Warum Broadway-Komponist Frank Wildhorn mit den Wiener Symphonikern rockte

Für den Tony-, Grammy- und Emmy-Award-nominierten Frank Wildhorn ist der Wiener Musikverein der Tempel der Götter. Das freizeit Interview.

Mit einem strahlenden Lächeln begrüßt uns der Komponist, der einst Whitney Houstons Nr. 1-Hit „Where do broken hearts go“ komponierte: Frank Wildhorn. Er arbeitete auch mit anderen Weltstars, wie Julie Andrews, Sammy Davis Jr., Liza Minelli, Natalie Cole, Kenny Rogers oder Patti LaBelle zusammen. Seine Musicals waren am Broadway Kassenschlager, so wie „Jekyll & Hyde“ und „Rudolf“ in Wien. Jetzt komponierte der Amerikaner erstmals eine 60-minütige klassische Symphonie über die Donau, die im Großen Wiener Musikvereinssaal von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Koen Schoots uraufgeführt wurde. Wildhorn ist zwar mit der japanischen Modeikone und Schauspielerin Yōka Wao verheiratet, hat aber die Donau im Blut. Denn sein Vater stammt aus Rumänien, seine Mutter aus Odessa.

Wie kamen Sie dazu, die „Donau Symphonie“ zu komponieren und welche Rolle spielte ihr Produzent Walter Feucht dabei?

Frank Wildhorn: Das war alles Walters Idee. Er ist mein Freund und Mentor. Es war seine Leidenschaft und seine Vision. Begonnen hat alles an seinem Geburtstag bei einem Spaziergang am Donauufer in Ulm, Walter stammt ja von dort.

Wann war denn das?

Genau vor drei Jahren. Wir machen ja seit vielen Jahren gemeinsam Musik. Er ist ein leidenschaftlicher Produzent und schlug damals vor, die Geschichte der Donau musikalisch zu erforschen. Walter produzierte 2010 auch mein Musicalkonzert „Wildhorn & Friends“ fürs Wiener Raimund Theater und letztes Jahr „Dracula“, das in Ulm und München aufgeführt wurde.

Erfolgreiches Doppel: Produzent Walter Feucht (li.) und Komponist Frank Wildhorn

©Kurier/Gerhard Deutsch
Sie leben meist auf Hawaii, wie haben sie es geschafft, dort die Donauwellen einzufangen?

Eigentlich wollte ich eine Donau-Kreuzfahrt machen, aber da kam uns leider Covid dazwischen und ich zog nach Hawaii. Also habe ich viel darüber gelesen, recherchiert, mit Walter gesprochen. Mit dem Pazifischen Ozean vor Augen stellte ich mir jeden Tag vor, auf die Donau zu schauen.

Beeinflusst die Musik auf Hawaii Ihre Kompositionen? Arbeiten Sie mit Bruno Mars zusammen, er lebt ja auch dort?

Nein, nein, (lacht) Bruno Mars ist, wie meist, auch jetzt gerade in Beverly Hills, Los Angeles. Hawaii hat eher einen indirekten Einfluss auf meine Musik. Es beeinflusst meinen  Lifestyle so, dass ich dort gut Musik schreiben kann. Hawaii hat eine gesunde Natur. Man kann die Götter überall spüren, im Wasser, in der Luft, in den Bergen. Es ist einfach paradiesisch und deshalb perfekt zum Arbeiten. 

Wie kam es eigentlich zur Zusammenarbeit mit den Wiener Symphonikern?

Walter hatte die Idee, Martin Böhm und Ludwig Coss von MG-Sound, vernetzten uns dann mit den Wiener Symphonikern und mit dem Musikverein. Martin produziert ja mit seinem Label Hits Squad Records seit Jahren die Musicals der Vereinigten Bühnen Wiens.

Welche Geschichten erzählen Sie in der „Donau Symphonie“?

Ganz einfach, ich mache darin einen Ausflug entlang der Donau. Es ist ein Stück über die Jahreszeiten, das Wiedererwachen des Frühlings und des Flusses. Es geht um Romantik und um Erinnerungen, die auch manchmal meiner Fantasie entsprungen sind. Im „Lied für meinen Vater“, der in den Dreißigerjahren nach Amerika geflohen ist, habe ich sozusagen meine eigene musikalische Reise daraus gemacht. Und im Finale, „Farben des Winters“, kommen Fasching, Eislaufen und alle Winterfreuden zusammen.

Haben Sie auch Ihre eigenen Erinnerungen an Wien darin verarbeitet?

Ja, ich versuche, der Kraft, der Schönheit, der Romantik, Tribut zu zollen. Da spielt Wien eine große Rolle. Ich war ja während meiner Produktion von „Rudolf“ und „Jekyll & Hyde“ jahrelang hier. 2001  hatte ich bei der Premiere von „Jekyll & Hyde“ ein Zimmer im Hotel Sacher und schmiss dort eine riesige Party. Ich kenne Wien fast wie meine Westentasche, komme über 20 Jahre her und bin hier wirklich schon zu Hause.

