Punks wollen weiter auf deutscher Nobel-Insel Sylt bleiben
Anrainer klagen über Lärm und Wildpinkeln. Derweil läuft in Westerland die Genehmigung für ein Protestcamp aus.
In Deutschland läuft mit Ende August das günstige 9-Euro-Ticket für die Regionalzüge aus. Es haben wohl einige Bewohner und Urlauber gehofft, dass mit Ende des Sommers auch die Punks die Nobel-Insel Sylt verlassen. Wie berichtet, nutzten die Anarchos das günstige Zugticket, um das Nordsee-Eiland zu besuchen - wohl auch um das dortige elitäre Publikum etwas zu ärgern. Immerhin gilt der Ort als Refugium der Reichen und Schönen: Luxus-Shops, Champagner-Bars, gediegenes Publikum. Zuletzt hatte die pompöse Hochzeit des deutschen Finanzministers Christian Lindern für Schlagzeilen gesorgt.
Aus der Hoffnung, dass man bald wieder unter seinesgleichen ist und es wieder manierlicher zugeht, wird nichts. Die Besucher wollen noch ein bisschen bleiben und auch das vorm Rathaus in Westerland aufgebaute Protestcamp nicht räumen. Es steht dort seit einigen Wochen und hat eine Genehmigung bis zum 31. August. Allerdings ging Anfang der Woche laut Medienberichten im Kreis Nordfriesland eine E-Mail ein. Darin beantragten die Punks eine Verlängerung bis zum 1. Oktober. Am Dienstag entschieden die Behörden: das Camp wird aufgelöst.
Die Versammlungsbehörde hatte Ende Juli entschieden, das Camp zu genehmigen, weil sich zuvor Anwohner, Gastronomen, Gewerbetreibende in der Fußgängerzone über Probleme beschwert hatten. Hauptärgernis war Wildpinkeln, aber auch nächtliche Feste mit Lärm kamen nicht bei bei allen gut an. Und es wusste auch nicht allen zu gefallen, dass sich die neuen Besucher im Brunnen in der Fußgängerzone wuschen. Eine aufgestellte Mauer, die das verhindern sollte, wurde wenig später wieder eingerissen.
Eine Frage der Zumutbarkeit
Grundsätzlich gelte in Deutschland ein hohes Gut an Versammlungsfreiheit, sagte ein Kreissprecher zum Hamburger Abendblatt. Das müssten auch die Anrainer akzeptieren. "Das gilt aber nicht für ewig", betonte er. Mit zunehmender Zeit würden auch die Rechte der Anwohner von Bedeutung sein. Und es gelte sehr wohl abzuwägen, ob eine Verlängerung des Camps für die Insulaner zumutbar sei.
Für den kommenden Sommer 2023 hat die Kommune bereits prophylaktisch angekündigt, den unerwünschten Zulauf nicht mehr so hinzunehmen. Laut Hamburger Abendblatt kündigte der stellvertretende Bürgermeister Carsten Kerkamm zuletzt an, zukünftig Maßnahmen ergreifen zu wollen. „Eine Situation, wie wir sie jetzt haben, darf nächstes Jahr nicht noch mal entstehen“, sagte Kerkamm. Woran genau man denke, sei noch nicht ganz klar. Aber so viel ist sicher: "In diesem Jahr sind alle, insbesondere die Ordnungskräfte, überrascht worden. Man hat versucht, sich blitzartig darauf einzustellen. Mit allen Problemen, die das mit sich gebracht hat. Wir werden nächstes Jahr ganz anders aufgestellt sein.“
Vor einem Monat war CDU-Politiker Wolfgang Schäuble hier, um mit den Punks zu diskutieren. Im rosa Poloshirt debattierte er mit den Besuchern im Protestcamp. "Die Politik muss dafür sorgen, dass wir eine tolerante Gesellschaft bleiben", stellte er hier etwa laut diesem Bericht klar.
Auch Gregor Gysi (Linke) kam wenig später vorbei. Er gab den Anarchos den Ratschlag, sie sollten den Landrat des Kreises Nordfriesland einladen. Dieser können die Forderungen politisch bearbeiten. Neben ernsthafte Themen wie Steuerverteilung oder Wohnraum erklärten die Punks, sie wollten eine große Show mit aus Fahrzeugen gezündeten Feuerwerkskörpern auf Sylt. "Was mit einem solchen Remmidemmi erreicht werden soll, ist völlig unklar", schreib der Tagesspiegel.
Gysi habe sich als Vermittler angeboten, aber in Richtung der Punks auch gemeint: "Es gibt Kompromisse, die man eingehen muss, um ein höheres Ziel zu erreichen." Das gehöre "zu einer demokratischen Kultur dazu".
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