Pop-Sensation Oskar Haag im Interview: „Lieber Gitarre als Hausaufgabe“

Der sechzehnjährige Teenager aus Klagenfurt über alte Idole, junge Gefühle und den Glauben daran, die Sterne vom Himmel zu holen.

Andere Jugendliche zeigen sich mutlos ob der vergangenen schwierigen Monate des „Distance Learning“. Er nutzte die Chance, sich auch selbst etwas beizubringen.

Beinahe ausschließlich im Do-it-yourself-Verfahren hat der sechzehnjährige Kärntner Schüler Oskar Haag sein Talent zum Liedermacher entwickelt. Sein Vater Oliver Welter, Sänger der Indie-Kultband Naked Lunch, meint zwar: „Ich habe Oskar geraten, eine Karriere in Brüssel oder Frankfurt oder dergleichen anzustreben. Er will das aber nicht.“ Er sagt dann aber: „Ein großes Glück für ihn als auch für die Welt.“

Wann hast du gemerkt, dass du ein großes Talent zum Musikmachen hast?

OSKAR HAAG: Als ich anfing, Lieder zu schreiben und sie dann meinen Freunden und meiner Familie zeigte, bekam ich schon sehr viel positives Feedback.

Dann hab ich angefangen, diese Lieder auch aufzunehmen und in meinem Zimmer zu produzieren. Als ich merkte, dass das den Leuten auch gefiel, glaubte ich zu wissen, dass ich da was hab’, in dem ich wirklich talentiert bin.

Hast du Musikunterricht oder hast du dir das alles selbst beigebracht?

Als Kind wollte ich Schlagzeug spielen. Da nahm ich auch etwa zwei Jahre lang Unterricht. Mein Lehrer war ziemlich cool, der Unterricht war sehr frei, nicht nur nach Noten, sondern eher nach Gefühl. Klavier brachte ich mir dann alleine und mit Hilfe des Internets bei. Mein Vater zeigte mir erste Akkorde auf der Gitarre, aber den Rest hab’ ich mir dann selber beigebracht.

Das erste Konzert, das du gesehen hast?

Als Kind war ich natürlich immer mit auf Konzerten von Naked Lunch, der Band meines Vaters. Als ich mich dann richtig für Musik interessierte und auch Konzerte besuchen wollte, kam Corona. Das erste Konzert, auf das ich wirklich selber ging, war Voodoo Jürgens beim Klagenfurt-Festival im Vorjahr.

Dein erster großer Auftritt fand ebenfalls im Vorjahr statt, beim „popfest wien“ in der Karlskirche. Wie stark war dein Lampenfieber?

Nicht sehr. Ich war den ganzen Tag sehr ruhig, manche in meiner Familie waren eher gestresst. Knapp vor meinem Auftritt war ich schon sehr aufgeregt, aber das verging, als ich anfing zu spielen. Die Vorfreude war dann doch viel stärker als die Aufregung.

Oskar Haags Debütsingle "Stargazing"

©Hersteller
Dein Vater ist auch Musiker. Ist er dein Vorbild und fragst du ihn auch um Rat, wenn du etwa bei einer Komposition nicht ganz im Klaren bist?

Natürlich ist mein Vater so etwas wie ein Vorbild, da ich auch seine Musik großartig finde. Wenn ich ein Lied schreibe oder produziere, ist er die erste Person, die es zu hören bekommt. Er gibt mir dann hin und wieder Tipps. Aber im Endeffekt ist es immer mir überlassen, ob ich noch was ändern will oder nicht.

Und andere musikalische Vorbilder?

Ich würde sagen, meine größten Vorbilder sind Paul McCartney, David Bowie und Zach Condon von der Band Beirut.

Wovon handeln deine Lieder?

Manchmal schreibe ich Sachen, die mich auch betreffen, manchmal sind Geschichten frei erfunden. Aber natürlich wird in einem Lied alles theatralischer dargestellt.

Wie viele Songs hast du schon geschrieben. Auch welche auf Deutsch oder gar in Mundart?

Bis jetzt sind es insgesamt etwa fünfzig bis sechzig Lieder. Eines davon auf Deutsch. Aber ich hab mir irgendwie schwer getan, einen Popsong auf Deutsch zu schreiben.

Spielst du deine Lieder auch deinen Mitschülern vor? Oder deiner Freundin?

