Guidos Kolumne: Theater riecht gut
Meine Theaterleidenschaft erwachte früh. Als Kind schrieb ich das Stück "Der Drache und das Brot", das nie aufgeführt wurde.
Unlängst saß ich im Burgtheater, sah eine hervorragende Inszenierung von "König Lear" und war glücklich. Ein paar Tage später saß ich in einem kleinen Theater und sah die womöglich schlechteste Vorstellung meines Lebens und war immer noch glücklich. Wobei: Das stimmt nicht. Die schlechteste Vorstellung meines Lebens war "Nathan der Weise" bei den Salzburger Festspielen im Sommer 2023.
Die Schauspieler wanderten fast fünf Stunden lang über eine sich stetig drehende Bühne, sagten monoton ihren Text auf und taten so, als würden sie einander nicht sehen. Mir war schwindlig von diesem sich drehenden Dauerwandertag, und zum ersten und einzigen Mal bedauerte ich es, dass man als Kritiker nicht vorzeitig gehen darf.
Meine Theaterleidenschaft erwachte früh. Als Kind schrieb ich das Stück "Der Drache und das Brot", das nie aufgeführt wurde. Es scheiterte daran, dass ich sowohl Drache als auch Brot spielen wollte. Später, als Gymnasiast, versuchte ich mich mit mäßigem Erfolg im Schultheater. Bei meiner ersten Aufführung stand ich konsequent mit dem Rücken zum Publikum.
Dass ich später Theaterkritiker wurde, war dennoch nur logisch. Theater ist die Kunst, aus Sprache und Bühnenstaub neue Welten zu formen, die nur im Augenblick existieren. Wenn die Scheinwerfer verlöschen, spätestens wenn die Zuschauer das Theater verlassen haben und beim späten Abendessen sitzen, zerfallen diese Welten wieder zu Staub.
Gute Schauspieler können Bilder in die Luft werfen, die dort schweben bleiben. Ich habe im Lauf der Jahre hunderte Stücke gesehen, in Theatern, in einem ehemaligen Krankenhaus, auf der Straße, in einem Luftschutzbunker. Stets habe ich mich dort zu Hause gefühlt. Theater riecht gut: nach Holz, Farbe, Schminke und ein wenig Angst. Es ist ein großartiger Ort, um neue Welten zu besichtigen.
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