Bald wieder mehr Lametta
Kleiner Krisengipfel unter dem Baum
Ich wäre so gern in den 1990ern in meiner Blüte gewesen“, seufzt das in seine Endzwanziger galoppierende Kind, „meine Generation hat in diesem Krisen-Jetzt echt das Leider-nein-Los gezogen.“ Wir trimmten unseren Baum krisentrotzig auf Opulenz und nippten dabei Schampus. Kleine Leuchtfeuer des Luxus braucht der Mensch, wenn überall die Temperatur auf Melancholie steht.
Und jetzt waren wir einmal in der Schutzzone vor der Realität, nämlich Weihnachten. Halleluja! Tatsächlich konnte ich dem Kind nur beipflichten, denn die Neunziger waren eine Zeit, über der in goldenen Lettern das Transparent „Alles ist möglich!“ wehte. Wir arbeiteten leidenschaftlich und hart, aber abends wurde Unfug getrieben und auf den Tischen getanzt. So war unser Biorhythmus gepolt. Gejammert wurde natürlich auch damals, dass die Gläser klirrten, damit konnte man, vor allem in Wien, das Seelen-Mojo wieder ins Lot kippen. Am lautesten beklagten sich immer die, die auch sonst wenig auf die Reihe brachten. Künstler ohne sichtbares Œuvre in der Regel.
„Mäusefee“, tröstete ich sie in tiefster Überzeugung, „nach jeder Rezession krempelte die Welt sich wieder die Ärmel hoch, und irgendwann wirst du, so wie wir jetzt, mit deinem Fortpflänzchen, einen Baum schmücken, und sagen: „Also, diese Zwanzigerjahre waren wirklich Hardcore, aber nachher war wieder mehr Lametta!“ Denk an die Stoiker!“– „An wen? Wahrscheinlich keine Popgruppe, oder?“ – „Eine lustige Philosophenclique, die auf emotionales Detoxing spezialisiert war und bei nicht in ihrer Macht stehenden Problemlösungen in der unaufgeregten Zurückgelehntheit Kraft fand.“ – „Danke für das Kurzreferat, aber ich weiß, wer diese Typen waren. Antike Hippies eben. Santé, Muttertier!“ Wir stießen an und sie flüsterte: „Parole: Lachen, lachen, lachen. Denn wenn du lachst, stirbt irgendwo auf der Welt ein Problem.“ Und schon haben wir das perfekte Motto 2023.
Pollys Silvester-Special „Heiter weiter“: 31. 12. um 11 Uhr im Rabenhof
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