußerst vergnüglich. Was das angeht, freue ich mich diebisch wie ein Kobold. (lacht) Das heißt aber nicht, dass ich es zu schätzen weiß, wenn man mir Streiche spielt.

Ihr bester Streich?

Den bösesten Streich habe ich meiner Schwester gespielt. Um sie zu erschrecken, habe ich mich im Bettkasten versteckt. Sie hat dann blöderweise noch ewig rumgemacht und der Scherz wurde unfreiwillig zeitlich sehr aufwendig. Mindestens eine Dreiviertelstunde musste ich da drin warten, dann war es endlich so weit: Als sie ihr Bettzeug hervorholte, packte ich ihren nackten Knöchel. Sie wäre vor Schreck beinahe gestorben. Ich meine das wörtlich. Sie konnte sich 30 Minuten nicht beruhigen, so hysterisch war sie. An diesem Tag hätte ich beinahe meine Schwester verloren. (lacht) Dafür komm ich in die Hölle.

Wer kam noch in den Genuss Ihrer Albernheiten?

Als ich nach dem Abitur Schauspiel und Gesang in Boston studierte, haben wir uns dauernd gegenseitig erschreckt. Dafür hat sich ein Kommilitone eines Tages böse an mir gerächt. Er besaß Pappaufsteller von Hollywood-Ikonen wie James Dean. Den zog er an, mit Jacke und Mütze, und stellte ihn mir ins dunkle Zimmer. Ich hatte fast eine Herzattacke. Auch hier meine ich das wörtlich. Würde mir das jetzt passieren, wäre ich einfach auf der Stelle tot.

Was wieder Sie zum Gegenschlag ausholen ließ?

Wir kamen dann überein, dass unsere Mätzchen einen Punkt erreicht haben, an dem eindeutig jemand gröberen Schaden erleiden könnte. Wenn Menschen einfach tot umfallen können, dann ist das ein guter Punkt, aufzuhören.

Ihr zweiter Vorname „David“ ist hinzugefügt, es gibt ihn eigentlich nicht. Warum?

Weil es bereits einen anderen Schauspieler namens Florian Fitz gab. So war ich quasi gezwungen, meinen Namen zu verändern. Und dann ist er geblieben.

Und Ingo, ihr tatsächlicher zweiter Vorname, war keine Möglichkeit?

Nein, um Gottes willen.

Persönliche Geheimnisse packt man entweder früh aus – oder nimmt sie mit ins Grab.

Im Film wird wild gestritten. Welche Themen wurden bei Ihnen zu Hause diskutiert?

Bei mir und meinem Vater ging es eigentlich immer um Politik. Diese ewigen Diskussionen sind meiner Mutter schrecklich auf den Geist gegangen, weil mein Vater viel konservativer war als ich. Auch als ich der Familie bekannt gegeben habe, dass ich nicht mehr in die Kirche gehe, ergab das einen großen Familienstreit. Mein Argument war: Wenn du mich jetzt dazu zwingst, werde ich in Zukunft erst recht nie wieder eine Kirche betreten. Das half.

Und, seitdem wieder eine Kirche betreten?

Ich betrete Kirchen sehr gerne. Aber ich folge der Liturgie nicht sehr gut. Es ist keine Geschichte, mit der ich mich sehr verbunden fühle. Wobei ich die Botschaft Jesu hundertprozentig unterschreiben kann und würde. Nur die Kirche als politisches Konstrukt, von Rom ausgehend über Jahrtausende aufgebaut – das ist nichts für mich. Die Kirche sollte sich mal wieder auf ihre Kernbotschaft konzentrieren, das wäre was. Aber ich glaube, das kriegen wir nicht hin. Da ist über die Jahrtausende zu viel Wasser den Tiber runtergeflossen.

Botschaft und Institution, meinen Sie, gehen da getrennte Wege.

Egal, wie alt und weise die philosophische Botschaft hinter der Kirche ist, die Menschen haben es immer wieder geschafft, sie zu korrumpieren. Jesus sagt: Liebe und Vergebung. Die Menschen machen draus die Inquisition und den Scheiterhaufen. Das ist nun mal eine der Grundeigenschaften des Menschen. Wir haben noch die beste Idee kleingekriegt.

Florian David Fitz

Florian David Fitz

Florian David Fitz wurde 1974 in München geboren. Er studierte Schauspiel und Gesang in Boston. Bekannt wurde er als Dr. Meier in der Comedyserie „Doctor’s Diary“. Filme: „Männerherzen“, „Vincent will Meer“,  „Da geht noch was“, „Hin und weg“,  Regie u. a. auch bei „Der geilste Tag“ und „100 Dinge“. Seit 2021 Vater.

Im Film geht’s auch darum, was erwachsene Kinder vom früheren Leben ihrer Eltern wissen müssen – und was nicht.

Sie müssen keineswegs alles wissen. Alles andere wäre ein Missverständnis. Meine Mutter hat uns da auch ganz klar Grenzen gesetzt, gesagt, das geht euch genau gar nichts an. Auch Eltern haben das Recht, Privatpersonen zu sein. Mit persönlichen Geheimnissen packt man entweder relativ früh aus – oder nimmt sie mit ins Grab.

Wilde Zeiten also verschweigen?

Das ist Typ-Sache. Manchmal sind die Kinder von alten 68ern Spießer geworden, die wollen davon gar nichts hören.

Eine neue Biedermeierlichkeit?

Biedermeier ist noch freundlich ausgedrückt – wir leben in der Hochzeit des neuen Biedermeier. Was mich aber am meisten stört, ist das permanente Aufeinander-mit- dem-Finger-Zeigen – vor allem in den sozialen Medien. Moral ist wichtig. Aber was gerade so hochgehalten wird, ist Moralin. Angezweifelt wird dabei immer nur die Moral der anderen, dabei beginnt sie immer bei einem selbst. Weil meine selbst nicht die beste ist, halte ich ja auch die Fresse, was andere anbelangt. (lacht)

Wenn Weltbilder aufeinanderprallen, können Sie da entspannt mitdiskutieren?

Augenzwinkern schön und gut. Aber wenn mich was betrifft und aufregt, bin ich in Diskussionen ganz furchtbar. Und furchtbar rechthaberisch. Das lerne ich wohl nicht mehr, mir das abzugewöhnen.

Letzte Frage: Was bedeutet Glück für Sie?

Glück ist Zufall. Und so muss man es auch nehmen. Glück ist eine Süßigkeit, die dir das Leben ab und zu vorbeischickt. Und ist wie alle Süßigkeiten in Maßen zu genießen.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

Kommentare