Ja, manchmal spiel ich auch vor meinen Mitschülern. Meiner Freundin zeig’ ich sowieso jedes Lied, das ich schreibe oder gerade aufnehme.

Was machst du, wenn du von der Schule nach Hause kommst: Gleich Gitarre spielen oder vorher noch die Hausaufgaben? 

Das ist genau das Problem mit der Schule. Ich greif’ eben, wenn ich nach Hause komme, viel lieber nach meiner Gitarre als nach meinen Hausaufgaben.

Du wirst als derzeit größtes heimisches Poptalent gehandelt. Eine Belastung?

Ich sehe es nicht als eine Belastung. Ich freu mich eher darüber. Natürlich ist es etwas übertrieben. Aber ich freue mich trotzdem, so etwas zu hören oder zu lesen.

Mit „Stargazing“ hast du vor ein paar Wochen eine erste Single veröffentlicht. Ein Song, über den es im deutschen Fachblatt „Musikexpress“ hieß: ,Noch beobachtet Oskar Haag die Sterne. Es scheint aber, als würde er sich langsam auf den Weg machen.’ Ein Lob, das nach mehr verlangt. Wann erscheint dein erstes Album?

Voraussichtlich im Juni.

(es folgt das tolle Musikvideo zu "Stargazing", Regie: Jakob Kubizek)

Haben dich die diversen Lockdowns motiviert, in deinem Jugendzimmer die ersten Lieder aufzunehmen?

Ich glaub’, dass ich durch das viele Daheimbleiben einfach mehr Zeit hatte dafür.

Was treibst du sonst: Skifahren im Winter, Fußballspielen im Sommer?

Fußball ist mein Lieblingssport. Im Winter spiel ich gern Eishockey oder gehe Skifahren. Wenn es draußen wärmer ist, spiele ich gern Fußball, Basketball oder Volleyball. Oder ich schwimme im Wörthersee.

Wo siehst du dich in fünf Jahren?

Musik machend, eigentlich in Wien lebend, aber um die Welt reisend.

Was machst du, wenn du einmal schlecht aufgelegt bist?

Musik.

Apropos Musikmachen: Hast du zufällig schon die Beatles-Doku „Get Back“ gesehen? Darin kann man deinen Idolen bei der Arbeit über die Schultern schauen.

Ja, zur Hälfte etwa. Ich finde sie wahnsinnig interessant. Ich glaube auch, dass ich als junger Musiker viel davon mitnehmen und lernen kann. Das Einzige, was mir immer etwas komisch vorkommt, ist, dass Yoko Ono wirklich immer dabei und nie mehr als ein, zwei Meter von John Lennon entfernt ist.

Oskar, vielen Dank für dieses Gespräch.

Oskar Haag

Oskar Haag ist mit 16 Jahren so jung wie David Bowie, als dieser erste Spuren im Musikgeschäft hinterlließ. Seine ersten Karriereschritte lenkte mit Stefan Redelsteiner der Türöffner für Wanda und Voodoo Jürgens. Im Frühsommer des Vorjahres gab es den ersten Radioeinsatz von "Stargazing" bei Fritz Ostermayers FM4-Sendung "Im Sumpf". Damit war der Grundstein gelegt.

Stefan Redelsteiner meint rückblickend: „Vor über einem Jahr hat mir Oliver Welter einen mysteriösen Soundcloud-Link geschickt, ohne große Kommentare, einfach was ich von den vier, fünf dort versammelten Songs halten würde. Ich schrieb zurück: ,Grandios, wer oder was auch immer das ist!'

Es war der damals 15-jährige Oskar Haag. Einige Monate später kontaktierte mich Oskars Vater erneut, ob ich mir nicht vorstellen könne ein bisschen mitzuhelfen. Ich sagte als Übergangslösung – da ich aktuell keine Ambition für neue Projekte verspüre - zu. Viel war nicht zu tun, denn Oskars Strahlkraft hat praktisch von allein Tür um Tür aufgestoßen, ich musste nur die hereintrudelnden Anfragen sortieren. Eine der Aufgaben die ich mir auferlegt hatte, war es zudem Oskar ein solides Team für die Zukunft aufzubauen, sei es Vertrieb, Promo oder Management. Das steht nun so halbwegs da, und ich kann mich zurückziehen um zu sein was ich am liebsten bin: staunender Fan.

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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