Mohn-Landschaften: Im Waldviertel ist Blütezeit
Auf 1.500 Hektar blüht derzeit der Mohn. Die Felder leuchten in Rot, Weiß und Lila – das Naturschauspiel währt nur kurz, die Tradition schon lange.
Was haben Champagner, Prosecco, Parmaschinken und Waldviertler Graumohn gemeinsam? Sie alle sind regionale Spezialitäten, deren Namen in der EU geschützt sind.
Auf 1.500 Hektar wachsen im Waldviertel die Mohnpflanzen – und so deutlich sichtbar wie im Moment ist das nur für kurze Zeit. Es ist Blütezeit. Ein rot-weiß-lila Blumenmeer überzieht die Region. Um dieses Naturschauspiel zu sehen, muss man sich beeilen, nach etwa zwei Wochen ist es vorbei.
Jede Mohnpflanze blüht nur einen Tag lang, danach wirft sie ihre vier Blütenblätter ab und steckt ihre ganze Energie in die Reifung der Samen in den Kapseln. Erntereif ist der Mohn Mitte ab Ende August.
Lange Tradition
Der Mohnanbau hat hier, wie Aufzeichnungen des Stiftes Zwettl zeigen, viele Jahrhunderte Tradition – hatte allerdings seine wahre Blütezeit in der Zwischenkriegszeit, da wurde der Mohn aus dem Waldviertel an der Londoner Börse gehandelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging der Mohnanbau stark zurück, Mohn wurde aus Polen und der Tschechoslowakei importiert. Bis sich in den 1980er-Jahren eine Initiative im Waldviertel gegründet und die alte Tradition wieder zurückgeholt hat – allerdings mit modernen, maschinellen Mitteln.
Und das äußerst erfolgreich: Im Bezirk Zwettl gibt es sogar ein ganzes Dorf, das sich der Kulturpflanze verschrieben hat. „Wir haben geschafft, das Waldviertel zum Mohnviertel zu machen“, sagt Edith Weiß, Obfrau des Mohndorfs Armschlag.
Touristische Vermarktung
Ein Verein sorgt seit 33 Jahren für die (touristische) Vermarktung des Graumohns. „Wir freuen uns noch immer, wenn der Mohn blüht, wir schauen in der Früh, wenn sich die Mohnblüten öffnen, als hätten wir das noch nie gesehen“, sagt Weiß. Deswegen gibt es bis 16. Juli auch täglich das „Mohnblütenerwachen“, da können Gäste morgens mit dem Traktor direkt zu den Feldern fahren – 15 Hektar Anbaufläche gibt es rund um Armschlag – und erfahren dort die Geschichte und die Bedeutung für die Region. Danach wird der Mohn formvollendet probiert – Mohnnudeln warten.
Im Ort gibt es beim Mohnwirt Neuwiesinger jeden Samstag im Juli einen Frühschoppen mit Musik. Auf der Speisekarte steht etwa 45 Mal das Wort Mohn – überall ist er drauf oder drinnen, neben Klassikern, wie Mohnnudeln oder Mohnzelten, gibt es auch Mohnpesto oder -senf. Wer den Mohngeschmack nicht mag, kann auf Weißmohn umsteigen – „eine Rarität mit leicht nussigem Geschmack“, erklärt die Expertin.
Wer es in den nächsten zehn Tagen nicht mehr zur Mohnblüte schafft, kann am 3. Sonntag im August zum Mohnstrudelwandertag kommen. Rund um Armschlag gibt es ein weitläufiges „Mohnstrudelwandernetz“, „wenn man das geht, zieht es sich wie ein Strudelteig“, so Weiß. Und zur Belohnung gibt es, wie könnte es anders sein? – einen Mohnstrudel.
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