Léa Seydoux (re.) muss sich mit vielen Veränderungen konfrontieren, die alle gleichzeitig stattfinden: „An einem schönen Morgen“

"An einem schönen Morgen": Ein Blick in die Seele

Die französische Regisseurin Mia Hansen-Løve verarbeitet den Tod ihres Vaters – mit einer tollen Léa Seydoux in der Hauptrolle.

An einem schönen Morgen besucht eine junge Frau ihren Vater in seiner Wohnung. Er leidet an einer neurodegenerativen Krankheit – vergleichbar mit Demenz – und kann seinen Schlüssel nicht gleich finden, um ihr zu öffnen.

An einem schönen Morgen trifft die junge Frau zufällig den Freund ihres verstorbenen Mannes im Park. Sie verabreden sich zum Essen.

An einem schönen Morgen“ steht auf einem Blatt Papier, das die junge Frau in den Unterlagen ihres Vaters findet. Sie glaubt, dass er mit diesem Satz seine Autobiografie beginnen wollte, die er dann aber doch nie schrieb.

„An einem schönen Morgen“ heißt der achte Film der französischen Regisseurin Mia Hansen-Løve und erzählt vom schmerzhaften Lebewohl von einer geliebten Person, die sich unweigerlich in die Umnachtung verabschiedet; und von der Hoffnung auf eine neue, große Liebe.

Ihre Filme seien vergleichbar mit Tagebüchern oder persönlichen Begleitern, sagt Hansen-Løve in Interviews: Sie versuche, mit ihnen das Leben besser zu verstehen.

„An einen schönen Morgen“ ist von autobiografischen Erlebnissen inspiriert: Hansen-Løves Vater litt ebenfalls am Benson-Syndrom, ehe er starb. Einige Szenen wurden in Pflegeheimen gedreht, die er bewohnt hatte.

Nachdem klar wird, dass die väterliche Krankheit unaufhaltsam fortschreitet, macht sich seine Tochter Sandra, gemeinsam mit der Mutter und der Schwester, auf die Suche nach einem finanzierbaren Pflegeheim in Paris. Sie klappern (deprimierende) Institutionen ab, in denen alte, kranke Menschen auf ihren Tod warten.

Wunderschönes Paris

Aber Mia Hansen-Løve ist nicht an tristen Dramen interessiert, sondern an melodramatischen Gleichzeitigkeiten, die das Leben vorantreiben: Daran, dass an einem schönen Morgen viele widersprüchliche Dinge passieren können. Dass der Vater plötzlich nicht mehr weiß, wo er sich befindet, aber die Sonne trotzdem strahlend am Himmel steht und das in wunderbar weichen Farben gefilmte Paris warm vergoldet. Dass der Geliebte zu seiner Frau zurückkehrt, aber das Lachen der Kinder das Weihnachtsfest trotzdem schön macht.

Suche nach einem Pflegeheim: Pascal Greggory und Léa Seydoux in "An einem schönen Morgen"

©Filmladen

Die französische Star-Schauspielerin Léa Seydoux, nicht zuletzt als James-Bond-Geliebte Madeleine Swann in glamouröser Erinnerung, spielt die traurige Tochter mit kurzem Haar, ohne einen Hauch von Make-up und mit großer Verletzlichkeit; es ist, als würde sie uns tief in ihre Seele blicken lassen.

INFO: F 2022. 112 Min. Von Mia Hansen-Løve. Mit Léa Seydoux, Pascal Greggory.

Alexandra Seibel

Über Alexandra Seibel

Alexandra Seibel schreibt über Film, wenn sie nicht gerade im Kino sitzt.

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