Ordnungscoach: "Unordnung drückt auf die Seele"
Eine unaufgeräumte Wohnung nimmt Energie, sagt Ordnungscoach Michaela Heyer. Wie man langfristig Ordnung schafft und sich in den eigenen vier Wänden wieder wohlfühlt
Endlich mehr Ordnung – für viele ist Aufräumen ein Neujahrsvorsatz, der bald wieder verpufft. Wie es langfristig gelingt, die eigene Wohnung auf Vordermann zu bringen und warum das auch für die Psyche gut ist, erklärt Ordnungscoach Michaela Heyer.
Wer wendet sich an Sie als Ordnungscoach?
Michaela Heyer: Es gibt eine leichte Tendenz von Frauen. Sie sind immer noch eher damit betraut, für Ordnung zu sorgen. Häufig nach einer Übersiedlung, wenn man in der neuen Wohnung eine Grundordnung schaffen möchte. Oder wenn man Altlasten, die sich über Jahre angesammelt haben, aussortiert. Im Alltag mit stressigem Job, Kindern, Hobbys, Freundschaften bleibt oft kaum Zeit und plötzlich staut es sich in der Wohnung. Manchmal hilft es, wenn jemand dabei ist. Ich sehe mich auch als Motivatorin.
Wie fängt man an?
Am besten mit konkreten, erreichbaren Zielen. Das neue Jahr kann ein guter Ausgangspunkt sein. Zum Beispiel: Ich nehme mir den Eingangsbereich vor und setze mir als Zwischenziel den 15. Jänner, wo das erledigt sein soll. Dann geht es zum nächsten Raum und dazu sollte man konkrete Termine und Zeiträume planen. Wichtig ist, dass man mit kleinen, aber sichtbaren Dingen beginnt. Der Vorraum ist ein gutes Beispiel, weil alle durchgehen, auch Gäste. Außerdem ist er meist relativ einfach aufzuräumen. Dadurch sieht man sehr schnell Erfolg, der weiter motiviert. Was psychologisch auch sehr hilft, sind Vorher-/Nachher-Fotos.
Braucht alles einen Platz?
Auf jeden Fall. Es hilft, wenn man nicht jedes Mal überlegen muss, wo etwas sein könnte oder wo man etwas hintut. Man kann natürlich verschiedene Plätze für das gleiche Ding haben, nämlich dort, wo man es braucht, etwa Scheren. Es hilft, seine eigenen Routinen zu beobachten und sich zu fragen, wo brauche ich was. Kurze Wege sind wichtig beim Ordnung schaffen und halten.
Infos
Umfrage
Jeder Zweite in Österreich hat laut einer Umfrage eine regelmäßige Aufräumroutine. Zwischen Männern (50 %) und Frauen (55 %) gibt es keinen wesentlichen Unterschied. Am ordentlichsten ist die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, gefolgt von den 30- bis 39-Jährigen. Ein Fünftel räumt immer gleich auf. Zwölf Prozent gibt zu, Ordnung machen möglichst lange vor sich herzuschieben.
Ordnungscoach
Michaela Heyer arbeitet seit 2022 als Ordnungscoach und hilft dabei, sich zu Hause wieder wohlzufühlen. Bei ihrem achtwöchigen Kursprogramm "ordentlich Ordentlich" begleitet sie beim Aufräumen und Ausmisten. Infos: inordnung.co.at.
Warum fällt es schwer, sich von Dingen zu trennen?
Die Hürde ist psychologisch größer, wenn eine emotionale Komponente dazu kommt. Auf diese Art hat man Keramikfiguren herumstehen oder Pullover, die man nie anzieht. Wir schaffen uns selbst permanent neue Lasten an, etwa durch Aktionen wie der Black Week. Hilfreich ist, klein anzufangen und das Ausmisten regelmäßig zu "üben". Man muss ja nicht mit persönlichen Weihnachtsgeschenken anfangen, sondern mit etwas, das nicht emotional besetzt ist: Socken, alte Ladekabel, Küchenutensilien. Damit kommt man in das Aussortieren rein und kann sich vorarbeiten. Geschenke dann eher später, wenn man geübter ist.
Wie gelingt es auch mit Kindern, Ordnung zu halten?
Mit jeder Person mehr im Haushalt kommt mehr Unordnung. Kinder sind eine große Herausforderung, weil sie nicht so aufräumen, wie man selbst möchte. Mit Jüngeren kann man das Aufräumen noch wie ein Spiel gestalten. Bei Teenagern wird es schon schwieriger. Wichtig ist, Ordnung vorzuleben. Wenn ich vermittle, dass Aufräumen total anstrengend ist, werden Kinder auch nicht begeistert sein. Wenn ich es aber nebenbei mache, ohne negatives Gefühl, ist es keine große Sache und die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass sie es mittragen. Bei Teenagern hilft, sich Zonen zu vereinbaren, wo Ordnung gehalten wird und für das Zimmer gewisse Regeln auszumachen, etwa, dass Geschirr regelmäßig zurück in die Küche kommt.
Wie sehr hängt die (Un-)Ordnung in der Wohnung mit der Psyche zusammen?
Eine aufgeräumte Wohnung bringt Ruhe. Ich halte aber nichts von perfekten Instagram-Wohnungen. Es muss nicht so sein, dass jederzeit ein Magazin vorbeikommen kann, sondern man muss sich selbst wohlfühlen, sich sein Wohlfühlzuhause schaffen. Unordnung drückt auf die Seele und auf die eigene Energie. Sie nimmt richtiggehend die Luft zum Atmen. Wenn man nach Hause kommt, sollte man eigentlich Energie aufladen können. Wenn ich aber erst einmal Ordnung schaffen muss, nimmt das Energie – bis einem dann fürs Ordnung schaffen auch die Energie fehlt. Altlasten auszusortieren, hilft, hier Platz zum Atmen zu schaffen. Wer seine eigene Ordnung findet, hat auch lange etwas davon – man kann die eigene Struktur wesentlich einfacher halten als etwas, das von außen aufgedrängt wird.
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