Urlaub in Salzburg: Bereit für die große Bühne
Eine Stadt wie keine andere: Hochkultur trifft auf Innovation, Geschichte auf Genuss im Hier und Jetzt. Warum Salzburg gerade jetzt eine Reise wert ist.
Überblick
"Die ganze Stadt ist eine Bühne“, sagte Festspiel-Gründer Max Reinhardt. Recht hat er. Und dennoch ist Salzburg viel mehr als bloße Kulisse. Die Stadt sprüht vor Lebensfreude, Genuss wird groß geschrieben. Für jedermann.
Wo beginnen, wie sich annähern? An diese kleine Stadt, in der das Wort „bescheiden“ nicht existiert, weil sie seit jeher alles hat – und es auch gerne zeigt. Schlösser, Kirchen und Hauben-Restaurants, Sky-Bars und Biergärten, idyllische Hausberge, Jägerleinen und Haute Couture, Fußball, Schickeria, die größte Burg Mitteleuropas, Mozartkugeln und Bussibussi. Und ja, natürlich die Festspiele, die sie einen Monat lang zur Kulturhauptstadt der Welt machen.
Vielleicht beginnt man einfach dort, wo jeder der acht Millionen Besucher, die jährlich nach Salzburg kommen, unweigerlich landet: in der Getreidegasse. 350 Meter lang, seit der Römerzeit eine wichtige Verkehrsader und Handelsstraße. Nein, mit Getreide wurde nie gehandelt, der Name dürfte vom Ausdruck „trabig“ kommen, „es eilig haben“. Das sollte man allerdings nicht, wenn man heute durchgeht, der Fußgängerstrom zieht gemächlich an den berühmten alten Zunftzeichen und reich verzierten Zunftwappen vorbei, kommt bei Mozarts Geburtshaus regelmäßig ganz zum Erliegen ...
Als Ausweich-Route, um den unvermeidlichen Stau zu vermeiden, bieten sich die Griesgasse und der malerische Universitätsplatz an, quasi eine Art Tangente. Die selbst mit einem charmanten Grünmarkt punktet, lokale Produkte, Obst, Gemüse, Pilze, Marmeladen, Säfte – und ja, es wäre nicht Salzburg, wenn’s nicht auch eine Sekt-Labung gäbe. Von hier aus gelangt man über teils kaum erkennbare, dafür umso bezauberndere Durchhäuser wieder in die Getreidegasse.
Diese Durchhäuser mit ihren Arkadenhöfen sind allemal einen Besuch wert, außerdem findet man in einem von ihnen die berühmten Salzburger Bosna, in einem anderen den „Wilden Mann“, wo man ziemlich urig einkehren kann – und im großzügigen Schatz-Durchhaus versetzt ein getrockneter Hai seit Generationen Salzburger Kinder in Staunen. Woher kommt der?
Die Familie, die vor Hunderten Jahren hier wohnte, betrieb Fernhandel, hatte Seefahrer und Abenteurer in ihren Reihen – und wies mit Stolz darauf hin.
Drama um den Dom
Stolz kam in Salzburg geschichtlich betrachtet allerdings durchaus schon einmal vor dem Fall. Die riesigen Plätze um den Dom mit ihren Brunnen, der Pferdeschwemme und Reinhardts Jedermann legen davon Zeugnis ab.
Denn eigentlich wollte hier der absolutistische Landesfürst Erzbischof Wolf Dietrich beweisen, dass er nicht nur entfernt mit den Medici verwandt war, sondern auch italienische Grandezza ins Land bringen kann. Der von ihm geplante monumentale Dom, der alle Sakralgebäude im deutschsprachigen Raum in den Schatten stellen sollte, wurde allerdings nie in dem von ihm geplanten Ausmaß gebaut, da kam dem armen Mann eine Niederlage gegen die Bayern dazwischen.
Es folgte die Entmachtung durch seinen Cousin Markus Sittikus, der ihn trotz internationaler Intervention bis zu seinem Tod auf der Festung Hohensalzburg gefangen hielt. Wolf Dietrichs Lebensgefährtin Salome Alt vertrieb Sittikus ohne Wimpernzucken mitsamt ihrer 15 Kindern aus ihrem Märchenschloss Altenau, das der neue Fürst-Erzbischof dann unverzüglich in Mirabell umbenannte. So gründlich war der Fall des stolzen Wolf Dietrich von Raitenau.
