Warum spitzen wir die Ohren, sobald jemand zu flüstern beginnt?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden

"Hast du schon gehört?“, tuschelt wer am Nebentisch. Und dann wird’s flüsterleise. Man versteht nur „der“ und „die“ und Bahnhof. Selbst mit gespitzten Ohren lässt sich kein Reim auf das zufällig Aufgeschnappte machen. 
Muss ja auch nicht sein. Immerhin richtet sich der Tratsch an jemand anderen. Aber warum interessiert MICH das gerade so sehr? Spricht da der Journalist in mir, der immer über alles und jeden informiert sein will? Oder gar schon – nach einem Stoß sommerlicher Krimilektüre – ein Amateuragent?

Dabei haftet dem Flüstern nicht allein eine geheimnisvoll-gefährliche Aura an, immerhin ist ja in manchen Situationen Liebesflüstern angebracht.  Dass die meisten Menschen zu flüstern beginnen, sobald sei eine Kirche -– oder einen Kunsttempel – betreten, hat mit Andacht, Ehrfurcht oder Respekt zu tun. Mit Argwohn reagieren Hörer für gewöhnlich, wenn in ihrer Anwesenheit auf konspirative Weise Worte leise gewechselt werden.

Seit die Insta- und TikTok-Community dahinter gekommen ist, dass Flüster-Videos hoch im Kurs sind, weil extrem aufmerksamkeitserregend, ist ein Ende des Hypes nicht abzusehen.

Aber warum spitzen wir dann unsere Ohren wie der gute alte Commander Spock aus „Star Trek“? Nun, könnte ja sein, dass ausgerechnet über uns getuschelt wird.

Seit die Insta- und TikTok-Community dahinter gekommen ist, dass Flüster-Videos hoch im Kurs sind, weil extrem aufmerksamkeitserregend, ist ein Ende des Hypes nicht abzusehen. Gut für die Hörer. Bei denen erzeugt das Flüstern laut Psychologe Craig Richards der „personal attention“ wegen die Ausschüttung  des Glückshormons Oxytocin. Die Hörbuchbranche ist schon aufgesprungen. Nach dem „Gesang der Flusskrebse“ ist es eben jetzt eben das Flüstern der Bienen, Feigenbäume oder Raben, das zum Bestseller taugt. 

Zuhören aber bitte mit links! Teow-Chong Sim von der University of Houston in Texas konnte nachweisen, dass wir emotionsgeladene Worte nachhaltiger wahrnehmen, wenn wir diese mit dem linken Ohr hören.
Vom Flüstern selbst ist allerdings eher abzuraten. Laut Logopäden stehen die Stimmbänder beim tonlosen Flüstern unter hoher Spannung. Auf Dauer gerät das Flüstern zum Zischen und ist dann hörbarer als leises Sprechen. 

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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