
Hochzeitsbräuche im Check: Muss das wirklich sein?
Hochzeitsbräuche gehören für viele zur Feier, können aber im schlimmsten Fall die Hochzeit ruinieren. Noch schlimmer ist bei vielen nur der historische Hintergrund.
Bei manchen Bräuchen, die bei traditionellen Hochzeiten gang und gäbe sind, könnte es einem die Haare sträuben, wenn man sich den historischen Hintergrund anschaut. Andere wiederum kosten Braut und Bräutigam Geld und Nerven oder können im schlimmsten Fall sogar den Ablauf der Hochzeit ruinieren.
Man muss die Bräuche ja nicht gleich von der Hochzeit verbannen, man könnte sie heute aber neu überdenken, oder sich zumindest bewusst machen, woher sie kommen.
Hochzeits-Profis stellen ein paar alte Traditionen auf den Prüfstand - und geben Tipps, wie man es besser machen könnte.
Die eigene Tochter verkaufen?
Der Vater führt die Braut zum Altar. Ein Brauch, den es schon lange gibt, dessen die Herkunft jedoch alles andere als romantisch oder nett ist. Wenige machen sich Gedanken, warum das so üblich ist. Historisch arrangierte der Vater die Ehe für seine Tochter und führte sie dann zum Altar, um sie gegen "Bezahlung" an die Familie des Bräutigams weiterzureichen.
Heute sieht das kaum noch jemand so und längst schon kann statt des Vaters auch jemand anderer einspringen. "Ich habe auch schon Bräute gehabt, die ließen sich vom Bruder, dem Stiefvater oder der Mutter begleiten. Das ist Trend", weiß etwa Sarah Kiehl, die Vorsitzende des Bundes Deutscher Hochzeitsplaner. Inzwischen geht es der Braut eher darum, den Lieblingsmenschen an ihrer Seite zu haben.
Her mit dem Ungeziefer!
Ursprünglich ein Symbol für Fruchtbarkeit und Wohlstand, schwappte der Brauch durch Hollywoodfilme auch zu uns, obwohl er früher nicht üblich war. Inzwischen ist Reis vor Kirche oder Standesamt zu werfen, längst wieder aus der Mode gekommen und zum Teil auch verboten.
Nicht nur, weil viele Menschen Lebensmittel nicht einfach zum Spaß verschwenden wollen, sondern auch aus rein rechtlichen und praktischen Erwägungen. "Reis ist zu 99 Prozent bereits überall verboten", sagt Sarah Kiehl. Denn viele Städte fürchten, dass Tauben, Ratten oder Ungeziefer angelockt werden. Zudem sei Kopfsteinpflaster mit seinen Zwischenräumen schwierig zu reinigen.
"Inzwischen wird der Reis durch umweltfreundlichere Varianten ersetzt", so die Hochzeitsplanerin - zum Beispiel getrocknete oder frische Blütenblätter oder nachhaltiges Konfetti, das aus Blättern gestanzt ist.
Wer auf Hinterlassenschaften auf dem Boden (und auch das Zusammenräumen danach) verzichten möchte, sollte lieber Seifenblasen in die Luft blasen. Und damit das besser wirkt, am besten viele Röhrchen besorgen und vorher an die Gäste verteilen.

Hier der direkte Vergleich: Schauen geworfene Blüten nicht besser aus als Reis?
©APA - Austria Presse AgenturTauben töten als Zeichen der Treue
"Nein, nein, nein - super klares Nein", sagt Hochzeitsplanerin Kiehl zu diesem Brauch, der für Frieden, Treue und Fruchtbarkeit stehen soll, jedoch hauptsächlich Tierquälerei ist.
Die Tiere werden oft speziell für diesen einen Zweck gezüchtet. Nach dem Wegfliegen verhungern sie kläglich, weil sie nicht in der Lage sind, nach Hause zu finden. Zusätzlich sind weiße Tauben durch ihr auffälliges Äußeres eine leichte Beute für Greifvögel.
Alles Gute kommt von oben? Nicht bei nervösen Tauben
Ebenfalls nicht zu unterschätzen: Nervöse Tauben können eine ganz schöne Bescherung hinterlassen, im schlimmsten Fall auf dem Kleid der Braut oder in der Frisur von Hochzeitsgästen. Will man das wirklich?
