Frühjahrsputz

Ordnungscoach: Warum der Frühjahrsputz so fröhlich macht

Hochsaison für sogenannte "Ordnungscoaches", auch Philosophen beschäftigen sich inzwischen mit dem Putzen als Passion.

Abstauben, ausschütteln, ausmisten: Für viele Menschen ist der Frühjahrsputz ein Muss, wie eine aktuelle Umfrage im Auftrag der Allianz-Unfallversicherung zeigt. In gut drei Viertel aller österreichischen Haushalte wird im Frühling geschrubbt und umgeräumt. Das macht viele zufrieden, die Anstrengung lohnt sich, die Effekte sind rasch zu sehen, auch ohne pathologischen Putzzwang.

Kein Wunder, dass das jahreszeitbedingte Sehnen nach Sauberkeit und Übersicht auch bei Ordnungscoach Petra Gruber für fröhliche Hyperaktivität sorgt: "Im Frühjahr bekomme ich die meisten Anfragen, wobei ich die Begriffe ,Putzen‘ und ‚Ordnen‘ streng auseinanderhalte. Frühjahrsputz bedeutet für mich viel mehr, als nur den Schmutz wegzuwischen. Er bringt eine neue Ordnung ins Leben, dabei geht es auch darum, sich von Altem zu trennen."

Das Loswerden und Loslösen sei aber nur ein Kapitel, in den Fokus rücken auch die vielen kleinen Reparaturen, die, im Sinne einer Instandhaltung, endlich erledigt gehören. Kaputte Glühbirnen, Löcher in der Wand, schiefe Bilder.

Die Guten in Kröpfchen, die schlechten ins Töpfchen – ungefähr so kann man sich das Prinzip „Ausmisten“ vorstellen. Weg mit dem, was herumkugelt, aber keiner braucht. Allem, was schön und gut ist, einen fixen, definierten Aufbewahrungsplatz zuweisen. Dazwischen darf und soll geputzt werden, Motto: weniger Dreck, weniger Zeugs - mehr Raum, mehr Luft zum Atmen. Häufig eine Herkulesarbeit: „Weil das Aussortieren und Neuordnen viel zu oft auf die lange Bank geschoben wird. Der Berg wächst und wächst, bis er so groß geworden ist, dass allein der Gedanken an das Schaffen von Ordnung komplett überfordert.“ 

Aber dann: Glücksgefühle! Das Frühjahr gilt als idealer Zeitpunkt, es endlich anzugehen: „Körperliche und psychische Energien kommen jetzt wieder zurück, das Leben wird heller, auch auf die finsteren Ecken fällt wieder Licht“, so Gruber. Am Ende ist auch hier alles Psychologie, obwohl wissenschaftliche Studien dazu fehlen. Immerhin widmet sich „Feng Shui“, die daoistische Harmonielehre Chinas dem Thema. Im Frühling dominiert das Element Holz, es steht für Wachstum, Expansion, Vitalität und Kreativität. Und für Aufbruch – in dem Fall in eine ordentlichere und saubere Zukunft. Da ist es nicht egal, wie es in einer Wohnung aussieht. Viel Schmutz, viel Zeugs erzeugen negative Energien. Also: Fenster auf, Dreck raus, Frühling rein, endlich wieder durchatmen.

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©LISI SPECHT

Sogar die Philosophie hat sich bereits mit dem Putzen beschäftigt. Im Buch „Putzen als Passion“ beschwerte sich die Philosophin Nicole Karafyllis unter anderem darüber, dass viel zu wenig über Schmutz oder schlichtes Putzen sinniert würde. Dabei wäre das angesichts eines wachsenden Bergs von Konsumgütern dringend angesagt. Das war vor zehn Jahren, heute kümmern sich „Cleanfluencer“ in den sozialen Medien um das Wisch und Weg. Sie zeigen auf Tik Tok oder Instagram, wie man Flecken entfernt und welche Putzmittel den optimalen Blitzblank-Effekt bringen. Oder aber, wie eine Wohnung aussehen sollte, damit die Energie optimal fließt und alle Bewohner zufrieden sind.

Dass das Aussehen von Zimmer, Küche, Kabinett eine große Wirkung hat, davon ist auch Petra Gruber überzeugt: „Die Wohnung spiegelt viel, in beide Richtungen. Wie sie aussieht, lässt einen Rückschluss zu, wie es einem Menschen gerade geht. Und umgekehrt: Wenn ich an der Wohnung etwas verändere, wirkt das auf die Bewohner.“ Ihr wichtigster Tipp: „Gehen Sie es mit System an. Am besten mit der guten alten To-do-Liste, während man durch die Räume geht und Problemecken aufspürt, die vom Chaos befreit werden wollen.“ Die Belohnung „danach“ folgt prompt: „Die meisten fühlen sich sehr erleichtert, weil das Zuhause endlich wieder das ist, was es sein sollte: eine Oase, in der man sich wohl fühlen und sich vom Alltag erholen kann.“

Mehr Info: www.ordnungsberater-oesterreich.at

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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