Bonjour, Realitätsflucht!
Warum man immer wieder eine Dosis Paris braucht.
Da das Leben sich krisenbedingt mehr wie Amstetten als Paris anfühlt, bin ich kürzlich in letztere Metropole gesegelt. Bonjour, Realitätsflucht; adieu, Tristesse! Es war ein reiner Mädchenausflug: Wir sind seit unserer Frühpubertät ein fixes Trio und feierten Oh-mein-Gott!-Jahre-Freundschaft. Natürlich badeten wir auch in Kunst: die „Mona Lisa“ und ich beließen es bei einer Fernbeziehung, denn zwischen uns waren gefühlte 500 aufgeregte Asiaten, die ihre Selfiesticks martialisch schwenkten.
Auf der „Art Basel“, die eine Filiale in Paris aufgeschlagen hat, waren die Menschen eindeutig die besseren Kunstwerke. Eine Japanerin, die wie aus einem exzentrischen Kabuki-Theater gepurzelt aussah, drückte mir einen Silberring in die Hand und erkor mich zum Mitglied ihrer Sekte „Church of love“. Eine Sengalesin mit einem wagenradgroßen, zitrogelben Schlapphut und in kermitgrünen Hosen lud mich zu einem Skulpturenweekend ein, wo wir aus Plastikflaschen aus dem Müll lustige Klimawarn-Konstrukte basteln könnten. Sie hieß auch Polly, was wir beide unter Lachsalven als einen humorigen Wink der Karma-Polizei betrachteten. Wir drei Freundinnen-Mädels könnten übrigens nicht unterschiedlicher sein: Die eine extrem erfolgreich im Medizin-Business, Typ Zug-zum-Tor; die andere eher auf dem Kapitalismus-kills-Trip, sechssprachig und abenteuerlustig, und ich irgendwo mittendrin.
Wir waren in derselben Kleinstadt sehnsüchtig nach Größerem geworden, hatten unsere Schwangerschaftstests im Pulk absolviert, unsere Seelen nach Liebes-Crashs wieder gemeinsam zusammen gesetzt, einander befetzt, getröstet, uns temporär aus den Augen verloren und waren uns immer wieder in die Arme gefallen. Als wir es in der „Coupole“ ordentlich krachen ließen, schworen wir uns, jedes Jahr einmal einen solchen Mädchen-Ausflug zu machen. Auch mit ohne Zähne. Bis dass der Tod uns meidet. Freundschaft!
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