Guidos Kolumne: In Beziehungen ist mein Nachtleben problematisch
Die wenigsten Menschen sind um zwei Uhr früh noch wach. Ich verhalte mich dann so leise wie möglich und schleiche mich ins Bett.
Ich habe die Nacht immer geliebt. Ihre geheimnisvolle Dunkelheit erschien mir immer als Versprechen, die Helligkeit des Tages fand ich dagegen banal. Als ich 14 war, war ich auf Klassenreise in Rom. Der Lehrer war gutmütig, und zum ersten Mal in meinem Leben war ich nach Mitternacht noch auf. Das Gefühl war fantastisch, so, als hätte ich ein neues Land betreten.
Zwei Jahre später schlich ich mich manchmal aus dem Haus, wenn meine Mutter schlief. Ich kletterte aus dem Kellerfenster in den Garten und dann über den Zaun. Ich bestieg mein Fahrrad und fuhr zur Haltestelle der Straßenbahn. Mit der U-Bahn kam ich schließlich ins U4. Keine Ahnung, warum mich die überhaupt hineinließen. Im U4 tat sich nichts Besonderes. Ich war zu jung, die Musik gefiel mir nicht, und für Getränke hatte ich kein Geld. Aber das Gefühl, jeden Moment könnte sich ein Abenteuer ereignen, war großartig.
Vor einigen Jahren habe ich den damaligen Besitzer des U4 kennen gelernt, er musste sehr lachen, als ich ihm meine Erlebnisse von damals schilderte. Ich liebe es, in der Nacht fern zu sehen. Da laufen oft die besten Serien. Ich sitze vor dem Fernseher und spüre, ich bin am Leben. Schlafen zu gehen, käme mir dann wie Verschwendung vor. In Beziehungen ist mein Nachtleben natürlich problematisch. Die wenigsten Menschen sind um zwei Uhr früh noch wach. Ich verhalte mich dann so leise wie möglich und schleiche mich ins Bett, wenn ich müde werde.
Manchmal glaube ich, ich habe meinen Beruf nach meinem Tagesrhythmus gewählt. Schreiben kann man immer, auch mitten in der Nacht. Zuletzt merke ich aber eine Veränderung. Manchmal werde ich um 22 Uhr plötzlich müde und gehe ins Bett. Dafür bin ich dann um 6 Uhr wach. Auch eine interessante Erfahrung – der frühe Morgen hat auch seinen Reiz, muss ich zugeben.
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