Dornröschen erwacht
Aber genug der alten Geschichten, Salzburg 2022 lebt nicht nur in der Vergangenheit. Als Max Reinhardt vor mehr als 100 Jahren Salzburg mit einer Bühne verglich, hatte er Recht. Das Spannende daran: Diese Bühne wird immer größer und vielfältiger. Gerade jetzt. Die Stadt entwickelt sich, ausgerechnet in den letzten schwierigen Jahren ist viel entstanden, für Touristen ebenso wie Einheimische, Hochkultur-Aficionados und Lounge-Lizzards, City-Hopper und Naturfreunde.
Auffallend vor allem, dass seit einiger Zeit bisher eher vernachlässigte Bezirke mit innovativen neuen Bars und Bauten punkten. Für Neuankömmlinge und Heimkehrer hat sich der Südtiroler Platz vor dem Hauptbahnhof ordentlich aufgehübscht, das altehrwürdige Hotel Europa, lange Zeit Salzburgs einziges Hochhaus, versprüht nach gelungener Renovierung unglaublichen Retro-Charme und auch ins Cocoon gleich daneben zieht es einen nicht nur, weil es eben nahe am Bahnhof liegt, sondern weil es richtig chic ist. Vom ehemaligen Trend-Cocktail Hugo kann man ja halten, was man will, aber in die hu:goes14, die Sky-Bar gleich gegenüber, sollte man schon allein wegen der Aussicht mal reinschauen. Der Name ist übrigens ein Verweis auf Hugo von Hofmannsthal – aber natürlich werden Hugos auch serviert.
Anreise
Auto, Flugzeug, Bahn - alle Wege führen nach Salzburg. Am besten kommt man allerdings tatsächlich mit der Bahn, die Auto-Staus in der gesamten Stadt sind legendär. Der Hauptbahnhof und seine Umgebung wurden hingegen ordentlich aufgehübscht. Und von Wien nach Salzburg dauert es zum Beispiel nur 2:17-2:30 Stunden. Schneller geht's mit dem Auto auch nicht ...
Ein Bahnhofsviertel also, wie man es nicht von überall gewohnt ist. Dafür sorgt auch ein Mann aus Neapel, den es erst vor kurzem der Liebe wegen nach Salzburg verschlagen hat. Signore Luigi hat hier mit dem Lievitamente eine der besten Pizzerien von überhaupt eröffnet. Auch Stadtteile wie Lehen und Maxglan standen jahrzehntelang nicht ganz oben auf der Liste trendiger Ausgehviertel. Aktuell lässt sich genau dort eine spannende Genuss-Tour absolvieren: Im eben erst eröffneten La Esquina serviert der junge peruanische Chef Mikel Vega ausgezeichnete Ceviche und Causas, dazu natürlich Pisco-Drinks, aber auch peruanischen Wein und Bier.
Das ist als Starter schon einmal nicht schlecht. Dann weiter, gleich ums Eck in der Rudolf-Biebl-Straße begeistert mit dem Das Schrei ein Pop-up-Restaurant, in dem die jungen Salzburger Köche Jakob Schmid und Daniel Reifecker ein unglaublich erfrischendes Konzept verfolgen: Tagsüber servieren sie die besten Hot-Dogs der Stadt, abends verwandelt sich das ehemalige Tschocherl, in dem die beiden in Sterneküchen geschulten Chefs eingezogen sind, in eine Gourmet-Hütte, die ganz ohne Chi-Chi auskommt. À la Carte oder mehrgängige Menüs – alles lässig.
Und: Obwohl die beiden ein Faible für Wein haben und ein entsprechendes Angebot, kann man für ein „Stoppelgeld“ – dass man dieses Wort noch einmal zu hören bekommt! – eigene, mitgebrachte Getränke konsumieren. Ein paar Meter die Straße runter wartet mit dem Café NarrenCastl eine Location, die an die charmantesten Zeiten Berlins erinnert. Wer’s ein wenig mehr fancy will, steigt in den Bus und fährt ins Cool Mama, den gläsernen Hotelturm, der auch von der Autobahn gut zu sehen ist, genießt dort den Blick über die Stadt, ausgezeichnete Cocktails – und das wirklich eigenartige Gefühl, hoch über der Erde ein vollverglastes WC zu benutzen, wie man es sonst eher aus Tokio kennt.
