Polly Adlers Kolumne: Ein Lob den Anti-Heli-Mums

Viel Frustrationstoleranz in den Ranzen gepackt.

Muttertag also. Und noch immer hallt der Satz meines circa achtjährigen Kindes in den Ohren, den es stets aus dem Waffenarsenal zog, wenn es richtig weh tun sollte: „Immer bist du nie da!“ Sie hatte oft recht.

Ich zappelte in den Mühlen des Erwerbslebens und war Alleinunterhalterin – in dem Sinn, dass ich nicht nur für die Brutpflege hauptverantwortlich war, sondern auch für die damit verbundenen Kosten. In jedem Fall war ich das krasse Gegenteil einer Helicopter-Mutter.

Das Kind wuchs ziemlich italienisch auf. Es wurde im Restaurant schlafend auf eine Bank gekippt, denn es war oft noch nicht der Zeitpunkt gekommen, schon nach Hause zu gehen. Ich langweilte mich schnell beim Bauklötzchenstapeln. Der Fortpflanz lernte mit rasant wechselnden Bezugspersonen zurechtzukommen, was einem Bootcamp an sozialem Anpassungsvermögen gleich kam.

Bei ihrem Eintritt ins Gymnasium erklärte ich, dass sie die ganze Schule wie einen Job betrachten solle, der ohne viel Aufhebens zu erledigen sei. Wirkt herzlos, war aber wirksam. Die jüngeren Eltern benehmen sich heute alle weitaus älter. Sie strebern mit ihren Kindern, als ob sie eine Externistenmatura machen wollten. Sie bleiben Verabredungen fern, weil sie bei leicht hüstelnden Pubertierenden Krankendienst“ schieben müssen. Wenn die Kinder dann beim Schulabschlussfest auf einer Geige erbärmlich herumschaben, tun sie dennoch so, als ob Anne Sophie Mutter im Mini-Format inkarniert worden wäre.

Ich war immer der Meinung, dass man Kindern neben Liebe Frustrationstoleranz in den Ranzen packen muss. Außerdem: Auch wenn den Junioren in einem Bienchen-und Blümchen-Universum ein Bollwerk gegen die Wirklichkeit errichtet worden ist, wird es später Vorwürfe geben. Immer hast du nie-was-auch-immer. Das ist Teil des Arrangements. Einen schönen Muttertag, vor allem meinen Freundinnen, den Anti-Heli-Mums


Pollys Muttertagsspecial im Rabenhof: Mit Mavie Hörbiger & Tania Golden, am 11.5. um 11 Uhr.

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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