Josef Hader wird 60: Ein Misanthrop mit Tiefgang

Dreitägiger TV-Schwerpunkt zum 60. Geburtstag von Josef Hader mit Film-Highlights in ORF 1, außerdem Kabarettprogrammen und einem Porträt in ORF III

Wer hat die Erfahrung noch nicht gemacht? „Das Leben verliert dadurch, dass man es kennenlernt.“ Aber noch keiner hat diese Erkenntnis so präzise auf den Punkt gebracht wie Josef Hader.

Spaß beiseite. Keine locker dahin geplauderte Pointe, sondern durchaus ernst gemeint war, was der Kult-Kabarettist, Schauspieler, Drehbuchautor und Filmregisseur kürzlich gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung an Analyse lieferte: „In der österreichischen Gesellschaft hat sich eine unheilige Allianz von Geschichtsvergessenheit und Nostalgie herausgebildet.“

Ich habe versucht, alle Fehler auf der Bühne zu versammeln, die Männer in meinem Alter halt so machen

Josef Hader zu „Hader on Ice“

Am Montag wird Josef Hader 60. Und wer ihn kennt, weiß, dass ihm vor solchen Festtagen eher ein bisserl graust. Und über runde Geburtstage reden will er schon gar nicht.
Also feiern ihn andere schon am Wochenende, etwa der ORF , über den er einmal nach einem Aufreger sagte, als man den allzu kritischen Satirikern ihre Sperrstunde signalisierte: „Ich glaube, der ORF braucht Skandale, damit man weiß, dass er noch am Leben ist. Ja, hat denn ein Künstler nur eine dekorative Funktion und soll er sonst die Pappen halten?“
Was er sich sonst noch wünschen könnte zum Anlass des runden ... ? „Ich würde gerne eine Spur weniger freundlich sein“, sagte er.
Das wäre ihm allerdings bereits bestens gelungen als Bühnen- und Kunstfigur Josef in seinem aktuellen Solo-Stück „Hader on Ice“, einem „Horrortrip in die tiefe Provinz des Geistes“, wie die Süddeutsche Zeitung schrieb.

60 Jahre und kein bisschen leise ... Das gab’s ja schon. Aber dass sich da einer nach 17 Jahren Pause nach der letzten Premiere mit „Hader muss weg“ mit einem neuen Kabarettprogramm als alter weißer Mann, selbstgefällig, zynisch, mit Goldkettchen und Whiskyglas ins Comeback zaubert, das hatte schon XXXL-Format.
„Mein Ziel war, alle Grässlichkeiten dieser Zeit in einer Figur zu vereinigen“, sagte er und bekam prompt den Deutschen Kleinkunstpreis für die Darstellung eines Voll-Alk, Verschwörungstheoretikers und Paranoikers de luxe.

Sein Erfolgsrezept sei, die Ideen bei sich selbst zu suchen: „Man nimmt am besten die Schicht, über die man am besten Bescheid weiß und spielt das dann auch so, bleibt nahe bei sich selbst, in seinem Lebensalter, weil man sich da gut auskennt.“
Bei Satire sollte man – wenn es nicht um Tagespolitik sondern um Abgründe geht – „nahe bei sich selber graben, da kommt dann was Gutes dabei heraus.“

Hader im ORF

Das Gratulationspaket des ORF zu Haders 60er reicht vom Stoascheißer-Koarl bis zum Aufschneider.

Los geht’s am 12. 2. in ORF 1 mit drei Film-Highlights: „Wilde Maus“ (20.15 Uhr; am 13. 2. um 21.45 Uhr in 3sat), „Der Knochenmann“ (21.55 Uhr) und „Indien“ (0.00 Uhr; am 18. 2. um 21.35 Uhr in ORF III), dem Klassiker mit Alfred Dorfer.

In ORF III sind in einem dreitägigen Programmschwerpunkt am 13., 17. und 18. Februar neben Haders Erfolgsprogrammen „Privat“ oder „Im Keller“ Kultfilme wie „Komm, süßer Tod“ zu sehen.

Außerdem unter anderem neben einer Ausgabe von „André Hellers Menschenkinder“ (13. 2., 21.45 Uhr) die von Mario Kopf gestaltete Neuproduktion „Josef Hader – Die besten Momente zum 60. Geburtstag“ (18. 2. 20.15 Uhr) – mit einigen Ausschnitten aus seinen Kabarettprogrammen und diversen Filmen. Freunde und Wegbegleiter erzählen Anekdoten und von gemeinsamen Erlebnissen.

Zur Person

Zur Person

Kabarett 
Sein Solo „Privat“ hatte allein mehr als 500.000 Besucher und war das erfolgreichste Programm des Landes. 17 Jahre lagen  zwischen „Hader muss weg“ (2004) und der Premiere von  „Hader on Ice“ (2021) 
 
Film
Die lange Pause 
hat der Kabarettist genutzt, um auch immer wieder als Schauspieler und Regisseur aktiv zu sein. In „Der Knochenmann“ und „Das ewige Leben“ war er mit Wolfgang Murnberger und Autor Wolf Haas für das Drehbuch verantwortlich. Und im Drama „Vor der Morgenröte“ war er in einer für ihn ungewöhnlichen Rolle zu sehen: als Schriftsteller Stefan Zweig

Regie-Debüt
2017 erschien der Film „Wilde Maus“ mit Hader als Regisseur: „Filme waren mir einige Jahre lang einfach wichtiger als Kabarett. Aber das hat sich jetzt wieder geändert“

„Privat“

Ein Glücksgriff aus dem Archiv ist in der „Donnerstag Nacht“ auf ORF III eine Aufnahme auf der Burgruine Finkenstein von Haders Solo „Privat“ (17. 2., 21.55 Uhr), in dem seine fiktive Autobiografie zum Leben erwacht und zur surrealistisch-fantastischen Reise wird.

Es folgt ab 21.35 Uhr ein Filmdoppel, beginnend mit Josef Hader und Alfred Dorfer in „Indien“ (1993). Und „Komm, süßer Tod“ (23.05 Uhr), dem ersten Teil der Wolf-Haas-Krimiverfilmungen aus dem Jahr 2000.

Von Flimmit (flimmit.at) gibt’s zum „Happy Birthday!“ ein großes Josef-Hader-Best-of, u. a. sein Regiedebüt und seinen preisgekrönten Kinohit „Wilde Maus“ mit Hader in der Rolle eines arbeitslosen Musikkritikers sowie „Gelbe Kirschen“ mit Hader als Fremdenpolizist Rudi, der sich in die junge Tschechin Alena (Sandra Bra) verliebt.

Werner Rosenberger

Über Werner Rosenberger

Seit 1994 beim KURIER im Kultur-Ressort und Autor zahlreicher Reise-Reportagen für den FREIZEIT-KURIER. Davor hat der gebürtige Steirer zehn Jahre lang bei verschiedenen Medizin- und Wissenschaftsmedien gearbeitet, war Mitgründer und Chefredakteur einer Wochenzeitung für Ärzte, außerdem Werbetexter und Autor u. a. für GEO, Profil, Trend und Diner's Club Magazin.

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