Warum können wir den Regen riechen, bevor der erste Tropfen zu spüren ist?

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Riechst du das?“ – „Hm?“ – „Es duftet nach Regen.“ – „Ah ja, jetzt, wo du’s sagst, aber ich spür’ nichts. Keinen einzigen Tropfen“ Auszug eines Spaziergang-Dialogs vor Kurzem. Ich mag Regen. Er reinigt die Luft, gibt Wiesen ihr saftiges Grün und trockenen Waldböden ihre Erdigkeit zurück. Er tröpfelte dann übrigens erst tags vom Himmel und klopfte an mein Fenster. Aber warum konnten wir ihn schon vorher riechen und müsste er nicht geruchlos sein? Das ist doch nur Wasser?

Ein Anruf bei Meteorologen Thomas Wostal (ZAMG, wetterzeit.at) soll Klarheit bringen: „Ja, jetzt nach der langen Trockenheit roch der Regen besonders gut“, sagt er. Und bestätigt, dass es nicht der Regen selbst sei, der das Aroma verströmt, das auch einen Namen hat: Petrichor. Petri bedeutet Stein und Ichor ist laut griechischer Mythologie die „Flüssigkeit, die durch die Adern der Götter fließt“. Ein Kunstwort, das zwei Wissenschafter dem Regenduft bereits 1964 verliehen. Sie hatten entdeckt, dass bestimmte Pflanzen nach langer Trockenheit Öle absondern, die beim ersten Regen ihren Duft entfalten. Ein sinnliches Erlebnis. Zudem kreiert ein Alkohol namens Geosmin, der in Böden durch Bakterien entsteht, eine Art „Erdparfum“. Wostal: „Wenige Regentropfen reichen, damit wir diesen Geruch wahrnehmen.“ Ein sinnliches Erlebnis. So schön, dass man fast im Regen tanzen möchte.

Auf den Boden klatschende Regentropfen schließen kleinste Partikel ein, die in den Tropfen als Luftbläschen aufsteigen und beim Platzen perlend ihren Duft entfalten. Wie in einem Prosecco-Glas.

Forscher des Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (MIT) wollten mehr wissen: Sie machten 600 Experimente mit 28 verschiedenen Bodenarten. Schickten Nieselregen, Platzregen, Landregen, Wolkenbruch & Co hinab. Und fanden heraus, wie es Regen gelingt, feine Teilchen, die in der Luft schweben, z. B. Nebel und Staub, in die Luft zu transportieren. Und das geht ungefähr so: Auf den Boden klatschende Regentropfen schließen kleinste Partikel ein, die in den Tropfen als Luftbläschen aufsteigen und beim Platzen perlend ihren Duft entfalten. Wie in einem Prosecco-Glas.

Das gelingt vor allem bei leichtem, gleichmäßigem Niederschlag auf trockenem, luftdurchlässigem Boden. Und warum erreicht uns der Geruch, ohne dass wir einen einzigen Tropfen spüren? Thomas Wostal: „Das hat einen simplen Grund: Wenn es in der Nähe regnet, trägt der Wind den Duft zu uns.“

Und jetzt gehe ich raus tanzen.

Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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