Mit dem Hausboot durch Irland: Ein Pub ist stets in der Nähe

Immer auf dem Wasser und trotzdem umgeben von sicherem Land mit grünen Wiesen: Das ist Hausbooturlaub in Irland. Die freizeit hat sich auf den Weg gemacht.

Von Klaus Puchleitner

Alles beginnt mit Sean, Liam, Padraig, William oder wie sie alle heißen, die Einweiser der diversen Hausbootverleiher. Fast immer sehen die Herrschaften aus, wie man sich gestandene Iren vorstellt, und in vielen Fällen heißen sie eben auch genauso. Sie sind jedenfalls die wichtigsten Menschen, wenn es um einen entspannten Bootsurlaub auf diesen verträumten, versponnenen und verwinkelten irischen Flüssen und Seen geht, die im Sommer von Urlaubern regelrecht gestürmt werden.

Denn Sean, Liam, Padraig und so weiter erklären einem, wie das geht, einen Hausbooturlaub zu machen: Ablegen, anlegen, die zumeist trägen Schiffe steuern, Schleusen bedienen, ankern – das alles ist für uns Mitteleuropäer exotische Materie. Weil aber mit einem Hausboot in Irland alle fahren dürfen, auch wenn sie keinen Bootsführerschein oder Segelschein besitzen, will das rudimentäre seemännische Wissen zumindest in einem kurzen Kurs vermittelt werden, bevor es dann hinaus aufs Wasser geht. Und genau das tun eben die Einweiser der Bootsverleiher vor Beginn jedes Trips. Eine bis zwei Stunden dauern diese Crashkurse für gewöhnlich, die mitteleuropäische Familienväter in die Lage versetzen sollen, ihr Hausboot sicher über Flüsse, Seen und durch Schleusen zu steuern.

Anlegen: Die Einheimischen mit ihren bunten Holzbooten zeigen, wie’s geht

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Barbara Franzoni/Alamy Stock Photos/Barbara Franzoni/mauritius images

Ein Boot zu bewegen ist keine Hexerei, aber auch nicht ohne. Immerhin schippert man auf einem gut zwei oder drei Tonnen schweren Gefährt durch die Gegend, dessen Trägheitsmoment schon den einen oder anderen Schaden anrichten kann. Außerdem will das Manövrieren in die Marinas gelernt werden, sind unterwegs Schleusen zu bedienen, und so weiter. Aber Sean, Liam, Padraig, William und ihre Kollegen – so gut wie nie sind es Kolleginnen – haben das gut drauf und sind geschickt darin, das nötigste Wissen an den Mann oder an die Frau zu bringen, damit die Freizeitkapitäne und -kapitäninnen danach halbwegs sattelfest durchs Land schwappen können. Manche Bootsverleiher bieten auch die Möglichkeit, den Schnellkurs schon vor Antritt der Reise via Internet abzuwickeln.

Die reine Idylle

Im Hausboot durch Irland schippern also. Der Shannon, der Erne, der Shannon-Erne-Canal oder der altehrwürdige Grand Canal, dazu der Lough Ree, der Upper sowie der Lower Loug Erne, der Lough Derg, der Lough Key oder auch der Lough Allen – das sind Irlands bevorzugte Flüsse und Seen, auf denen reger Hausbootverkehr herrscht. Auf diesen Wasserwegen durch die grüne Insel zu mäandern, ist schlicht und einfach großartig. Man schaukelt auf sanften Wellen in pittoreske Sonnenuntergänge, gleitet im Schritttempo verwunschene Ufer entlang, steuert sein Boot durch überraschende Twists und Biegungen, hinter denen jederzeit neue Geheimnisse und Entdeckungen lauern können, man weiß ja nie.

Gleiten über spiegelnde Seen, durchgondeln unter malerischen Brücken, steinalte Schleusen passieren – das ist Hausbooturlaub made in Ireland. An Deck sitzen, abends ein Guinness oder ein Glas Whiskey genießen, während das Boot sanft schaukelt, Sodabrot essen. Kurz: eine Idylle.

