"The Magic Flute": Steht der nächste Mozart-Hype bevor?

Knapp 40 Jahre nach „Amadeus“ will ein Fantasyfilm den Zauber Mozarts neu vermitteln, unter Mithilfe von Rolando Villazón.

Bald 40 Jahre ist es her, dass Hollywood den knapp 200 Jahre zuvor verstorbenen Wolfgang Amadeus Mozart als Superstar in die Gegenwart herüberholte. Mit sensationellem und nachhaltigem Erfolg. Klänge und Kostüme der Wiener Klassik waren auf einmal wieder cool. Denn Regisseur Miloš Forman und „Amadeus“ waren 1985 vor allem eines: eine oscarwürdige Kombination. Bester Film, Beste Regie, Bester Hauptdarsteller, Beste Kostüme etc.

Und das, obwohl das Filmstudio keine allzu großen Erwartungen in den scheinbar angestaubten Stoff gesetzt hatte: die Rivalität zwischen dem ehemaligen Salzburger Wunderknaben Wolferl und dem Wiener Hofkomponisten Antonio Salieri.

Mozart blieb auch dank „Amadeus“ (mit Tom Hulce in der Titelrolle) immer im Gespräch 

©© The Saul Zaentz Company/ARTE/The Saul Zaentz Company

„Oh-oh-oh Amadeus“

Irren ist menschlich. Ein Jahr danach musste Popstar Falco erst mit Nachdruck zu seinem späteren Welterfolg „Rock Me Amadeus“ überredet werden – von den niederländischen Produzentenbrüdern Rob und Ferdi Bolland sowie seinem deutschen Manager Horst Bork.

„Oh-oh-oh Amadeus“, mit dem lässig vorgetragenen Rap stürmte Hans Hölzel im März 1986 die US-Charts. Bis zur Nummer eins sogar. Seit damals für einen Musikus aus Austria unerreichbar.

Und jetzt das. Die deutsche Filmproduktion „The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“ will Wolfgang Amadeus Mozart durch einen gewagten Kunstgriff erneut als Superstar in die Gegenwart katapultieren. Die Story: Tim Walker, Gesangsschüler an einem so fiktiven wie alpinen Mozart-Internat, stößt in der Schulbibliothek auf eine Nische, die ihn direkt in den Kosmos von Mozarts Oper mit der magischen Flöte zieht.

Ab 17. 11. im Kino: Der 26-jährige Jack Wolfe verkörpert in „The Magic Flute“ einen Schüler am Mozart-Internat. 

©TOBIS Film /Luis Zeno Kuhn

Zauber der Zauberflöte„Die Zauberflöte“, die meistgespielte Oper weltweit. Uraufgeführt anno 1791 im Freihaustheater in der damaligen Wiener Vorstadt, Mozarts letzte Oper. Ein Werk, von dessen mystischen Figuren Vogelfänger Papageno, Prinzessin Pamina, Fürst Sarastro und Königin der Nacht wohl schon jeder irgendetwas gehört hat, egal, ob Klassikfan oder nicht.

„The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“ (Kinostart: 17. November) kommt nun ganz anders als eine Opernverfilmung daher. Ein Segen. Regie führt mit Florian Sigl ein Münchner Filmemacher, der bisher vor allem durch aufwendig inszenierte Werbeclips auf sich aufmerksam gemacht hat. Und womöglich benötigt ein Unterfangen wie „The Magic Flute“ auch einen Regisseur, der einem Spielfilm nicht wirklich einen persönlichen Stempel aufdrücken will. Dank großzügigem Einsatz von Computeranimationen mutiert die anfangs an die „Harry Potter“-Filmreihe erinnernde Szenerie – das Internat, die Bibliothek – beinahe in Lichtgeschwindigkeit zu einem actionreichen Fantasyspektakel.

Ihr Auftritt, bitte!

Vogelfänger Papageno, Prinz Tamino und Prinzessin Pamina und, natürlich, die Königin der Nacht. Letztere trägt ein Kostüm, das einer Gothic-Opera würdig ist. Alles nur möglich, weil einer der Produzenten von „The Magic Flute“ eine einschlägige Vergangenheit als Actionfilm-Regisseur vorzuweisen hat: Roland Emmerich („Independence Day“, „The Day After Tomorrow“, „2012“).

