Unbekanntes Wien: Ein Bauwerk für Buddha

Ein Denkmal für den Weltfrieden mitten in Wien? Die Friedenspagode ist so schön wie kaum bekannt.

Weltfrieden. Was als Antwort nach dem innigsten Wunsch bei Miss-Wahlen gern verspottet wurde, ist heute angesichts des Überfalls Russlands auf die Ukraine längst kein naives Begehr mehr. Der Traum von der Eintracht der Völker ist auch nicht neu. 1983 stand es ebenfalls nicht gut um die Welt, lehrt uns der Blick zurück: Zwischen Ost und West herrschte Kalter Krieg. Mindestens zweimal stand die Welt am Rande eines Atomkrieges, einmal, als ein sowjetischer Oberst einen US-Raketenangriff richtigerweise als Fehlalarm einschätzte – und so einen Weltkrieg verhinderte.

Zwei Mönche in Wien

1983 gab also Anlass zur Sorge. Es war aber auch in anderer Hinsicht eine bemerkenswerte Zeit: Der Buddhismus wurde in diesem Jahr in Österreich offiziell als staatlich anerkannte Religionsgemeinschaft anerkannt. Und nahm damit eine Vorreiterrolle ein: Als erster Staat in Europa tat Österreich das.

Bauwerk mit Botschaft: Der japanische Mönch Nichidatsu Fujii wollte Friedensdenkmäler auf der ganzen Welt

©Wikimedia Commons/Dozor/CC-BY-SA-4.0

Das passierte im Februar. Im September wiederum erfolgte die Einweihung einer buddhistischen Friedenspagode im zweiten Bezirk, in Wien-Leopoldstadt – und das hatte mit zwei Mönchen zu tun.

Diese kamen 1982 nach Wien und äußerten Pläne zum Bau einer solchen Stupa, also einem buddhistischen Bauwerk, das Buddha und seine Lehre Dharma symbolisiert. Als sie bei Elisabeth Lindmayer und ihren Eltern, die an dem Platz an der Donau ein Restaurant betrieben, nach Unterkunft fragten, stießen sie bei Lindmayer auf offene Ohren – sie unterstützte das Projekt fortan.

Das Gelübde des Ordens

Warum ein solches Denkmal? Das hat mit dem japanischen Mönch Nichidatsu Fujii (1885-1985) und seinem buddhistischen Nipponzan Myohoji-Orden zu tun. Dieser hat es sich nämlich zur Aufgabe gemacht, überall auf der Welt solche Stupas zu errichten. Mehr als hundert sind es geworden: allesamt eine Botschaft des Friedens.

Und tatsächlich ist die Friedenspagode nahe des Freudenauer Hafens am Donau-Ufer ein in seiner weißen Demut wunderbar wirkendes Denkmal, schön und still und würdevoll. 28 Meter misst es an Höhe. Wer die Stufen betritt, kommt auf ein kreisförmiges Plateau, auf dem man rund um die Pagode gehen kann. Die Kuppel mit der goldenen Buddha-Statue in der Mitte wirkt ehrenvoll und feierlich. Erreicht werden kann die Stupa etwa mit der U2, wenn man bis zur Station Donaumarina fährt, und danach mit dem Bus 79 A bis „Friedenspagode“. Auch der Stadtwanderweg 9 führt daran vorbei.

Feierlich: Freude, Frieden, Luftballons

©ÖBR

Hiroshima und Nagasaki

Dass der Grundstein zum Mahnmal übrigens am 9. August 1982 gelegt wurde, ist kein Zufall: Es ist ein Jahrestag des Atombombenabwurfs 1945 auf Nagasaki im zweiten Weltkrieg. Dieser und jener auf Hiroshima am 6. August 1945 führten zu dem Friedensgelübde, das die Mönche und Nonnen des Nipponzan Myohoji-Ordens leisteten. Geplant wurde der Bau der Friedenspagode (neben der noch ein dazugehöriger Tempel steht, in den auch Nicht-Buddhisten zum Beten und zur Einkehr eingeladen sind), von Franz Richard Schnabel.

Wahrer Frieden ist dann erreicht“, so einst der Mönch Nichidatsu Fujii, dem Wien die Pagode verdankt, „wenn die Menschen sich verpflichten, niemals anderen nach dem Leben zu trachten und den Gedanken an das Töten aufgeben.“ Ein Gedanke, der so aktuell ist wie nie zuvor.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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