München

Weekender München: Warum sich eine Reise im Sommer lohnt

Am 14. Juni startet hier die Fußball-EM und im August kommt Popstar Adele mit ihrer Las-Vegas-Show. Auch sonst lohnt sich ein Sprung in die Metropole an der Isar.

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"Viertelliebe"-Touren durch München: muenchen.travel

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In München scheint das Gras grüner als anderswo. Im Englischen Garten sowieso. Sobald ein bisschen Sonne die Wolken verdrängt, liegen und sitzen die Münchner auf den Wiesen oder spazieren und joggen entlang der Wege. Der Radler mit dem Surfbrett unterm Arm ist keine Illusion. 

Wer die 1,4-Millionen-Einwohnerstadt kennt, weiß, dass er zur Eisbachwelle will, Münchens Treffpunkt für Surfer. Vielleicht ist dieser Hotspot mittlerweile das berühmteste Wahrzeichen der Stadt. Gerade wurde er von internationalen Influencern und Bloggern unter die Top 50 der beliebtesten Stadtstrände der Welt gewählt, auf Platz 45 – vor Rio de Janeiros Ipanema Beach.

Die stehende Welle befindet sich an einer Brücke in bester Lage beim Haus der Kunst in der Prinzregentenstraße. Gesurft wird hier schon seit 40 Jahren, erst seit 2010 ist es offiziell erlaubt. Je mehr lächelnde Gesichter einem begegnen, desto näher ist man dran. Dieser Abschnitt am Eisbach ist auch deshalb so einmalig, weil die Show der Wellenreiter ein Gefühl der Leichtigkeit vermittelt. Zuschauer jeden Alters feuern an und staunen, es ist Partystimmung. Das passt dieses Jahr besonders gut in Bayerns Hauptstadt. München ist einer der Austragungsorte der Fußball-Europameisterschaft; das Eröffnungsspiel findet hier statt.

Vorfühlen in der Allianz Arena 

Alles ist vorbereitet. Die Großbaustelle Hauptbahnhof ist eine Herausforderung, aber es wird schon werden. Die Fan-Feiern beginnen am 12. Juni mit Ed Sheeran, Nelly Furtado und anderen auf der Theresienwiese, wo im Herbst wieder Oktoberfest ist. Auch der heilige Rasen in der Allianz Arena, die zur EM Munich Arena heißt, ist in Schuss. Wie ein überdimensionaler Teppich zum Schaulaufen liegt er da, im Stadion des FC Bayern. Grüner geht’s nicht, denkt man schon wieder, da sagt der Guide: „Es ist ein Rollrasen.“ Von der besten Sorte, Hybrid, zu 95 Prozent echt, sofort bespielbar, pflegeleicht. Achtung: Betreten verboten!

Auf der Arena-Tour, die nicht nur etwas für Fans ist, schwirren einem die Worte „Spürst du das Kribbeln“ im Kopf herum. Sie standen am Eingang. „Tooor!“ hallt es durchs leere Stadion. Der Guide hat darum gebeten – „bitte lauter als die andere Gruppe da vorn“. Er feuert an, man könne so erahnen, wie es wäre, wenn die ganze Arena tobt. Ja, wie wäre das? Auf dieser Führung herrscht noch FC-Bayern-Anmutung, zur EM wird einiges anders: Keine Stehplätze, andere Farben. Aber egal, denn spätestens in den Kabinen der Spieler und beim Gang raus Richtung Spielfeld spürt man es, das Kribbeln. Wie oft ging hier David Alaba entlang, der bis 2021 für FC Bayern spielte? Hatte er Herzklopfen? Auf den Rängen prangt der Slogan „Mia san mia“.

Fluss-Surfen mitten in der Stadt – die berühmte Eisbachwelle

©mauritius images / Martin Siepmann/Martin Siepmann/mauritius images

Das Auftaktspiel der EM ist vielleicht auch der Beginn eines Sommermärchens, nicht nur für Fußballfans: Die britische Popsängerin Adele wird im August auf einer eigens für sie angefertigten Pop-up-Bühne auftreten. Es wird die einzige Möglichkeit sein, sie derzeit in Europa live zu erleben. In München, bitteschön, nicht in ihrer Heimatstadt London. Bis jetzt läuft ihre Show nur in Las Vegas. Und so titelte die Süddeutsche Zeitung „Lass Vegas sein in München“ . Zuerst waren vier Konzerte geplant, jetzt sind es zehn.

