Polly Adlers Kolumne: Locken down!

"Du schaust aus wie eine Million", sagte ich meinem Freund K und fuhr ihm durch das wuchernde Haupthaar, das überraschenderweise wieder etwas von einem Wühltisch hatte. Strähnen, die die schmutzige Tristesse eines versickernden Rinnsals besaßen, bogen sich wieder zu dunklen Locken. 

Dunkle Locken hatten für mich Fetischcharakter. Ich war seit meinem 14. Lebensjahr in Bob Dylan verliebt: infantil, ich weiß, aber leider unheilbar. 

Wahrscheinlich trug der seit 40 Jahren eine Perücke, aber es war eine verdammt gute. "Ja", brummte K und sah verlegen zu Boden, "ich hatte gerade viel weniger Stress, da sprießen sie wieder." Ich sah ihn mit einer Fräulein-Rottenmeier-Strenge an: "Du weißt, dass ich weiß, dass du auf einen Pinocchio machst. Schäm dich!?" Wir kennen uns seit der Zeit, als man bei Anbahnungsverfahren noch sogenannte Lovetapes für das Objekt der Begierde aufgenommen hat, "Tainted Love" von Soft Cell und dergleichen. 

Wir hatten also 15 vor Christus eine 91/2-Wochen Affäre, die sich längst in eine sehr solide Freundschaft umgewandelt hat. "Ok, touché", seufzte er, "ich war in Istanbul." – "Es hat sich voll ausgezahlt, Honey, denn du warst knapp in der Einflugschneise zum Egghead. Obwohl es natürlich auch tolle Männer mit Glatzen gibt, aber sie sind leider alle tot." 

– "Ihr Frauen könnt aber auch wirklich brutal sein“, konterte er und warf seine neue "Frise", als ob er für ein neues Volumen-&-Fülle-Schampoo aus dem Hause L'Oréal werben wollte, "aber inzwischen ist jeder Flieger nach Istanbul voll mit Haupthaar-defizitären Brüdern." – "Tja, Gott hat auch seine gerechten Tage. Haartransplantationen sind das Botox der Männer." 

– "Und? Nimmst du?" – "Ich habe es probiert. Stirne und so. Meine Tochter hat einen Schreikrampf gekriegt, weil ich aussah wie nach einer Attacke eines rabiaten Bienenvolks. Versprich mir eines!" – "Alles, was du zahlen kannst." – "Bitte keine Färbeversuche in Richtung couragierte Rosskastanie!" – "Deal done!"

pollyadler.at