Wieso denken wir im Jänner so oft an unsere Gesundheit?

Seit wie vielen Jahrtausenden es bereits Neujahrsvorsätze gibt und was die Industrialisierung mit dem Fitnesshype zu tun hat.

Wozu haben Sie sich durchgerungen: 10.000 Schritte am Tag? Eine neue Sportart ausprobieren? Oder vielleicht sogar für den Halbmarathon zu trainieren? (Es sind noch 112 Tage Zeit, sich in Form zu bringen.) Aber wieso fokussieren wir uns gerade in den dunklen, kalten Wintertagen – in denen man sich lieber im Bett einrollen als vor Sonnenaufgang auch noch die Yogamatte ausrollen möchte – so auf die Gesundheit? Na ja, kommt es schnell: Weil da die Neujahrsvorsätze noch frisch sind. Mit 45 Prozent war „mehr Bewegung“ 2023 der Top-Neujahrsvorsatz der Österreicher. Aber warum gibt es Vorsätze überhaupt? Weshalb konzentrieren sie sich so oft auf den physischen Aspekt? Und muss das wirklich im Winter sein?

Wieso Cäsar Neujahr vorverlegte

Das mit der dunklen Jahreszeit haben wir Julius Cäsar zu verdanken. Er hat den Jahresbeginn vom frühlingshaften März auf den dunklen 1. Jänner vorverlegt. Das war nämlich der Tag, an dem seine Konsuln (zwei Männer, die die Exekutive der Republik bildeten) ihr Amt antraten. Aber natürlich ist Jänner – benannt nach Janus, dem römischen Gott der Zeit und der Anfänge – symbolisch eigentlich passender als der März, der dem Kriegsgott Mars gewidmet ist. Dass man das Jahr mit neuen Vorsätzen willkommen heißt, ist übrigens noch älter. Bereits die Babylonier haben 4.000 v. Chr. Verpflichtungen für das neue Jahr abgegeben. Allerdings konzentrierten sich diese auf ihre Schulden bei den Göttern.

Das Radio war's

Der Schwenk zum Sport kam mit dem Leistungsgedanken der Industrialisierung. Die Übertragungen von Profi-Sport im Radio halfen bei der Beliebtheit in der Bevölkerung, und seit 1968 das erste Fitnessstudio in Wien eröffnet wurde, wird die „Versportlichung“ der Gesellschaft stetig vorangetrieben.

Heute sind „gesund“ und „fit“ austauschbare Begriffe und die Neujahrsaktionen der Fitnessstudios gehören zum Jahreswechsel wie die Schläge der Pummerin. Aber vielleicht ist das gut so. Sport schüttet Serotonin aus. Das baut Stress ab, steigert das Immunsystem und hilft gegen den Winterblues. Wenn die Überwindung zur Laufrunde am größten ist, hat man sie meist am nötigsten.

Hier schreiben Autoren und Redakteure abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Anna-Maria Bauer

Über Anna-Maria Bauer

Wienerin und Weltenbummlerin. Leseratte und leidenschaftliche Kinogeherin. Nach Zwischenstopps in London und als Lehrerin in der Wien-Chronik angekommen. Interessiert an Menschen, die bewegen, begeistern oder entsetzen; an ungewöhnlichen Ideen und interessanten Unmöglichkeiten. "Nichts ist verblüffender als die einfache Wahrheit, nichts ist exotischer als unsere Umwelt, nichts ist phantasievoller als die Sachlichkeit." Egon Erwin Kisch: Der rasende Reporter.

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