Weekender

Von Apfel- bis Weinstraße: Die schönsten Seiten der Steiermark

Zwischen Apfelplantagen und Weinhängen siedeln sich immer mehr erstklassige Köche, Wirte und Winzer an. Die neuesten Hotspots.

Überblick

Beste Reisezeit

April bis Oktober, punktuell gibt es aber auch bereits gute ganzjährige Betriebe

Einwohner Steiermark (gesamt)

ca. 1,24 Mio. 

Währung

Euro

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"So früh waren die Äpfel noch nie so rot“, wundert sich Martin Leitner und hält mit seinem Kleinbus am Fahrbahnrand. Der Obmann der Steirischen Apfelstraße kennt die Strecke wie seine Westentasche. 25 Kilometer lang erstreckt sie sich über die sanften Hügel zwischen Prebuch bei Gleisdorf, über Puch bei Weiz bis nach Oberfeistritz. „Jausenwind“ nennt man hier die Lüfte, die in der Nacht von den Bergen in die Täler strömen und die Wärme des Tages wegschieben. Es ist exakt diese Geologie, die ideal für den Apfel-Anbau ist, so bekommt das Obst Farbe und Zuckergehalt. Mitte September wird der Großteil der Ernte eingefahren, und dann geht es so richtig los.

©Steiermark Tourismus / Johannes Geyer

Von Saft bis Schnaps: An der Themenstraße wird verkostet, gebrannt, gepresst. Und alten Traditionen gefrönt. „Der Apfelmann wisse, dass er versagt hat, wenn es einen besseren Apfelschnaps neben dem Abakus des laufenden Jahres geben sollte“, steht geschrieben in den Regeln der sogenannten Apfelmänner. Derzeit wird in der elitären Vereinigung der Apfelbauern eine Sorte bestimmt, die dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollkommen geheim an drei Tagen und in zwei Nächten gebrannt wird. So entstehen Schnäpse wie der Mandet 2010, der mild ist und aromatisch am Gaumen haften bleibt. Oder der Rosenapfel 2012, von dem es nur 1.444 Flaschen gibt. „Zwölf Regeln sind uns geschrieben“, sagt Josef Wilhelm, der zusammen mit seiner Frau Josefa („Pepi“) einen Ab-Hof-Betrieb führt und hebt bedächtig den Zeigefinger. „Du seist der Natur Untertan“, ist so eine, oder „Prüfe den Kunden wie dich selbst“. Denn, so heißt es weiter: „Wer den Abakus nicht ehrt, ist den Abakus nicht wert.“

Der Papst als Ehrengast

Offensichtlich ist: Selbstbewusstsein fehlt den Oststeirern nicht – auch nicht, was ihre Besucher betrifft. Von jedem Jahrgang wird eine Flasche für die Nachwelt eingemauert, erst in 100 Jahren soll sie aufgestemmt werden – außer der Papst kommt zu Besuch, denn er soll natürlich davon kosten können. Bis dahin vergnügt sich das Publikum an den aktuell verfügbaren Jahrgängen. Mit Schnaps, aber auch Apfelwein, der von vielen völlig zu Unrecht abgeschrieben wird. Martin Leitner etwa produziert solchen, frisch und leicht, nicht zu süß – ein idealer Jausenwein, wie man in der Steiermark sagt.

©Kurier/Jeff Mangione

Davon wird immer mehr gebraucht, denn das Gebiet gilt als Entdeckungsregion. „Die Sommerfrischler werden tendenziell jünger“, sagt Peter Kulmer, der in seinem Gasthaus Backhendlsalat serviert, wie er sich gehört: knusprig und mit viel Kernöl. „Viele legen wieder mehr Wert auf Tradition.“

Die neue Alpen-Adria-Küche

Das bemerken auch die Geschwister Rauch. In Bad Gleichenberg führen sie ein gehobenes Restaurant und seit einigen Jahren auch ein kleines, feines Gästehaus mit Zimmern. Würde man den Küchenchef Richard einer Küche zuordnen, wäre es wohl am ehesten das Alpen-Adria-Areal: kaum Kohlenhydrate, leicht und frisch, keineswegs üppig. Saisonales und Regionales – etwa reife, saftige Kirschen stehen im Vordergrund – ist aber stets gemischt mit internationalen Komponenten wie Muscheln oder Oktopus aus Portorož in Slowenien. (Lesehinweis: In der nächsten -Ausgabe lesen Sie darüber eine Restaurantkritik im Kulinarikressort). „Es gibt nämlich keine Ländergrenzen mehr“, sagt Richard Rauch.

©Kurier/Jeff Mangione

Und: „Zunehmend übernimmt hier die nächste Generation die Betriebe und Gastwirtschaften, es kommt Schwung in die Region.“ Sie entwickle sich, wie die Südsteiermark: Immer höhere Qualität, Pioniergeist und Mut zu Neuem. Viele würden bereits aus der Südsteiermark ausweichen, weil sie zu voll sei, sagt er. Etwas kecker betrachtet Apfelmann Josef Wilhelm die Konkurrenz: „Die Südsteirer sind den Oststeirern nur im Reden überlegen.“

©Kurier/Jeff Mangione

Szenenwechsel: Im südsteirischen Gamlitz steht im selben Moment die Sonne hoch am Himmel und taucht die steilen Weinhänge in warmes Spätsommerlicht. Spitzenkoch Joachim Gradwohl steht in der kleinen Küche seines Wirtshauses und bereitet sich für die heutigen Gäste vor. Klein, aber fein: 35 Sitzplätze gibt es, auf die Teller kommt saftiges Beef Tartare vom steirischen Freilandrind oder frische Sommerrüben in hauchdünnen Scheiben, garniert mit Beeren und Frischkäse. Klassiker gibt es auf der Karte auch, etwa das ausgelöste Backhuhn aus dem Sulmtal oder die geschmorte Rindsschulter. Gemeinsam mit seiner Lilli übernahm er vor 1,5 Jahren das „Schramms Wirtshaus“ an der Südsteirischen Weinstraße.

