James Bond backstage: Als Daniel Craig sich den Aston Martin ausborgte
Ein Bond-Girl, ein Stunt-Spezialist und eine Special-Effects-Legende plaudern aus dem Nähkästchen.
Auch für 007 gilt die StVO. Und so staunte der Fahrer des Bauwagens im Alltagsverkehr nicht schlecht, als er neben sich sah und bemerkte, wer da mit ihm an der roten Ampel hielt. Der, nein, DER ikonische, silberne Aston Martin DB5, den einst schon Sean Connery in "Goldfinger" ans Limit pushte.
Genau: mit dem Schleudersitz und den eingebauten Maschinengewehren. Und wer saß auch noch am Steuer, das nervöse Füßchen am Gaspedal? James Bond höchstpersönlich: Daniel Craig. Eine Szene wie im Film.
Und doch Realität. Craig wollte das edle Gefährt nämlich einmal abseits laufender Kameras Gassi führen. Also: raus aus dem Studio, rauf auf die Straße. "Ein ganz schön surrealer Moment", erzählt Lee Morrison.
Der muskulöse Brite, weißes Hemd, Bart, tätowierte Arme, saß damals bei Craig im Aston Martin auf dem Beifahrersitz. Heute ist der Stunt-Profi in Wien Gast bei der "007 Action"-Schau in der Metastadt (läuft bis Ende Oktober). Und schwelgt in Erinnerungen.
Haie und schlaflose Nächte
An fünf Filmen der Bond-Reihe war Morrison beteiligt, von "Casino Royale" bis "Keine Zeit zu sterben". Ein Hüne – und ein harter Knochen. Mit vier begann er mit Motocross, mit 15 wurde er Profi. Als Stuntman doubelte er Stars wie Matt Damon oder Harrison Ford und war somit Jason Bourne und Indiana Jones. "In Anbetracht der Stunts, die ich machte, geht es mir nicht so schlecht", so Morrison. Dennoch: Ein neues Knie musste sein.
Bei Bond stieg er zum Chef-Koordinator auf. Und meisterte jede noch so große Herausforderung. Bei "Spectre" jagte er ein Flugzeug durch eine Schneise im Wald eine Piste hinunter. Und lernte in den Osttiroler Alpen, wie schnell das Wetter sich drehen und zehn Grad kälter werden kann. Ein beheizter Anzug half.
Beim Dreh in der Karibik für "Casino Royale" wiederum kamen Morrison Haie und Alligatoren in die Quere. Ein Marine- und ein Hai-Taucherteam mussten das Meer absichern.
Sein Lieblings-Bond? Da muss er vor Connery noch Daniel Craig nennen. "Mit dem einen wuchs ich auf, den anderen durfte ich doubeln. Ich nahm die Arbeit für ihn sehr persönlich. Daniel hat seinen eigenen Bond kreiert, ihm neuen Style und Charakter gegeben. Ein phänomenaler Schauspieler." Und nicht nur ein talentierter DB5-Fahrer.
Schlaflose Nächte
Ein Bond-Fixstern ist auch Chris Corbould. Bei 15 aller 007-Abenteuer war er dabei, bei neun als Supervisor für die Special Effects. Manche bereiteten ihm "schlaflose Nächte". Wenn er mal wieder etwas in die Luft jagte, sollte ja besser alles gut gehen. "Das waren teils Ein-Millionen-Pfund-Sets. Da willst du sichergehen, dass du das richtig hinbekommst."
Etwa die Szene mit dem Zug in "Skyfall". "Regisseur Sam Mendes rief mich an und meinte, wir brauchen einen Stunt, der allen die Kinnlade runterfallen lässt. Nachts wälzte ich mich im Bett, um zwei Uhr früh hatte ich dann die zündende Idee: Wir sprengen ein Loch ins Dach und lassen einen U-Bahn-Zug kopfüber hinab in die Station krachen. Das war wirklich einmalig."
120 Mann befehligte Corbould meist. Mitunter gab es eine Haupteinheit, Nebeneinheit, Miniatureinheit, Lufteinheit, Unterwasser-Einheit – alles zur selben Zeit. Und verteilt auf unterschiedliche Teile der Welt. Eine Herkulesaufgabe für die Logistik, doch Corbould ist Profi. Vier Mal drehte er mit Regie-Genie Christopher Nolan, darunter "Batman Begins". Für "Inception" erhielt er den Oscar. Indes hat Corbould sich aufs Regieführen verlegt – und damit einen Traum erfüllt.
Bonds Dilemma mit den Girls
Maryam d’Abo war dagegen eine andere Form von Spezialeffekt – sie gab 1987 das Cello-spielende Bond-Girl von Timothy Dalton in "Der Hauch des Todes". Auch sie stattet der Schau in Wien einen Besuch ab. Eine Rückkehr, immerhin war ihre Patentante Österreicherin. Und für 007 drehte sie einst zwei Wochen in Weißensee und Wien.
Bond-Girl – das ist ein Image, das man für gewöhnlich nur schwer wieder los wird. Auch d’Abo hatte damit ihre Probleme. Los ließ das Thema sie aber nicht. Vor zwei Jahren veröffentlichte sie die Doku "Bond Girls Are Forever".
"Ohne Frauen könnte Bond nicht existieren", sagt d’Abo. "Für mich ist er wie Odysseus, der von den Sirenen abgelenkt wird." Im Wandel der Zeiten änderten sich auch die Bond-Girls. "In den Sechzigern war ihre Darstellung eindeutig sexistisch", so d’Abo. "Etwa, wenn Sean Connery einem Mädchen einen Klaps auf den Po gab. Doch das ging mit so viel augenzwinkerndem Humor einher, dass es witzig schien."
Heute steckt Bond, jedenfalls was Frauen betrifft, in einem Dilemma. "Times Up for James Bond" titelte der Guardian, als Accessoire und Gespielin taugen sie nicht mehr. Längst werden weibliche Charaktere vorwiegend als stark dargestellt. "Drehbücher werden der Zeit angepasst", stellt d’Abo fest.
"Ich bin durch und durch Feministin. Aber man muss auch sagen: Bond ist kein Drama – sondern Abenteuer. Deshalb tut er gut daran, Frauen zu respektieren – und Humor und exotischen Eskapismus zu forcieren."
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