The Five Devils: Der Geruch der Vergangenheit

Ein kleines Mädchen mit ausgeprägtem Geruchssinn macht eine Zeitreise in die Geschichte seiner Eltern. Magisches Melodrama von Léa Mysius

Menschen mit ausgeprägtem Geruchssinn sind meistens gefährlich. In dem Bestseller „Das Parfüm“ beispielsweise kombinierte Patrick Süskind das feine Näschen seiner Hauptfigur mit der Sehnsucht nach Serienmorden. Auch Kannibale Hannibal Lecter in „Das Schweigen der Lämmer“ konnte seine Artgenossen bereits aus der Ferne riechen. In Léa Mysius’ Familiendrama ist es ein kleines Mädchen namens Vicky, das die Witterung seiner Umgebung aufnehmen kann. Ihrer Nase entgeht kein einziger Duft. Mit seltsamen Zutaten – darunter eine tote Krähe, die sie mit Urin verkocht – mischt sie die Gerüche von ihr nahestehenden Menschen zusammen. Zudem wirkt ihre unheimliche Geruchskraft wie eine Zeitmaschine: Sie lässt sie in die Vergangenheit reisen und dort die (Liebes-)geschichte ihrer französischen Mutter, ihres aus dem Senegal stammenden Vaters und dessen Schwester als Augenzeugin miterleben.

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Aber ist das kleine Mädchen auch gefährlich?

Regisseurin Léa Mysius, geboren 1989 in Bordeaux, profilierte sich vor allem als Drehbuchautorin. Sie arbeitete mit Regie-Größen wie Arnaud Desplechin, Jacques Audiard und Claire Denis zusammen, drehte aber mit „Ava“ (2017) auch ihren ersten eigenen, akklamierten Coming-of-Age-Film.

Feuersbrunst

Mit „The Five Devils“, ihrem zweiten Spielfilm, bemüht sie Mysius um einen explosiven Genre-Mix aus Melodram und Horror, Sozialstudie und magischem Realismus. Feuersbrunst inklusive.

Traumatische Vergangenheit: Adèle Exarchopoulos in "The Five Devils"

©F-Comme-Film-Trois-Brigands-Productions

Das ohnehin schon brüchige Familiengefüge von Vicky und ihren Eltern gerät völlig ins Wanken, als Tante Julia bei ihnen zu Hause auftaucht. Julia kommt direkt aus dem Gefängnis und wird von der Nachbarschaft geächtet. Auch Vickys Mutter Joanne verhält sich ihrer Schwägerin gegenüber seltsam angespannt.

Erst nach und nach enthüllt sich in Rückblenden eine queere Liebesgeschichte, deren Scheitern noch in der Gegenwart schmerzt. Mit ihrer feinen Nase spürt Vicky den Verletzungen ihrer Eltern nach – und verwandelt jene Kraft, die sie bisher zur Außenseiterin gemacht hat, in ihre Superpower.

INFO: F 2022. 103 Min. Von Léa Mysius. Mit Adèle Exarchopoulos, Swala Ermati.

Alexandra Seibel

Über Alexandra Seibel

Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

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