Nicht nur von Schwabing aus super erreichbar. Der Park ist wie gemacht für ein Sommermärchen

©München Tourismus

München und die Welt

Also ist nicht nur der Rasen grüner? Wie schafft München das? „Das war keine g’mahte Wiesn“, sagt Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner. Stattdessen viele Gespräche und viel Arbeit für alle Beteiligten. „Man muss so etwas zur Chefsache machen und man muss es wollen.“ Maßgeblich beteiligt ist der Österreicher Klaus Leutgeb, der sich mit Großkonzerten längst einen Namen gemacht hat. Clemens Baumgärtner, der auch Wiesn-Chef ist, weiß um den Marketingeffekt, den Adele für die Stadt bringt. „Jeder redet darüber, und zwar weltweit, das kann man mit Werbung gar nicht erreichen.“ 

Münchens Großevents werden viele Besucher anziehen, auf ihrem Programm wird oft das Hofbräuhaus stehen. Dabei hat die Stadt so viel mehr zu bieten. Es lohnt, einzutauchen, in Kunst, Kultur, Geschichte und in ein Lebensgefühl, das vor allem im Sommer Spaß macht. Natürlich geht es nicht, ohne durch die Altstadt zu schlendern, auch auf der Suche nach Tipps: „Fahr mit dem Aufzug zum Rathaus-Turm, da hast du die beste Sicht auf den Peter, die Frauenkirche und die Alpen“, lautet einer. 

Hier mehr lesen: Weekender Balaton: Das ewige Baden

"Nein, der wird gerade renoviert. Nimm die Rolltreppe im Ludwig Beck am Rathauseck ins oberste Stockwerk", ein anderer. Dort angekommen, findet sich ein winziges Café mit großen Fenstern, die den Blick auf das berühmte Glockenspiel, denAlten  Peter und den Marienplatz freigeben. Fürs Erste passt das. Ab 14. Juni soll der Rathausturm mit Rundum-Panorama wieder offen sein.

Am 14. Juni ist hier das Eröffnungsspiel

©Getty Images/Grafissimo/istockphoto

Es wird viel renoviert und saniert in der Stadt. Doch liegt ein Gelände brach, findet sich eine Übergangslösung. So wie im ehemaligen Schlachthofviertel, wo Kultur in ausrangierten U-Bahnen, Gondeln und Containern stattfindet. Hier gibt es Graffiti, Konzerte, Partys, Flohmärkte, Techno-Partys. Auch das kann München.

Im Schlachthofviertel gibt es seit ein paar Jahren Graffiti, Flohmärkte und Techno-Partys

©mauritius images / imageBROKER / Hans-Werner Rodrian/imageBROKER / Hans-Werner Rodrian/mauritius images

Kultur gibt es auch im ganz Kleinen. Etwa im „Gans Woanders“. Ein „Hexenhäusl“, das perfekt zu einem Sommermärchen passt, angeblich die besten Pommes anbietet und von Konzerten bis zu Lesungen einiges auf dem Programm hat. Dieses Baumhaus gilt als Kulturzentrum in Giesing.

Dieses Kulturzentrum, das liebevoll "Hexenhäusl" genannt wird, ist ein Lokal und eine offene Bühne zugleich. 

©Annemarie Josef

Womit wir wieder beim Fußball wären. Denn Giesing ist auch der Ort, wo der Kultfußballverein 1860 München zu Hause ist. Jener Verein, der sich mit dem FC Bayern die Arena bis 2017 teilte, sich dort aber nie zu Hause fühlte. Was es in diesem Viertel gibt, ist Lässigkeit, Natur und die Privatbrauerei Giesinger Bräu, die gerade 18 geworden ist und sich seit drei Jahren offiziell 7. Münchner Brauerei nennen darf. Sie hat auch einen Online-Shop, aber der Kiosk dort mit den 6er-Tragln, auf deren Karton „Bierchen?“ steht, hat Charme. Die Fans der 60er sollen auch gerne vor und nach den Spielen vorbeikommen. Die Stimmung? Natürlich gut. Ob man hier im Juli den Queen-Song der Sieger „We are the Champions“ jubeln wird?

