
Musik und Sex: Küssen zu Kiss und Petting zu Zappa
Musik, Sex und Nostalgie: Von Songs, zu denen man das erste Mal küsste, das erste Mal miteinander schlief und sich das erste Mal trennen musste.
Kurt hieß er, doch die meisten sagten „Kurtl“ zu ihm. Der Kurtl legte irgendwo in Wien auf, in den späten 1970er-Jahren, was ihn auf der Begehrensskala ganz weit nach oben katapultierte. Wahnsinnig fesch war er nämlich nicht, irgendwie herzig, ja – aber fesch ging damals anders. Er beeindruckte trotzdem: einerseits mit seinen spitzen Stiefeln, andererseits mit seinen engen Jeans, vor allem aber mit seiner Platten- und Kassettensammlung. Die machte ihn erst so richtig sexy.
Der Kurtl hatte für alle Lebens- und Liebeslagen den richtigen Song parat – von A wie Aerosmith bis Z wie Zappa. Eine Tatsache, die den sonst recht platten Satz Magst du noch mit raufkommen, meine Plattensammlung anschauen? damals zu einer Art Zauberspruch werden ließ, für den nicht wenige sehr, sehr dankbar waren. Mehr noch: zu einer zutiefst philosophischen Frage – weil: Kurtls Leben war Musik. Und die Musik war Kurtl. Wer mit ihm für eine Runde „Petting“ oder mehr ins Bett kroch, schlief nicht nur mit dem Kurtl, sondern auch mit seiner Platten- und Kassettensammlung. Mit seinen Lieblingsballaden und seiner Leidenschaft dafür, mit seiner Musikgeschichte. Heute noch erinnern sich jene, die mit ihm „was hatten“, an jenen Song, den er meist zum Vorspiel auflegte: „Music was my first love“ von John Miles, dessen Refrain so ging:
Music was my first love
And it will be my last.
Music of the future.
And music of the past.
Kurtls Leben war Musik. Und die Musik war Kurtl. Wer mit ihm für eine Runde „Petting“ oder mehr ins Bett kroch, schlief nicht nur mit dem Kurtl, sondern auch mit seiner Platten- und Kassettensammlung.
Sex ohne Musik? Undenkbar!
Leider lebt der Kurtl nimmer, er legt schon seit vielen Jahren im Himmel auf. Richtig, ja: Das ist eine nostalgische Kolumne mit schmunzelnden Untertönen. Eine, die zeigen soll, wie sehr Musik an Bildern klebt, die längst vorüber sind. Auf eine schöne und besondere Art. Auch, weil die Liebe oder eben der Sex ohne Musik kaum denkbar ist. Was schon allein daran erkennbar wird, dass fast jedes Paar noch Jahrzehnte nach dem ersten Kennenlernen sein „Lied“ summen kann. Der Song, als sich zwei erstmals trafen oder das erste Mal berührten und küssten. Der Punkt in dem Song, an dem es plötzlich „Zoom!“ gemacht hat. Das macht die besondere Magie von Musik aus.
Auch wissenschaftlich ist untermauert, wie sehr Noten und Töne ihre Spuren im Gehirn hinterlassen. Speziell die Musik, die Menschen zwischen ihrem 14. und 30. Lebensjahr gehört haben, bleibt ewig verankert. Erst vor Kurzem hat eine Studie, die in „Human Brain Mapping“ veröffentlicht wurde, gezeigt, dass Musik, die nostalgische Gefühle hervorruft, ein einzigartiges Netzwerk von Gehirnregionen aktiviert, das mit Gedächtnis, Selbstreflexion und Emotionen verbunden ist. So entsteht im Laufe eines Daseins ein autobiografischer Soundtrack – und der hat natürlich auch ganz viel mit Sex zu tun. So untersuchte im Jahr 2023 eine Masterarbeit von Delia Petik an der Uni Wien den Einfluss des Musikhörens auf sexuelle Erfahrungen im Alltag. Die Ergebnisse zeigten, dass die Studienteilnehmer nach dem Hören von Musik von intensiveren sexuellen Gedanken und einem gesteigerten sexuellen Verlangen berichteten. Wenn dann auch noch der Partner oder die Partnerin beim Musikhören anwesend war, wurde sogar eine erhöhte Erregung festgestellt.
Von Aerosmith bis Zappa: So betrachtet, wusste der gute Kurtl damals instinktiv, was er tat, wenn er den Damen seine legendäre Musiksammlung präsentierte. Und genau das macht ihn ein bisserl unsterblich.
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