Polly Adlers Kolumne: Waschbären versus skandinavische Architekten

Warum den Ärger besser auf Durchzug stellt.

Ich befinde mich im Mittelfeld, mit einer leisen Tendenz zum Team Waschbären auf guten Drogen. 

Die Einordnung des Geschirrspülers kann in einer Beziehung oft zu einer Form von Glaubenskrieg ausarten. 

Besonders, wenn der Typ Skandi-Architekt den Besserungs-ambitionierten Waschbären einfach nur fertig machen will, in dem er das gesamte Geschirrgut wieder ausräumt, wie eine nordkoreanische Militärparade reorganisiert und das mit einem auf 500 Kilometer hörbaren Seufzer, der einem Gefühlscocktail aus Mitleid, Weltekel und Genervtheit gleich kommt, begleitet. 

"Man soll der Not kan Schwung geben", lautet ein Sprichwort aus dem südöstlichen Mühlviertel, das ich sukzessive zum Lebensmotto inhaliere, will übersetzt wahrscheinlich so was heißen wie "Bitte nur Schlachten schlagen, die sich lohnen. Sonst Ärger und Aufregung auf Durchzug stellen!" Aber vielleicht ist es so, dass Skandi-Nerds mit Struktur und Organisation erratische Waschbären ohne sonderlichen Plan zum Überleben brauchen, weil sie sonst an Langeweile zugrunde gehen würden. 

Das Kind und ich sind so ein Fall. Sie wuchs in einer Casa Kunterbunt auf. Die eine Großmutter stand knapp davor, "Amnesty international" zu kontaktieren, weil meine Brutpflege eher in die Abteilung Situationselastizität fiel. Das Kind bekam schon in der Volksschule eine mittlere Panikattacke, wenn zwei Buntstifte in der Schachtel fehlten. 

 

Heute rächte sie sich bei ihren Kurzbesuchen für ihre Traumafabrik von Kindheit, indem sie mich aus meinem Schlafzimmer wirft und es in einem Zustand verlässt, das an Post-Hangover-Campingszenarien nach drei Frequency-Tagen erinnert. 

Na und, mir doch egal, denke ich mir, und stelle alles auf Durchzug. Ich schlafe sowieso in einer Besenkammer mit Hinterhofausblick.

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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