Ikebana: Ein Hauch von Japan zum Muttertag
Der Blumenstrauß ist der Klassiker unter den Muttertagsgeschenken. Doch auch wenn der Strauß Tradition hat, muss dieser nicht immer traditionell sein. „Ikebana“ heißt die japanische Kunst des Blumensteckens – und davon können wir uns einiges abschauen.
Am 12. Mai lassen wir unsere Mütter wieder hochleben, beschenken sie mit Köstlichem und Schönen. Der Blumenstrauß ist dabei ein beliebtes Geschenk. Zarte Weiß- und Rosanuancen geben den Ton an, ab und zu auch etwas kräftigere Farbtupfer, jedenfalls frühlingshaft und feminin – und üppig. Gerade zum Muttertag stehen mächtige Straußkreationen hoch im Kurs, die Floristen übertreffen sich in ihren Arrangements. Ganz anders sieht man das etwa in Japan, wo das Blumenstecken zu den höchsten Künsten zählt. „Ikebana“ nennt sich das traditionelle Handwerk der Blumenkunst, das ausschließlich in Japan entwickelt und lange nur dort praktiziert wurde.
Die Blumenkunst der Samurai
Im Mittelpunkt steht die lineare Ausrichtung des Gestecks, das sich nur auf eine begrenzte Anzahl an Elementen fokussiert. Nicht nur rein optisch stehen die japanischen Straußkreationen damit im völligen Kontrast zur westlichen Floristik. Für die Gestecke werden nur wenige und ausgewählte Pflanzen verwendet, oft auch abgeleitet von einem persönlichen Thema. Die eigenen Gefühle und Beweggründe mischen beim Arrangieren immer mit und sollen sich schlussendlich kunstvoll ausdrücken. Auch die Jahreszeit sollte bei den Kreationen immer abzulesen sein – und das trifft sich gut mit dem Muttertag, denn auch hier zählen wir auf die duftenden Schönheiten des Frühlings.
Woher kommt diese Tradition?
Ursprünglich war das Erlernen und Praktizieren von Ikebana nur den Männern vorbehalten. Ein spannender Aspekt, da die Floristik heute vor allem ein Handwerk der Frauen ist. Ikebana gehörte zur Ausbildung eines jeden Adeligen in Japan, der auch in der Musik, der Dichtkunst sowie der Teezeremonie und Kalligrafie unterrichtet wurde. Zudem wurden Samurai und Geistliche in buddhistischen und schintoistischen Klöstern mit der Kunst des Blumensteckens vertraut, bis man es schließlich in der Edo-Zeit (1603–1867) auch den Frauen der Oberschicht beibrachte. Erst nach und nach drang Ikebana in andere gesellschaftliche Schichten vor, so übten sich später auch reiche Kaufleute in der Blumenkunst und schließlich das Bürgertum. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Ikebana sogar zum Pflichtschulfach für Mädchen, bevor es im 20. Jahrhundert weltweite Bekanntheit erlangte und seitdem fast ausschließlich von Frauen praktiziert wird.
Weniger ist mehr
Eine festgeschriebene Ikebana-Anleitung gibt es nicht, verschiedene Schulen legen die Kunst unterschiedlich aus. Während die einen nur auf natürliche Materialien setzen, erlauben andere auch moderne Materialien, wie etwa Metall oder Plastik. Gemeinsam ist allen Ansätzen aber der Grundsatz: Weniger ist mehr. Die ausgewählten Pflanzen sollen zum einen die Natur in die eigenen vier Wände bringen, zum anderen die kosmische Ordnung herstellen. Im Gegensatz zur westlichen Floristik, die vorwiegend auf Farbkombinationen setzt, achtet man in Japan auf die Harmonie von Aufbau, Rhythmik und Farbe. Somit sind nicht nur die Blüten im Fokus, sondern das Zusammenspiel von Vase, Stängel, Blätter, Zweige – und Blüte. Die Ausrichtung folgt den drei Linien shin, soe und tai, die den Himmel, die Erde und die Menschheit symbolisieren.
Eine Tradition, die auch als Inspirationsquelle für den alljährlichen Muttertagsstrauß dienen kann, etwa indem man sich auf weniger, dafür ausgewählte Elemente konzentriert. Man könnte sich zum Beispiel überlegen, was der Muttertag bzw. die Mutter für einen überhaupt bedeutet und wie sich das in ein Arrangement übersetzen lässt. Das gibt dem Blumengesteck eine persönlichere Note, wie das vorgefertigte Bukett vom Blumenhändler. Auch können weitere „Ingredienzen“ mitgedacht werden. Wie wäre es zum Beispiel mit einer schönen Vase? Die kann die Beschenkte vielfältig verwenden – zum Beispiel auch für den Blumenstrauß im nächsten Jahr.
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