erschöpfte Person liegt auf der Couch nach dem Putzen

Trend Death Cleaning: Wie man ordentlich lebt und stirbt

Swedish Death Cleaning ist nicht nur bloßes Ausmisten, sondern eine neue Lebensordnung. Wie ein Lebensstil zum Trend wurde.

Was brauchen wir im Leben? Zugegeben: Eine zu komplexe Frage, um sie in den wenigen Zeilen dieses Artikels ausführlich diskutieren zu können. Dennoch eine Frage, die man sich von Zeit zu Zeit stellen sollte: Was brauche ich wirklich?

Geht es nach Margareta Magnusson, lautet die Antwort: nicht viel – zumindest in den eigenen vier Wänden nicht. "Ich habe angefangen, meinen Haushalt von überflüssigen Dingen zu befreien“, schreibt sie 2018 in ihrem Bestseller "Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen“. In ihrem Heimatland Schweden gibt es dafür ein Wort: döstädning. Es leitet sich von den beiden Wörtern dö, zu Deutsch Tod, und städning, Schwedisch für aufräumen, ab. Es ist ein Begriff, der bedeutet, dass man vor seinem Tod seine Habseligkeiten aussortiert und sein Zuhause ordnet. 

Dadurch sollte den Angehörigen die schmerzhafte und umständliche Arbeit der Haushaltsauflösung erleichtert werden. Auch wenn es makaber klingt, möchte Magnusson dies keinesfalls so verstanden wissen. Es sei sogar eine gute Möglichkeit, über das oftmals schwierige Thema Tod zu sprechen. Magnusson weiß, wovon sie schreibt. Sie hat schon mehrere Haushalte aufgelöst und ist 17-mal in ihrem Leben umgezogen. In ihrem Buch erzählt sie von ihren Erlebnissen und wie ihr diese Methode geholfen hat. Es gehe nicht darum, sich von den Dingen zu trennen, die unser Leben erleichtern, "aber wenn man den Überblick über die Sachen verliert, die man besitzt, weiß man, dass man zu viel hat.“  

Das Gute: Es gibt keine klaren Regeln. Unter anderem ein Grund, warum diese Methode seit Jahren im Trend liegt. Die Devise ist, das zu behalten, was man liebt und das einen glücklich macht, dabei aber schonungslos ehrlich zu sein, was man wirklich braucht. Magnusson liefert für diese Auseinandersetzung mit unserer Konsumgesellschaft in ihrem Werk wertvolle Tipps.  

Zeit investieren

Der größte Unterschied zu herkömmlichen Entrümpelungsmethoden, wie beispielsweise zu jenen von Marie Kondo, ist der Zeitfaktor. Beim döstädning, auch Swedish Death Cleaning genannt, geht es darum, sich bewusst mit den einzelnen Gegenständen, deren Geschichte und Nutzen auseinanderzusetzen. Auf dieser Basis trifft man dann eine Entscheidung. Wichtig: Das passiert nicht an einem Tag. Es ist ein schleichender Prozess. "Es hat nichts mit Staubwischen oder Putzen zu tun, sondern mit einer dauerhaften Ordnung und Vereinfachung, die einem das Alltagsleben erleichtern“, schreibt die Autorin, die sich selbst als Frau zwischen 80 und 100 Jahren beschreibt. Dabei wird aber nicht nur der Besitz geordnet, sondern auch Versicherungen, Finanzen und Ähnliches. 

Besonders im Kleiderschrank sammeln sich schnell Stücke an, die nicht mehr gebraucht werden

©Getty Images/Jakovo/IStockphoto.com

Umsetzung

Bis kurz vor dem Tod zu warten, lohnt sich nicht. Ballast abwerfen kann auch in jungen Jahren befreiend sein. Tipp der Autorin: Mit dem Keller, dem Dachboden oder den Schränken beginnen! Dort landen meist Dinge, die nicht gebraucht werden. Auch Kleidung ist ein guter Einstieg. Möbel oder große, sperrige Gegenstände können zu Beginn begutachtet  und potenziell entsorgt werden. Das führt gleichzeitig zu ersten sichtbaren Erfolgen und zusätzlicher Motivation. Sachen in verschiedenen Kisten zu kategorisieren, hilft ebenfalls: zu verschenken, zu entsorgen, zu verkaufen.  Das verschafft  weiteren Überblick – für sich und die Nachwelt. 

Ich habe so oft den Haushalt anderer Leute aufgelöst, dass ich niemandem die Last aufbürden möchte, hinter mir aufräumen zu müssen. 

Margareta Magnusson, Autorin

Aber Achtung: Keinesfalls mit Briefen, Fotos oder persönlichen Erinnerungsstücken starten! Dies würde zu viel Zeit und Emotionen verbrauchen. Widmen Sie sich solchen Dingen wirklich erst, wenn Sie sich dazu bereit fühlen. Immerhin ist dies auch immer eine Reise in die Vergangenheit. Eine Reise zu schönen, aber auch tristen Momenten. Sich physisch davon zu trennen, kann besonders schwer sein – auch wenn dies dank der Digitalisierung deutlich einfacher geworden ist.

Kein Ende

Aber auch das ist Death Cleaning. Es geht nicht darum, sich rigoros von all seinem Hab und Gut zu befreien. Es ist die Beschäftigung mit sich selbst und dem eigenen Leben. Der Prozess des döstädning ist ein langwieriger, der im Grunde nie endet. Denn wurde erst einmal aussortiert, muss der Zustand auch beibehalten werden. Man muss lernen, Nein zu sagen. Vor jeder neuen Anschaffung gilt es, sich schonungslos zu fragen: Macht mich das nachhaltig glücklich? Brauche ich das wirklich? Fragen, die zu wichtig sind, um sie sich erst kurz vor dem Tod zu stellen. 

"Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen“, erschienen im S. Fischer Verlag. 22 Euro, erhältlich bei thalia.at

©S. Fischer Verlage

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