Nur ein kleines Stück die Straße entlang findet sich hier noch ein weiteres recht neues Gastronomieprojekt, das sich sehen lassen kann: der „Fischwirt im Urmeer“ der Familie Grossauer war von Tag eins an ein neuer kulinarischer Fixpunkt. Der Saibling – der im Häuschen vor dem Restaurant auf Weinrebenholz geräuchert wird – kommt ausgelöst und mit Oberskren auf den Tisch. So ganz haben manche Südsteirer dem Konzept nicht getraut, doch der Erfolg zeigte schnell: Hier wurde der Geschmack auf den Punkt getroffen. Der grandiose Ausblick lenkt manchmal vom Essen ab, aber wenn’s nur das ist. Küchenchef Christof Widakovich steht am Herd, der ebenfalls an Top-Adressen wie dem Wiener „Steirereck“ kochte.

©Kurier/Jeff Mangione
©Kurier/Jeff Mangione

Geballte Spitzenküche  

Und noch ein gastronomischer Höhepunkt findet sich in der Nähe: In Ehrenhausen kocht Gerhard Fuchs auf, Christian Zach fungiert in der „Weinbank“ als Spitzen-Sommelier. Nicht nur, dass sie Auszeichnungen in Hülle und Fülle erhalten, die beiden sind wahrlich eine Institution – kulinarisch ebenso wie im vinophilen Bereich. Der Dotterraviolo ist herrlich cremig, sitzt auf einer Parmesanemulsion und ist mit Sommertrüffeln garniert – ein Gedicht. Dazu wird ein Weißburgunder Alte Reben von Lackner-Tinnacher gereicht. Unschlagbar auch die wohl beste und extravaganteste saure Extrawurst der Region, herrlich saftig, zusammen mit dem Welschriesling aus dem Doppler kommt ein würzig-cremiger Geschmack auf den Gaumen, der in seiner Ausgewogenheit nicht übertroffen werden könnte. 

©Kurier/Jeff Mangione

Übrigens, wer einen Blick in den Weinkeller wirft, findet die nächste Überraschung: Hier lagern in Parzellen hinter Gittern die Lieblingsweine von Politikern und prominenten Persönlichkeiten, natürlich aber auch von Stammgästen und Weinliebhabern, die keinen eigenen Weinkeller besitzen. Wer ein solches Fach besitzt, kann mit dem Schlüssel jederzeit zu den edlen Tropfen.
Während sich die Südsteiermark also gastronomisch so intensiv entwickelt wie noch nie, etabliert sich auch die Schilcherstraße in der Südweststeiermark zunehmend für Gäste.

Schilcher in der Weststeiermark

Das war lange nicht so: Die große Roséweinregion wurde oft belächelt, dabei gibt es auch hier wahre Pioniere und Winzer die Gutes in die Flaschen bringen. In der Nähe von Deutschlandsberg steht im „Pfarrhof“ auch noch der Top-Koch Harald Irka am Herd. Unter Kennern ist er schon lange kein Unbekannter mehr, kochte der heute knapp 30-Jährige doch auch schon in der „Saziani Stubn“ in  Straden auf hohem Niveau. Seine Gerichte sind optische Kleinode, fast zu schön um sie zu essen. Das wäre aber schade, denn sie sind schlicht genial, mit viel frischem Gemüse und Kräutern, in feinster Handarbeit angereichert mit Tupfern von Cremen und Emulsionen oder Stückchen von Fruchtfleisch. Dass hier mit unfassbar viel Gefühl gearbeitet wird, bleibt auch dem schlichtesten Gaumen nicht verborgen.

Und dann gibt es auch noch das Vulkanland, eine Region, die durch ihre vielen Unterregionen in der gesamten unteren Steiermark kaum zu fassen ist – das starke Selbstbewusstsein eint aber alle. Vor allem in Klöch, wo der Gewürztraminer dominiert. Oder in Straden, wo weiße Burgundersorten dem Sauvignon Blanc zunehmend Konkurrenz machen. Auch der Grauburgunder fühlt sich hier wohl, ist Straden für diese Rebsorte mittlerweile fast ein mythischer Herkunftsort. Oder in Kapfenstein, wo mittlerweile kräftige Rotweine gekeltert werden. Die nördlichen Bereiche des Vulkanlands sind hingegen nahezu unbekannt, hier bleibt der Wein meist in der Region selbst – umso lohnender, vorbeizufahren und zu verkosten. 
Um die untere Steiermark zu entdecken, ist die Zeit also stets zu knapp, daher gibt es für den Start auf der rechten Seite Tipps und Adressen für ein verlängertes Wochenende. Und dabei nicht vergessen: Kernöl gehört überall dazu, ist quasi ein Grundnahrungsmittel, guten Appetit!   

TIPPS und ADRESSEN für ein langes Wochenende:

Marlene Auer

Über Marlene Auer

Chefredakteurin KURIER-freizeit. War zuvor Chefredakteurin bei Falstaff und Horizont Österreich, werkte auch als Journalistin im Bereich Chronik und Innenpolitik bei Tages- und Wochenzeitungen. Studierte Qualitätsjournalismus. Liebt Medien, Nachrichten und die schönen Dinge des Lebens.

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