Guidos Kolumne: Ich kam mir ungeheuer künstlerisch vor
Schriftsteller, das war mein Traumberuf.
In diesem Augenblick mache ich etwas sehr Schönes: Ich schreibe für Sie.
Als ich 16 Jahre alt war, kam mir zum ersten Mal der Gedanke, ich könnte durch Schreiben meinen Lebensunterhalt verdienen. Ich stellte mir das ungemein lässig vor: Man sitzt nachts an der Schreibmaschine – damals, liebe Kinder, schrieb man noch mit Schreibmaschinen, die waren wie ein Computer, nur ohne Bildschirm – und denkt sich ungeheuer elegante Formulierungen aus. Und befüllt nebenbei einen Aschenbecher mit Zigarettenstummeln. Schriftsteller, das war mein Traumberuf.
Daher war es für mich beinahe Pflicht, in der Schule – der Unterricht interessierte mich eher mäßig – Gedichte, Geschichten oder Theaterszenen in ein Heft zu schreiben. Ich kam mir dabei ungeheuer künstlerisch vor.
Leider, oder zum Glück, sind diese Hefte verloren gegangen. Mich würde interessieren, wie peinlich mir die Texte von damals heute wären. Und wer weiß: Vielleicht fände ich sie ja gut.
Dass ich dann Journalist wurde, war ein Zufall. Ich spielte in einer Band und brauchte Geld für Gitarren und Zubehör. Also begann ich, für eine kleine Zeitung zu arbeiten. Dann bewarb ich mich beim KURIER – und jetzt sitze ich immer noch hier und schreibe für Sie.
Seit einiger Zeit versuche ich mich aber nebenbei wieder als Schriftsteller. Ich schreibe satirische Märchen für Erwachsene. Satirisch, weil es lustig sein soll. Für Erwachsene, weil ich glaube, dass Märchen in Wahrheit für Erwachsene mindestens so reizvoll sind wie für Kinder.
In meinen Märchen geht es meistens um Tiere, um magische Vorgänge und um Verwandlungen. Die Idee der Verwandlung gefällt mir, bei Bedarf aus der eigenen Identität aussteigen zu können – um dann wieder man selbst zu werden.
Ob aus den Märchen ein ganzes Buch wird, weiß ich noch nicht. Aber ich gebe zu: Der Gedanke ist verführerisch.
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