Wie passt das nun alles zusammen? In der Fantasyhandlung muss Internatsschüler Tim jede Nacht gefährliche Abenteuer bestehen, um Pamina aus den Fängen des Fürsten zu befreien. Und tagsüber im Schulalltag trachtet er danach, in der Schulaufführung der „Zauberflöte“ die begehrte Hauptrolle genau jenes draufgängerischen Tamino zu ergattern. Bingo!

Hohe Authentizität

Damit die Story neben all der wilden Fantasie auch tatsächlich Hand und Fuß hat, nahm das Filmteam frühzeitig Kontakt zu einem der versiertesten Kenner der Materie auf, zu Rolando Villazón.

Neben seinen Tätigkeiten als Regisseur und Schriftsteller leitet der mexikanisch-französische Opernsänger nämlich seit vier Jahren die weltweit führende Institution in Sachen Mozarts Vermächtnis – die Internationale Stiftung Mozarteum in Salzburg.

Rolando Villazón 

©APA/HKT/NEUMAYR/LEO

So ist es auch zu erklären, dass die Stiftung in einer Szene auch einmal in dem Film auftaucht. „Ich bin sehr froh darüber, dass diese Beziehung zwischen dem Filmprojekt und dem Mozarteum klappte“, bekräftigte Villazón im freizeit-Interview.

Spektakulärer hingegen sind freilich jene Szenen, die auf der über der Salzach thronenden Festung Hohenwerfen im Pongau gedreht wurden. Die vor beinahe 1.000 Jahren auf einem Felskegel erbaute Burg diente Hollywood schon mehrmals als Kulisse, etwa 1968 für den Actionfilm „Agenten sterben einsam“ mit Clint Eastwood und Richard Burton oder, zuletzt, in den Jahren 2015 bis 2019 für die Amazon-Serie „The Man In the High Castle“, die auf dem dystopischen Roman von Philip K. Dick basiert.

Love Story im Internat

Keine Geschichte über Wolfgang Amadeus ohne amouröse Abenteuer. Hier ist es die Mitschülerin Sophie (Niamh McCormack), die Tim/Tamino gehörig den Kopf verdreht. Nicht wenige Kinogänger werden aber ebenso die Köpfe verrenken, wenn mit Dr. Longbow der strenge Leiter des Internats ins Bild kommt.

Ist das nicht ... ?, der schaut doch aus wie ...?, ja, wie Mozarts Gegenspieler in „Amadeus“, wie der Darsteller von Antonio Salieri, wie F. Murray Abraham. Exakt.

Für die Rolle als Salieri wurde Abraham im Jahr 1985 mit einem Oscar als Bester Hauptdarsteller ausgezeichnet. Gut möglich, dass sich für den nunmehr 83-jährigen Schauspieler die ein oder andere Ehrung ausgeht.

Appell an uns alle

Letztlich ist „The Magic Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte“ ein Film für Jung und Alt. Mehr noch, diese durchaus zeitgemäße Interpretation eines altbekannten Stoffes ist auch ein Appell an uns alle, positiv in die Zukunft zu blicken.

Rolando Villazón hebt besonders hervor, wie vielschichtig Mozart war. „Jeder von uns kann etwas über Mozart sagen, und alles zusammen stimmt. Es ist die Summe von allem, das Mozart ausmacht“, meint er.

Und: „Er war nicht nur der verrückte Mozart, der Clown, wie wir ihn in ,Amadeus’ sehen. Das war ein Teil von ihm, aber nicht der ganze Mozart, der ernste, der spirituelle.“

MozartwocheInteressant, dass Albert Einstein nicht ohne Violinkoffer reiste. Das Physikgenie strich den Geigenbogen gerne zu Mozartsonaten. Wie auch Mozart in der Musik nach wie vor die erste Geige spielt. Das erste Festival des Jahres ist die Mozartwoche in Salzburg. Sie startet seit 1956 alljährlich rund um den 27. Jänner, den Geburtstag des Musikgenies.

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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