Die beliebteste und bekannteste Route ist der Shannon-Erne-Waterway zwischen dem Städtchen Banagher im Herzen der Insel und dem Lower Lough Erne in Nordirland. Kombinationsmöglichkeiten diverser Teilrouten, die eine oder zwei Wochen oder auch nur zwei oder drei Tage in Anspruch nehmen, gibt es viele. Mindestausleihdauer ist in der Regel eine Woche, während der man dann bei Routenwahl, Reisegeschwindigkeit sowie Verweildauer unterwegs in einer der vielen Marinas völlig frei ist. Einen fixen Fahrplan, dem man verpflichtet wäre, muss man nicht bekannt geben. Lediglich Rückgabezeitpunkt und -ort sind einzuhalten.

Die Einstiegsstellen Banagher, Athlone, Carrick-on-Shannon sowie Bellanaleck bieten unterschiedliche Routen 

©Grafik

Zwei Zentren gibt es, von denen aus die meisten Touren starten, beide liegen im Herzen der Insel. Da ist einerseits das Städtchen Athlone, mehr oder weniger direkt an der Ost-West-Verbindungsautobahn zwischen Dublin und Galway gelegen. Und andererseits weiter nördlich der Ort Carrick-on-Shannon, der vielleicht noch bessere Ausgangspunkt für eine Bootstour. Denn von dort aus hat man die Wahl: nach Süden schippern, über den Loug Ree, durch Athlone und vorbei am Dörfchen Banagher, ebenfalls eine beliebte Einstiegsstelle ins Hausboottour-Leben, in Richtung des immer breiter werdenden Mündungstrichters des Shannon. Oder nach Norden, wo man dann vom Shannon bald einmal rechts in den Shannon-Erne-Kanal einbiegt, der direkt in die wunderbaren Fermanagh Lakelands führt. In den Upper Loug Erne mit seinen Hundertschaften kleiner Inselchen und schließlich über das wild durch die Gegend biegende Flüsschen Erne in den großen Lower Lough Erne und seine malerische Wasserlandschaft, die ihresgleichen sucht.

Reihenweise warten unterwegs kleine Inseln mit alten Castles, zum Beispiel am Lough Key

©The Image Bank Unreleased/Getty Images

Allein die Lakelands zu erkunden, kann mehrere Hausbooturlaube füllen. Ein guter Ausgangspunkt dafür ist auch das Städtchen Bellanaleck, das zwischen den beiden Erne-Seen liegt. Unterwegs begegnet einem dann so gut wie immer alles, was interessant ist und Spaß macht. Mit dem Hausboot durch Irland schippern ist eine bunte Wundertüte unbekannter Erfahrungen, neuer Eindrücke und fremdartiger kleiner Abenteuer.

Sightseeing ist omnipräsent, denn an den Wasserwegen und Seeufern warten zahlreiche Castles oder versponnene Museen in alten Dorfhäusern, die erkundet werden wollen. Zum Beispiel ganz oben, am nordwestlichen Ende des Lower Lough Erne, der Ort Belleek mit seinen Keramik-Werkstätten. „Belleek Pottery“ ist eine echte Weltmarke. Oder Devenish Island am Südufer mit all seinen historischen Stätten. Verweilen an den Seen bietet sich jedenfalls an, die zahlreich an den Ufern verteilten Marinas und Anlegestellen der diversen Hotels bieten alles, was man braucht. Wassersport gibt es fast überall – etwa am Hodson Bay Hotel und in Quigleys Marina am Lough Ree. Baden geht immer, aber Achtung: Irland! Das heißt: Auch im Hochsommer sind die Wassertemperaturen mit Vorsicht zu genießen.

Idylle genießen: Ein Hausboot bei Sonnenuntergang bringt alles in Fluss 

©Holger Leue für Le Boat

Wann immer man ein Städtchen oder Dörfchen passiert, das direkt an einem der Flussläufe liegt, findet sich irgendwo eine gute Möglichkeit, anzulegen, stets in der Gewissheit, das nächste Pub ist mit Sicherheit gleich ums Eck. Mit dem Hausboot von Pub zu Pub zu schwappen, diese irischen Institutionen der Gastfreundlichkeit und Gemütlichkeit per Boot abzuklappern – eine ganz besondere Form des Hausbooturlaubes.

