Dem Käse auf der Spur: Aroma-Kur in Österreich
Neben Wanderungen von Alm zu Alm, von Alpe zu Alpe oder der Käsestraße entlang, ist auch der Besuch eines Sennkurses ein ausgesprochen lohnendes Urlaubserlebnis
"Käsemachen ist immer auch ein bisschen Zauberei", sagt Werner Fritz. Der Inhaber vom Käsehaus Montafon in Schruns meint damit aber nicht, dass bei der Herstellung in irgendeiner Weise getrickst wird, sondern er spielt damit auf die Verwandlung "eines hochwertigen Produktes in ein noch hochwertigeres" an.
Aus der frischen Milch Vorarlberger Kühe entstehen Gaumenschmeichler wie Alp- und Bergkäse, Bachensteiner, Camembert, Emmentaler, Kräuter-, Räß- oder Quittenkäse. Und die Regionalspezialität Sura Kees. Wie Käsemachen geht, können Interessierte in mehreren Sennschulen im Ländle erfahren (siehe dazu auch Infokasten Seite 190).
So auch in jener von Werner Fritz. Der Mittfünfziger weiß alles über das Naturprodukt, er ist Käsesommelier und, wie er sich gerne selbst nennt, ein Käse-Dealer – und das im besten Sinn des Wortes. Sein Käsehaus umfasst nämlich auch einen Hofladen mit Spezialitäten aus dem Ländle, darunter etliche regionale Sorten, die es nur hier gibt. Im Restaurant nebenan kann man sich dann auch gleich durch die aromatische Vielfalt kosten – von der Käsesuppe und Käseplatten über Raclette und Kaspressknödel bis hin zum "Vorarlberger Nationalgericht", den berühmten Käsknöpfle.
Wer dem Genuss vollends auf die Schliche kommen möchte, findet sich zum Sennkurs ein. Da hat jeder Teilnehmer die Möglichkeit, in gut zwei Stunden seinen eigenen Fetakäse herzustellen. "Dieser Käse ist optimal, weil man ihn in dieser relativ kurzen Zeit fertig bekommt und so unmittelbar ein schönes Erfolgserlebnis hat", sagt Werner Fritz.
Doch zuvor erzählt der Profi noch viel Grundlegendes und Wissenswertes: etwa über die Almwirtschaft in Vorarlberg mit noch gut 130 bewirtschafteten Sennalpen; über die rund 8.000 Milchkühe, die im Sommer hoch auf den Almen grasen und dort beste Kräuter, Blumen und Gräser fressen. Die Tiere werden zwei Mal täglich gemolken, die Milch dann umgehend auf der Alpe zu Käse verarbeitet, etwa zu würzigem Alp- oder dem milderen Frischkäse.
Sura Kees neu entdeckt
Ein Herzensthema von Fritz ist zudem der sogenannte Sura Kees, eine regionale Spezialität des Montafon, die der Sommelier vor einigen Jahren wiederentdeckt hat. Seither macht er Käsefans neugierig darauf. Fritz: "Die Erzeugung dieses Sauermilchkäses kann im Montafon bis ins Jahr 1240 zurückverfolgt werden. Der Käse dokumentiert somit eine der ältesten Traditionen der Käseherstellung im Alpenraum."
Dabei lag der Herstellung dieses Magermilchkäses ein profaner Grund zugrunde. Das Montafon fiel 1394 an die Habsburger, prompt mussten die Bauern beachtliche Mengen Butterschmalz und Butter an die Reichsverwaltung abliefern. "Bei der Herstellung sind große Mengen an Magermilch angefallen, die von den Bauern zu Sura Kees verarbeitet wurden", ergänzt Fritz und präsentiert zu Anschauungszwecken im Rahmen seiner Kurse den Sura Kees in den unterschiedlichsten Reifestadien.
Anfangs ist der Käse schneeweiß, krümelig und schmeckt säuerlich-topfig. In Laibform gepresst, wird er mit einer speziellen Paprikamischung eingerieben und so in den Käsekeller auf Lager gelegt. Im Zuge der Reifung setzt der Käse eine blau-grüne Schimmelschicht an – ein Zeichen dafür, dass die Molke austreibt.
"Der Käse beginnt zu blühen, wie das im Fachjargon heißt", erklärt Fritz und weiter: " Je länger der Käse reift, desto gelblicher und schmieriger wird er außen. Er entwickelt eine spezielle Rinde, die sogenannte Muffa." Je länger der Käse lagert, desto aromatischer und geruchsintensiver wird er. "Dabei muss er nicht einmal im Kühlschrank gekühlt werden, denn er ist Bakterien gegenüber unempfindlich“, sagt Fritz.
Am Ende des Reifeprozesses ist der Sura Kees von einer glasig-glänzenden Muffa mit stellenweise rötlicher Schmiere überzogen. Je dicker die Muffa, desto älter und würziger der Käse – ein Geschmackserlebnis! Auch ernährungstechnisch ist der Sura Kees interessant, denn er liefert bei wenig Fettgehalt viel hochwertiges Eiweiß. Bei Kater soll der Käse – angeblich – ebenfalls Wunder bewirken.
Mit Lab und Liebe
Unterdessen herrscht bei den Teilnehmern des Käsekurses reges Treiben. Jeder ist am Werken und Tun. Vorsichtig und mit der Kontrolle eines Thermometers wird in kleinen Kesseln die Milch erwärmt. Mit ein bisschen Lab, Liebe und unter ständigem Rühren gerinnt die Milch. Ein Käsebruch entsteht, der nach weiteren Arbeitsschritten in eine Form gepresst wird.
Werner Fritz: "Auf diese Weise entstehen wunderschöne, kleine Käse in der Größe von 150 bis 200 Gramm, die jeder Teilnehmer mit nach Hause nehmen und nach zwei bis drei Tagen Pflege genüsslich verzehren kann." Womit wir wieder bei der eingangs erwähnten Zauberei wären. Die Herstellung von Käse hat, erst recht, wenn man selbst Schwingbesen und Drahtkelle geschwungen hat, tatsächlich etwas Magisches.
- Sennschule Ingo Metzler in Egg, Bregenzerwald: In der Sennschule von Ingo Metzler stellen Teilnehmer aus frischer Milch und ausgewählten Zutaten Frischkäse nach altem Rezept her. Dazu gibt es Wissenswertes zum Thema Käseherstellung, z. B. welche Rolle die Molke dabei spielt. Dauer: ca. 4 Stunden. Preis/Pers.: 79 € inkl. Aperitif, Molkegetränke, Käsejause, 600 Gramm selbst gemachter Käse, Rezepte, Schürze. www.molkeprodukte.at
- Käsehaus Montafon, Schruns: Die Sennschule im Käsehaus Montafon in Schruns bietet ein spezielles Erlebnis für Einzelpersonen oder Gruppen. In 1,5 bis 2 Stunden wird unter fachkundiger Anleitung Feta-Käse produziert. Zum Abschluss gibt es ein feines Bauernbuffet mit regionalen Köstlichkeiten. Preis/ Person: 49 €. www.kaesehaus-montafon.com
- biosphärenpark.haus, Gr. Walsertal: Im biosphärenpark.haus tauchen Besucher in die Welt der Walser Senner ein, erhalten Einblick in 500 Jahre altes Wissen, wie aus Milch der „Walserstolz“ entsteht. Neben dem Sennkurs „Erlebnissennen“ gibt es Führungen mit Verkostung und Schausennerei. www.grosseswalsertal.at
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