Filmregisseur James Cameron über 25 Jahre „Titanic“

Mastermind James Cameron über Zweifel an Kate Winslet, warum Leonardo DiCaprio die Rolle erst nicht wollte und die Faszination am Film.

Ein Film, viele Rekorde. 14 Oscars holte „Titanic“, 1,84 Milliarden Dollar spielte der Kassenschlager ein. Bei einem exklusiven internationalen Pressegespräch erklärte Regisseur James Cameron die Hintergründe. Und spricht über ...

... die anhaltende Faszination des Publikums für den Film „Titanic“

JAMES CAMERON: Bei jungen Frauen spielte die Anziehungskraft Leonardo DiCaprios eine große Rolle. 100 Millionen Dollar des Einspielergebnisses bei 14-Jährigen gehen auf sein Konto. Zugleich fühlten viele sich von Kate Winslets Figur Rose inspiriert. Sie verkörpert ein erfülltes Leben, hat ihre Persönlichkeit entfaltet, ihr Potenzial ausgeschöpft. In diesem Alter spricht das viele an. Einer Phase, in der man Mädchen verbietet sich zu entfalten, ihnen sagt, sie sollen den Mund halten und tun, was die männlich dominierte Gesellschaft von ihnen erwartet. Und dann ist da natürlich der Herzschmerz. Die Schönheit der Liebesgeschichte, die tragisch endet. Eine Love Story, die Verlust und Trennung beinhaltet, ist stärker als jede andere Love Story. Und keine Trennung ist dauerhafter als der Tod.

... ob er damals schon vorhersah, welch Weltstar Leonardo DiCaprio werden würde

Was wir wussten, war, dass er ein echt starker, begabter Schauspieler war. Er schien unbegrenzte Möglichkeiten zu haben. Das heißt noch lange nicht, dass er sie auch ausschöpfen wird. Aber in seinem Fall tat er es.

... warum er Leonardo DiCaprio erst überzeugen musste, in „Titanic“ mitzuspielen

Leo war anfangs nicht sehr an der Rolle interessiert. Nicht weil er den Film langweilig fand, da wurde ich falsch zitiert. Er dachte, der Film sei cool. Er fand seine Rolle nicht herausfordernd genug. Und er suchte die Herausforderung. Er hatte in „Gilbert Grape“ eine behinderte Figur gespielt, und in „Jim Carroll – In den Straßen von New York“ einen Drogenabhängigen. Er wollte ein Problem haben. Etwas, gegen das er wüten konnte. Erst als ich ihn von der Herausforderung seiner Rolle überzeugen konnte, war er dabei.

... über Kate Winslet

Wir casteten eine Reihe junger Schauspielerinnen. Kate zeigte große Begeisterung für die Rolle. Ich war nicht überzeugt. Und ein wenig nervös, weil sie in so vielen Historiendramen gespielt hatte. Man nannte sie „Korsett-Kate“. Anfangs wollte ich sie gar nicht sehen. Doch dann trafen wir uns und sie war spektakulär. Sie war Kate. Und so baten wir um Probeaufnahmen. Danach schickte sie mir eine Notiz mit einer einzelnen roten Rose. Dazu schrieb sie: „Ich bin deine Rose“. Wir dachten, okay, verstanden, du willst die Rolle wirklich. (lacht) Aber wir treffen dennoch unsere eigenen Entscheidungen. Doch Kate ist eine sehr energische Persönlichkeit, sie setzt ihren Willen durch in der Welt.

... die Chemie zwischen seinen Haupthelden

Ich bin nicht blind, taub und stumm. Ich konnte die Chemie zwischen den beiden sehen. Wir probten mit einigen möglichen Schauspielern. Nach der Probe mit Leo gestikulierte sie wild und zeigte auf ihn: „Er ist der Richtige!“

… ob die Themen, die „Titanic“ erzählt, heute noch aktuell sind

Auf jeden Fall. Es geht um die Armen und die Reichen, jene, die überleben, und jene, die sterben. Von den Menschen in der dritten Klasse starben fast alle Männer und etwa die Hälfte der Frauen und Kinder. In der ersten Klasse starben etwa die Hälfte der Männer, fast alle Frauen und Kinder überlebten. Es gibt also ein starkes Missverhältnis, was ihr aller Schicksal in einer Krise angeht. Heute stehen wir vor der Krise Klimawandel. Seit Jahren werden wir davor gewarnt, wie vor dem verdammten Eisberg. Wir sehen ihn direkt auf uns zukommen, aber können das Schiff nicht wenden. Wir werden kopfüber in ihn hineinfahren. Und raten Sie mal, wer am meisten darunter leiden wird? Die Armen. Nicht die reichen Nationen, die ihn verursacht haben.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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