Luftballons als Alternative sollte man sich ebenfalls überlegen. Heiratet man näher als 15 Kilometer an einem Flughafen, ist das Steigenlassen von mehr als 30 Luftballons verboten, bei über 100 Ballons braucht man, egal wo, die Bewilligung des Landeshauptmannes. Hält man sich nicht daran, drohen bis zu 22.000 Euro Strafe.
Verboten, brandgefährlich und bis zu 470.000 Euro teuer
Himmelslaternen sind sogar strengstens verboten. Bis zu 25.000 Euro Strafe oder bis zu sechs Wochen Gefängnis drohen. So will man seine Hochzeitsreise nicht verbringen. Die Laternen sind nicht mehr kontrollierbar, sobald sie in der Luft sind und können großen Schaden verursachen. Der Halter ist für Schäden bis zu 470.000 Euro haftbar.
Schwitzende Brautleute, dreckiges Kleid
Oft versperrt den Brautleuten ein dicker Baumstamm den gemeinsamen Lebensweg, der zunächst einmal von beiden zersägt werden muss - schlimmstenfalls vielleicht sogar noch mit einem stumpfen Werkzeug. "Das soll Zusammenarbeit in der Ehe symbolisieren", sagt Sarah Kiehl. Aber: "Es besteht das Risiko, dass das Brautkleid beschädigt wird!" Oder zumindest, dass vielleicht die schönen Handschuhe der Braut oder der teure Anzug des Bräutigams schmutzig werden.
Thomas Sünder, Autor des Trauzeugen-Ratgebers "Wer hat eigentlich die Ringe?", gibt außerdem zu bedenken: "Womöglich ist es an diesem Tag sehr heiß und das Paar gerät bei der körperlichen Anstrengung dann richtig ins Schwitzen."
Der Brauch, den Braut und Bräutigam hassen
Oft ist es Brauch, dass sich Freunde von der Hochzeit wegschleichen und Wohnung, Haus oder Auto der Brautleute "verschönern". Beliebt sind etwa Stroh, Wasserbomben oder Farbverzierungen im Schlafzimmer. Als wäre die Hochzeit nicht schon anstrengend genug, erlebt das Brautpaar dann auch noch eine böse Überraschung beim Nachhausekommen.
"Das Schlimmste, was ich in dem Zusammenhang je erlebt habe, war, dass jemand das Auto der Brautleute mit Styroporkügelchen gefüllt hat", erzählt der frühere Hochzeits-DJ Sünder.
Das war zum einen nicht lustig und kostete ordentlich, weil sich das Auto vom Dreck nicht mehr befreien ließ und es sich um ein Dienstfahrzeug handelte. Wenn man an diesem Brauch unbedingt festhalten will, sollte man zumindest an die Reinigung denken.
Der schlimmste Brauch von allen: Braut stehlen
Der Brauch ist unter verschiedenen Namen bekannt, im Mostviertel etwa nennt er sich "Braut verzahn". Zur Erklärung, für alle, die den Bauch nicht kennen: Freunde verschwinden mit der Braut heimlich von der Feier, der Bräutigam muss sie finden und meist in einer Gaststätte "freikaufen".
Abgesehen davon, dass dieses Uralt-Relikt frauenfeindlich ist, sollte man sich überlegen, was das für die Hochzeitsfeier selbst bedeutet. Plötzlich sind die Braut und ein Gutteil der Gäste verschwunden. Dann muss auch der Bräutigam weg und sich auf eine oft lange Suche begeben. Im schlimmsten Fall mit dem Auto und einem gehörigen Alkoholpegel. Währenddessen sitzen die restlichen Gäste auf der Feier, fadisieren sich und gehen im schlimmsten Fall nach Hause.
Währenddessen muss die Braut in irgendeinem Restaurant oder einer Bar, die sie sich nicht ausgesucht hat, Trinkspiele mitmachen, die oft mit einem Absturz enden.
Objektiv betrachtet das Worst-Case-Szeneario für jede Feier.
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