Vea Kaisers Kolumne: Das Heilsversprechen der Natur

Der Frühling ist das Heilsversprechen der Natur. In jedem Fall für die Eltern sehr kleiner Kinder, denn er macht spürbar, was die Eltern großer Kinder in Momenten tiefer Verzweiflung und Not predigen: Es wird leichter. 

Der Frühling erweitert den Aktionsradius, erlaubt, ganze Tage außerhalb jener Wände zu verbringen, die einem im Winter vor neun Uhr morgens auf den Kopf fielen. 

Kinder sind meist schmerzbefreit und streben auch bei Eis und Kälte nach draußen, aber als dazugehöriger Erwachsener hat man die Verpflichtung, sie vor ihrer eigenen Courage zu beschützen. Und das bedeutet nicht nur, trotz größten Spaßes eine Trocknungsaktion wegen nasser Füße einzuleiten, sondern vor allem auch, sie vor Verlassen des Hauses wetterfest zu kleiden.

Zwei bis drei Kilo verlor ich diesen Winter bei den Versuchen, meinem eineinhalbjährigen Sohn die gesundheitsfördernde und Komfort-sicherstellende Wirkung seines Schneeanzugs näherzubringen. Im Gegensatz zu seinem großen Bruder, für den die tägliche Bekleidungs-Auswahl ein freudiges Hochamt darstellt, hat der Kleine nichts für Gewand über. 

Hätte er die Möglichkeit dazu, würde er sich wahrscheinlich einer FKK-Pensionisten-Sekte anschließen, in einem Aufnahmeritual all seine Pullover verbrennen und dann glücklich nackert um das Feuer tänzeln.

Ihn mit Textil gegen die Winterkälte zu wappnen, war in etwa so erbaulich, wie einer im Sack gefangenen Wildkatze die Zähne zu putzen.

Ja, ich verlor viele Haare und auch ein wenig Blut, aber das schlimmste ist überstanden. 

Das gilt auch abseits der Anzieh-Problematik: Der Frühling verspricht mit seinem angenehmen Duft, der warmen Luft und dem Vogerlgezwitschere, dass alles gut werden kann. Und selbst wenn dem dann nicht so ist: Sich Hoffnung und Frühlings-Euphorie hinzugeben, ist genau die Verschnaufpause, die uns allen immer mal wieder gut tut.