Warum Jennifer Aniston, Meghan und Co jetzt Kinderbücher schreiben
Keira Knightley zeichnet, Jennifer Aniston bietet ihrem Hund eine Bühne. Wie die Schauspielerinnen nun in die Fußstapfen von Madonna, Meghan Markle oder Channing Tatum treten.
Mit ihrem Blick direkt in die Kamera, den Bleistift zum nächsten Strich im Notizbuch angesetzt, sitzt Keira Knightley an einem alten Holztisch. Hinter ihr schimmert dichtes Grün durch holzgerahmte Glastüren und ihr blau-weißes gestreiftes Hemd sitzt locker. Sie wirkt lässig, naturverbunden, in ihrem Element; eine Künstlerin im lichtdurchfluteten Atelier.
Doch mit dem Foto bewirbt Keira Knightley keine neue Filmrolle als Zeichnerin, sondern ein reales Projekt: Sie arbeitet an ihrem ersten Kinderbuch. Wie der Verlag Simon & Schuster soeben bekannt gab, erscheint kommenden Oktober ihr Debüt "I Love You Just The Same" (dt. Ich liebe dich trotzdem). Inspiriert von ihrer Rolle als Mutter zweier Töchter erzählt Keira Knightley darin die Geschichte eines Mädchens, das sich mit den Veränderungen arrangieren muss, die die Ankunft eines neuen Geschwisterchens mit sich bringt.
"Friends" mit Hunden
Knightley ist diesen Monat nicht die einzige Schauspielerin, die als Autorin in Erscheinung tritt. Seit 24. Oktober ist "Clydeo" erhältlich, das Kinderbuch über einen adoptierten Hund, der sich auf eine Reise begibt, um Selbstvertrauen zu gewinnen. Illustriert von Bruno James, inspiriert vom echten Schnauzer Clyde und geschrieben von Jennifer Aniston - die ein großer Hundefan ist, seit sie am Set von "Friends" den Welsh Corgi Terrier Norman kennenlernte und ihn adoptierte.
Keira Knightley und Jennifer Aniston reihen sich damit in die wachsende Liste an Prominenten ein, die das Kinderbuch als kreatives Standbein entdecken. Bereits 1974 veröffentlichte "Mary Poppins"-Darstellerin Julie Andrews 1974 "Mandy"; ein Buch über ein zehnjähriges Waisenkind, das von einem Zuhause träumt.
2003 erschien Madonnas "Die Englischen Rosen", ein Buch über Mädchenfreundschaften, das zeitgleich in 100 Ländern und 42 Sprachen erschien - damals eine Weltpremiere -, und von dem es heute 12 Bände gibt. Schauspielerin Whoopi Goldberg feierte unlängst die Neuauflage ihrer Serie "Sugar Plum Ballerinas". Schauspielerin Natalie Portman erzählt in "Fables" klassisches Fabeln neu und Meghan Markle widmete ihrem Mann den Bildband "Unsere Bank".
Auch Schauspieler Channing Tatum wurde von seiner Tochter Evie literarisch inspiriert. "The One and Only Sparkella" ist mittlerweile ein New York Times-Bestseller und soll nun verfilmt werden.
Der Traum vom eigenen Buch
Doch warum zieht es so viele Stars zum Schreiben?
Zum einen scheint der Wunsch vom eigenen Buch auch Hollywoodgrößen zu faszinieren. "Es war ein Traum", meinte Keira Knightley, "meine Geschichte und Illustrationen zusammenzubringen." Das Buch sei ein sehr persönliches, kreatives Projekt.
Jennifer Aniston wiederum möchte Kinder dazu ermuntern, die Welt um sich herum zu entdecken. "Sie sind oft so fixiert auf ihre Handys, dass sie in die Leere des Scrollens versinken und kaum noch Zeit finden, sich inspirieren zu lassen, Interessen zu entwickeln", erklärte sie gegenüber dem People Magazine.
Und Meghan Markle möchte Kindern das Lesen näher bringen. Leseecken, die sie mit ihrer Archewell-Stiftung gespendet hat, sollen die Bindung zwischen Eltern und Kindern fördern.
Und doch stößt die Promi-Begeisterung für Kinderbücher nicht nur auf Wohlwollen. Für den Autor Joshua Seigal - ebenso wie Keira Knightley aus Großbritannien - ist das Schreiben für Kinder eine Kunst, die viel Können, Übung und Disziplin erfordert. "Es ist ziemlich ärgerlich, dass die Leute zu denken scheinen, dass es etwas ist, das leicht zu machen ist", meinte er im Guardian.
Schriftstellerin Charlotte Levin scherzte hingegen auf X, dass sie wohl ebenfalls eine Karriere als Schauspielerin anstreben sollte, wenn Schauspieler nun scheinbar in die Literaturwelt drängen. Und Autor David Barnett fragte sich im Independent, warum Prominente dachten, sie könnten sich in einem Handwerk versuchen, an dem andere jahrelang hart arbeiten würden.
Große Namen, kleiner Kuchen
Denn, bestätigt Gustav Soucek, Geschäftsführer vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels: "Große und dadurch bekannte Namen ziehen immer." Das bringe dem Buchhandel zwar stets einen momentanen Push, doch insgesamt würden deswegen nicht mehr Bücher verkauft werden: "Die Verkaufszahlen verschieben sich lediglich hin zu den bekannten Namen." Und so erhalten jene große Brocken vom kleinen Kinderbuch-Kuchen, die aus anderen Bereichen hohe Gagen erhalten.
Am Ende des Tages, ergänzt Marion Bischof von der Wiener Wirtschaftskammer, sei aber entscheidend, ob das Buch gut ist, eine wertvolle Botschaft vermittelt: "Der Name garantiert keinen Erfolg."
Meist beeinflusst der Promi-Name am Kinderbuchcover auch vorwiegend die Kaufentscheidung der Eltern. Doch ein Star, erkannte die Wiener Buchhändlerin Romana Ledl diesen Sommer, bewege schon die Kleinsten. Als sie in ihrem Buchcafé Melange in der Reindorfgasse das neueste Exemplar aus der Kinderbuchserie "Little People, Big Dreams" in die Auslage stellte, zogen sogar Kindergartenkinder ihre Eltern ins Geschäft. Die Person auf dem Cover: Taylor Swift.
Geschrieben wird die Serie von der Spanierin Maria Isabel Sánchez Vegara, die sich damit einen Lebenstraum erfüllte. Mit 12 Millionen Stück ist „Little People, Big Dreams“ so erfolgreich, dass die lllustrationen seit Kurzem nicht mehr nur auf Büchern zu finden sind: Dieses Jahr kam eine T-Shirt-Kollektion auf den Markt.
Manchmal führt der Weg eben auch andersherum – von der Kinderbuchautorin zur Designerin.
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