Wer hätte außerdem gedacht, dass man ausgerechnet in der vielgeschmähten Ignaz-Harrer-Straße dann auch noch richtig stilvoll übernachten kann? Das Salz, ein neues, cooles Boutique-Hotel an einem touristisch bisher unmöglichen Ort macht’s möglich. Es wird spannend, wie die Gentrifizierung diese wurlige Straße mit all ihren Barber-Shops und Wett-Cafes verändert...
Hier ist man außerdem schon ganz nah an der Salzach, und an der entlang kommt man in etwa zehn Minuten ins Stadtzentrum.
Der Berg ruft
Man kann natürlich auch einen Schlenker über den Mönchsberg einlegen. Das Bräustübl wartet, der riesige Biergarten summt bei schönem Wetter wie ein Bienenstock, das Bier kommt aus Holzfässern und wird ohne zusätzliche Kohlensäure gezapft, man sitzt unter uralten Kastanienbäumen, salzburgischer als hier ist Salzburg kaum wo. Nach alter Tradition kann man seine Jause selbst mitnehmen – oder auf die Standler im Inneren des weitläufigen Gebäudes zurückgreifen.
Noch ein Stück weiter oben am Berg wartet mit der Stadtalm eine weitere bei Einheimischen höchst beliebte Gastwirtschaft, auf dem Weg dorthin kommt man auf der Wiese vor dem Johannes-Schlössl an immerhin 14 glücklichen Kühen vorbei, mehr Land in der Stadt geht nicht.
Die Festung kommt hier langsam näher, man befindet sich längst innerhalb der mittelalterlichen Verteidigungsmauern, die Festung selbst ist der nach Schönbrunn und dem Kunsthistorischen Museum in Wien am drittmeisten besuchte Ort Österreichs.
Wer’s mit Rittern und Burgen nicht so hat, biegt links ab und kommt über den Stiegl-Keller zurück in die Innenstadt. Interessantes Detail: Es dürfte der einzige „Keller“ sein, von dessen Gastgarten aus man über die Dächer einer Stadt schauen kann.
Gleich in der Nachbarschaft sind die Bierjodl- und die Herrengasse - und die Straßennamen sprechen hier durchaus für sich - beschauliche Zeugen von Vergnügungen aus vergangenen Zeiten, während weiter unten an der Salzach abends am Anlegesteg der Salzachfähre der jugendliche Bär steppt.
Außerdem: Auf der östlichen Salzachseite locken Steingasse, in der Geigenmacher Andreas Ferdinand Mayr Mozarts erste Geige gebaut hat, der Kapuzinerberg und viele wenig überlaufene Höfe und Gässchen. Und Die Cabreras, ein phänomenales mexikanisches Restaurant inklusive Concept Store. Im Westen wartet der „1.000-Schilling-Blick“ auf das Schloss Leopoldskron – und eine Schar frei lebender Flamingos.
Im Süden gibt’s das Schloss Hellbrunn mit spektakulären Überraschungen der nassen Art, die dort eingebauten „Wasserscherze“ sind weltweit die größten und am besten erhaltenen der Spätrenaissance. Im Schlosspark von Hellbrunn schwimmen riesige Störe in den weitläufigen Becken, die Blumen sind eine Pracht, und wer noch genug Kraft hat, sollte unbedingt bis zum alten Steintheater weitergehen, einer der romantischsten Plätze, die’s in Salzburg gibt. Außerdem ist sie die älteste nachantike Freilichtbühne nördlich der Alpen, wo 1617 die erste italienische Open-Air-Oper aufgeführt wurde: „Orfeo“ von Claudio Monteverdi.
Und haben wir eigentlich schon über den Norden gesprochen, Maria Plain, Schwaiger Eis und alle die anderen, mal mehr, mal weniger beschaulichen Ausflugsziele? Oder über das Surfen auf dem Almkanal? Nein? Wie Reinhardt gesagt hat: Die GANZE Stadt ist Bühne. Und hat genug Stoff für viele Akte ...
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