Polly Adlers Kolumne: Jetzt schnappt’s gleich ab!

Warum manche Freundschaft gar nicht können.

Ich war reif für ein Sauerstoffzelt. So erschlagen fühlte ich mich nach jedem Telefonat mit ihr, der einen Freundin, die ausschließlich über sich selbst spricht. Nach circa 25 Minuten ihres Maschinengewehr-Monologs begann ich meine verbalen Fluchtversuche, zuerst zart wie Schmetterlingsflügelschläge ("Ich fürchte mein Akku ist gleich ...") oder ("Verbindung im Eimer, es schnappt dauernd ab"), dann ein beherztes "Oisdann ...", später leicht verzweifelt bis schwer hirnverbrannt: "War schön, von dir so lange nichts gehört zu haben ...", "Ich fürchte, das war eine Kugel. Schätze Streifschuss." Oder "Mein Wellensittich hat Geburtstag und schaut schon ganz sauer."

Doch da ihre Schutzpatronin Santa Teflonika ist, drang ich nie bis zu ihr durch. Denn sie war ja ausschließlich auf "Me, myself and I" gepolt. Und laberte weiter von den Potenzproblemen ihres Mannes, den Ärger mit den Handwerkern im Dritthaus oder ihrer neuen Rosinen-Unverträglichkeit. Leerzeit ohne Ende. Auf der Erledigungsliste 2025 (nämlich im Sinn von Menschen, die man schleunigst für sich sozial erledigen sollte) bekam sie eine Pol-Position. 

Die Kulturtechnik zur Erhaltung von Freundschaften beginnt vielen zu entgleiten. Manche versickern einfach, ohne dass das irgendwie thematisiert werden muss. Oft wenn die bislang überzeugten Singles in einer partnerschaftlichen Dauersymbiose verschluckt werden, in den Dreißigern läuft der Graben meistens zwischen denen im Kleinfamilien-Glück und jenen, die beschlossen haben, dass sie für immer 25 bleiben wollen und zunehmend an einer Kinderfoto-Allergie zu laborieren beginnen.

Im fortschreitenden Reifungsprozess werden die immer wichtiger, die einen in der Quarterlife-Crisis schon mit Wimperntusche-Rinnsälen unter den Augen aufgeklaubt haben. Oder auch einfach nur ohne Grund zwischendurch anrufen und sowas Abartiges sagen wie "Hey, wie geht’s dir? Wir sollten uns dringend sehen."

"Knietief im Glamour", 2. Februar, 11 Uhr, im Wiener Rabenhoftheater; pollyadler.at

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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