Das kommt in den Koffer

Grundsätzlich gilt auf den meist engen Hausbooten: Platz ist ein knappes Gut. Man sollte also darauf achten, nicht zu viel einzupacken. In Irland sind auch im Hochsommer ein warmer Pullover und eine Regenjacke sowie eine wetterbeständige Kopfbedeckung eine gute Idee. Nicht vergessen: Am Wasser strahlt die Sonne kräftiger, also auch guten Sonnenschutz einpacken. Festes Schuhwerk für Landbesuche braucht es ebenfalls und für das Leben an Bord empfehlen sich bequeme Schuhe mit einer Gummisohle, die nicht abfärbt. Wer durch Irland schippert, sollte nicht darauf verzichten, an Bord original irische Literatur zu konsumieren, Empfehlung: „Irisches Tagebuch“ von Nobelpreisträger Heinrich Böll. Und irische Musik braucht es auch, doch die gibt es in jedem Pub gleich um die Ecke der nächsten Marina.

Boot, Golf und die große Liebe Auch Exotischeres geht, zum Beispiel: Hausboot und Golf. Über 400 Golfplätze gibt es in Irland, viele davon liegen an Flüssen oder in kleinen Städten, die über Bootsanlegestellen verfügen. Mit ein wenig Planung lässt sich ein eine oder zwei Wochen langes Abschlagen und Anlegen problemlos verbinden.

Sightseeing-Stopps entlang des Shannon, etwa bei den Klosterruinen von Clonmacnoise
 

©Getty Images/Andrea Pistolesi/Getty Images

Auf der Tour von Athlone über Carrick-on-Shannon in den Lower Lough Erne liegt zum Beispiel der Athlone Golf Club gleich neben der Anlegestelle des Hodson Bay Hotels am Lough Ree. Oder weiter nördlich der Carrick-on-Shannon Golf Club am kleinen Lough Drumharlow. Und auf einer Insel im Lough Erne der vom früheren Supergolfer Nick Falso designte Lough Erne Golf Course mit einer Anlegemöglichkeit direkt zwischen dem siebten Grün und dem achten Abschlag.

Alte Heldenfriedhöfe und ihre Geschichten, kuriose Museen und mehr – beinahe hinter jeder Flussbiegung wartet ein neues Mikroabenteuer
 

©Hausboot Irland/Carrickcraft

Mit dem Hausboot in Irland unterwegs sein, das kann jedenfalls was, das hat was. Es ist der Hauch einer Ahnung von der großen Freiheit, ein Anflug von Vagabundenleben, ein zarter Geschmack vom endlosen Unterwegssein, vom ziellosen Herumstreunen durch die Gegend. Mit den vielen Mikroabenteuern, die an jeder Ecke warten, hinter jeder Flussbiegung und in jeder Marina, ist es eine ganz besondere Form von Urlaub. Wer das einmal gemacht hat, wird es lieben. Nicht umsonst können die Seans, die Liams, die Padraigs oder die Williams, die Einweiser der Hausbootverleiher also, Wunderstorys von glänzenden Augen enthusiasmierter Touristen erzählen, die beim Zurückgeben ihrer Boote immer deutlich entspannter, gelöster und vor allem glücklicher wirken, als noch eine oder zwei Wochen zuvor beim Ablegen.

Gut zu wissen

Anreise 

Flugverbindungen der irischen Nationalfluglinie Aer Lingus gibt es fast täglich von Wien nach Dublin. Auch die AUA hat in den Sommermonaten Verbindungen von Wien, Salzburg, Innsbruck und  Graz nach Dublin im Programm.  
aerlingus.com, austrian.com  
 
Wie man an Bord geht

Buchen lassen sich Hausboote in Irland online über diverse Anbieter. Fast alle inkludieren auf Wunsch Transfers von und zu den Flughäfen – meist Dublin. Die Regel sind ein- oder zweiwöchige Touren, bei denen Ausgangs- und Zielpunkt derselbe ist, das Boot also dort zurückgegeben wird, wo man es ausgefasst hat. Einwegmieten sind in Ausnahmefällen möglich, werden von den Verleihern aber nicht so gerne gesehen. Mittlerweile gibt es eine auch in Österreich tätige Internet-Plattform namens „Boataround.com“, die sich auf die Vermittlung und Buchung von Hausbooten spezialisiert hat: „180 Hausboote in Irland haben wir im Programm“, sagt Sprecherin Anna Unterweger.
Infos: boataround.com, hausbootirland.deshannon-travel.de, leboat.de 

 

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