Donausymphonie Frank Wildhorn

©MG Sound
Sie schreiben Songs, die das Herz berühren, wie den Hit für Whitney Houston. Wie ist der Text entstanden?

Ach, wenn man im Leben schöne Beziehungen hatte, ist es ja ganz normal, dass man auch Höhen und Tiefen erlebt. Manchmal wird einem das Herz gebrochen. Aber das gehört  zum Leben und inspiriert mich zu poetischen Songs. Ich lasse mich gerne von Beziehungen inspirieren, von guten wie von schlechten.

Was machen Sie lieber: texten oder komponieren?

Die Musik kommt ganz selbstverständlich zu mir. So habe ich am Anfang meiner Karriere viele Popsongs komponiert, zu denen ich auch Texte verfasste. Heute schreibe ich sogar mehr Texte. Für meine Musicals. Es macht mir mehr Spaß als früher, keine Ahnung warum. Aber natürlich ist das Komponieren meine Leidenschaft in allen Bereichen des Pop, Jazz und Theaters, und jetzt sogar in der Klassik.

Schlager wiederholen sich ja immer und ewig. Wie schafft man es, etwas Neues zu erfinden?

Weil ich ein ewig Lernender bin. Es ist meine Lebensphilosophie, sich für alles zu begeistern, was man gerne tut und davon zu lernen. Man bleibt ewig jung, weil es immer etwas zu lernen gibt. Das ist meine Lebensphilosophie. Jede neue Herausforderung ist eine weitere Chance, etwas dazu zu lernen. Als Walter sagte „lass uns diese Symphonie machen“, sagte ich deshalb freudig zu.

Zur Person

Zur Person

Der Komponist mit osteuropäischen Wurzeln wurde 1959 in New York geboren. Er zog im Alter von 14 Jahren mit seiner Familie nach Florida, studierte Jazz und begann während des Studiums das Musical „Jekyll & Hyde“ zu komponieren. Seine „Donau Symphonie“ wurde am 3. November von den  Wiener Symphonikern uraufgeführt.

Haben Sie noch ein weiteres Lebensmotto?

Oh, (lacht), mein anderes Lebensmotto ist: mache alles mit Leidenschaft, das predigte mir immer meine Mutter. „Geht mit Leidenschaft“, sage ich auch immer den Tänzern bei meinen Shows, bevor sie auftreten. Wenn Sie mit der gleichen Leidenschaft spielen, mit der ich die Musik geschrieben habe, ist alles gut.

Was haben Sie denn bei der „Donau Symphonie“ gelernt?

Eine Symphonie zu schreiben, war wirklich etwas Neues in meinem Leben. Es war wie wieder zur Schule zu gehen oder einen großen Berg zu besteigen. Das hat mir echten Spaß gemacht. Ich studierte klassische Komponisten wie Rachmaninow, Tschaikowsky, Prokofjew, Strawinsky, Strauss, Brahms. Wenn man aufhört zu lernen, wird man alt und verbraucht.

Sie sagten einmal in einem Interview, dass es wichtig ist, an etwas zu glauben. Ist Musik dabei hilfreich?

Wir leben gerade in einer so zerbrechlichen Welt, da kann Musik ein richtiges Heilmittel sein. Sie schafft Erinnerungen und bringt einen an gute, manchmal auch an traurige Orte zurück.  

Von welcher Musik lassen Sie sich persönlich heilen?

Von Rachmaninow, Tschaikowsky, den Eagles, Stevie Wonder, Marvin Gaye, den Doobie Brothers. Auch von den Beatles, von ihnen ganz besonders. Man muss nur eklektisch sein, Gutes gibt es überall.

Letzte Frage: An welchen Projekten arbeiten Sie zur Zeit?

Jetzt habe ich ja gerade mit dem besten Orchester der Welt, den Wiener Symphonikern, im Tempel der Götter gearbeitet, worauf ich wirklich stolz und sehr dankbar bin. Wir entwickeln „Casanova“ mit den Vereinigten Bühnen Wien, sowie „Einstein“ und ein Stück in Asien.

Florentina Welley

Über Florentina Welley

Mag. Florentina Welley schreibt seit 2006 als Lifestyle-Autorin über ihre Lieblingsthemen: Mode, Reise, Design und Kunst. Darüber hinaus konzipiert sie Shootings, kuratiert auch Kunst- und Designevents. Auch Film-Erfahrung hat sie, etwa als Co-Produzentin für den Spielfilm „Die toten Fische“, darüber hinaus ist sie in Werbung und Medien bekannt für Konzepte, Textierungen jeden Genres und Modeproduktionen samt Styling, Regieassistenz, Ausstattung und Kostümbild.

Kommentare