Es gibt Bier zum Mitnehmen, und wenn die EM startet wird hier gute Stimmung sein

©Annemarie Josef

Von Viertel zu Viertel

In München kann man sich treiben lassen, auch die Gedanken. Gut so, ist man nämlich bei Queen, landet man unwillkürlich bei Frontman Freddie Mercury. Er verbrachte viel Zeit in München, im Glockenbachviertel zwischen dem romantischen Südfriedhof und dem belebten Gärtnerplatz. Sein Leben war exzessiv, das von der BBC lange Zeit verbotene Video „Living on My Own“ wurde im damaligen Travestie-Club Old Mrs. Henderson gedreht. Übrigens vom Wiener Duo Rudi Dolezal und Hannes Rossacher. Das war 1985 zu Freddies 39. Geburtstag. Jetzt heißt das Lokal Paradiso, das Interieur wirkt original. Unter Discokugeln tanzt que(e)r durchgemixtes Partyvolk jeden Alters zu Sound aus den 80ern, 90ern und HipHop.

In der Paradiso-Tanzbar feierte Freddie Mercury seinen 39. Geburtstag. Damals hieß die Disco Old Mrs. Henderson

©Florian Deventer

Das Glockenbachviertel ist nicht nur bekannt für seine Szene, sondern auch für Handwerkskunst und junges Design. Es lohnt der Blick in die Hinterhöfe, in die Geschäfte und Cafés zwischen Klenze-, Baader- und Reichenbachstraße. Die Kuchen in der Hans-Sachs-Straße im „Café Alof“ sind selbst gemacht, alles scheint hier lässig-entspannt. Die Horde junger Männer, die singend mit Bierkrügen in der Hand durch die Straßen grölt, passt weniger ins Bild. Umso cooler: Auch hier ist ein Surfer mit Rad und Brett unterm Arm unterwegs. Diesmal Richtung Isar, zur Floßlände im Münchner Süden, wo 1971 das Fluss-Surfen in dieser Stadt seinen wahren Ursprung hat. Das heißt erstmal 20 Minuten am Fluss entlangradeln.

Belebter und beliebter Hotspot, im Sommer sogar mit Gratis-Open-Air

©Peter Neusser

Zu Fuß spaziert es sich gut rechts der Isar, von der Wittelsbacherbrücke vorbei am Kiosk „Isarwahn“, im Schatten der Bäume. Die Türme der Kirche St. Maximilian und die Natur vor Augen. An der Reichenbachbrücke befindet sich der "Kiosk an der Reichenbachbrücke", darauf steht groß „Helle Freude“, er hat 24/7 offen. Die Preise trüben die Freude allerdings. München ist im Kiosk-Wahn, es gibt viele, man bekommt etwa Kaffee, Kuchen, Bier, Pommes, Chips. Der beim Eisbach heißt übrigens „Fräulein Grüneis“.

Rooftop-Bar auf dem leerstehenden Gasteig, mit Aussicht auf die Münchner Altstadt

©IMAGO/Wolfgang Maria Weber/Wolfgang Maria Weber/IMAGO

Es gilt, noch etwas zu entdecken. Auf zum Gasteig, Europas größtem Kulturzentrum, das saniert und umgebaut wird; ein weiteres Beispiel, wie Leerstand genutzt wird. Auf dem Gelände gibt es das Kultur-Angebot des „Fat Cat“: während der EM etwa das „Stadion der Träume“ mit Konzerten, Kabarett und Lesungen. Auf dem Gebäude begeistert der Kulturdachgarten mit Bar und Blick auf die Wahrzeichen der Stadt. Gute Aussichten, um den Sommer zu genießen.

Viertelliebe statt Hofbräuhaus

Das Hofbräuhaus, der Marienplatz und der Viktualienmarkt sind sehenswert. Aber es lohnt sich, so richtig einzutauchen in München. Ob Schlachthofviertel, Glockenbachviertel, Giesing, Haidhausen oder Schwabing, die Viertelliebe-Tour öffnet den Blick für bekannte unbekannte Orte und Geschichten.

muenchen.travel

Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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