Kopfball: Die Heilung des Generaldirektors

Dies ist die Geschichte von Fritz, der an einem heißen Sommertag nackt in die Donau sprang und die Strömung unterschätze.

Gut zwei Kilometer stromabwärts von jener Stelle, an der sein monkmäßig gestapeltes Häufchen Gewand lag, kroch er wie ein  Schiffbrüchiger ans Ufer und taumelte flußaufwärts. „Guck mal, Häschen, da gibt’s ooch nen FKK-Strand“, vernahm er da aus dem Mund einer Touristin.

Jetzt versuchte er erfolglos, aus den Blättern des Wachauer Weines ein Röcklein zu flechten, was ein vorlauter Zehnjähriger wie folgt kommentierte: „Schau Mama, ein Irrer!“ Daraufhin fladerte der verzweifelte Fritz ein lila Polyesterkleid mit Gänseblümchen von einer Wäscheleine. In dem Aufzug erreichte er seinen Ausgangspunkt, zog sich um und fuhr erleichtert pfeifend heim. Doch er machte die Rechnung ohne den Nerd auf dem E-Skooter, der Fritzens unbeabsichtigtes Abenteuer dokumentarisch festgehalten hatte.

Das Video ging viral. Halb so wild, doch Fritz war das Gegenteil eines humorvollen Durchschnittsbürgers, viel mehr der von menschlichen Regungen weitgehend befreite Generaldirektor eines Weltkonzerns. Um nicht restlos das Gesicht zu verlieren, beförderte er neulich einen Mitarbeiter mit Zungen-Piercing und Arschgeweih, zeigte sich vom Bewerbungsgespräch mit einer bisexuellen Rastafa-Frau im Nadelstreif begeistert und wurde im Bürolift beim launigen Small Talk mit einem Transgender-Bobo beobachtet, der seither seinen Rauhaardackel mit ins Büro nehmen darf.

Zur nächsten Aufsichtsratssitzung erschien Fritz im Kilt, berief sich aber aus Angst vor dem Hohn seiner stockkonservativen Kollegen auf einen erfundenen schottischen Urgroßvater.

Jürgen Preusser

Über Jürgen Preusser

Früher: ORF-Radio Wien und -Radio Nö, „Die Presse“, seit 1986 beim KURIER, Sportchef von 1994 – 2009. Hobbys: Segeln, Bergwandern, Tennis.

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