
Vea Kaisers Kolumne: Frühlingsgefühleuphorie
Über die beglückende Freude, die man bei der Beobachtung großer Liebe empfinden kann.
Eine Herbst-Winter-Saison verbrachte ich als Spielerfreundin und wusste sofort, dass ich es nie zur Spielerfrau bringen werde. Ich wollte mir die Liebe zum Fußball nicht dadurch zerstören, einen Fußballer zu lieben.
Was nämlich bedeutete: Bei jedem Heim- und Auswärtsspiel auf der Tribüne zu verwittern, für das geopferte Wochenende kein Danke zu hören, sondern eine Woche lang Klagen über die Ungerechtigkeit der Schiedsrichter/Trainer/Teamkollegen/Gegner/Rasenbeschaffenheit/Wettergötter/Welt. Zudem: Über Zeitplan, Ernährung und Freizeitgestaltung eines Fußballers entscheiden andere.
Mit Mitte dreißig gehen sie spätestens in Pension und was dann? Was macht man an der Seite eines Mannes, dessen einziges Lebensziel es war, einem Ball nachzulaufen? Natürlich, einige wenige schlagen atemberaubende Zweit-Karrieren ein, aber wer Toni Polster singen und Hans Krankl als DJ gehört hat, der weiß: Die Götter sind gerecht und schenken den meisten Menschen nur ein großes Talent – nicht zwei.
Und dann traf ich am Weltfrauentag eine alte Bekannte, die mittlerweile als Influencerin sehr erfolgreich ist.
Ihr Gatte war mit seinen 34 bereits Fußball-Pensionist, aber, wie sie mir erzählte, ein vortrefflicher Insta-Husband. Egal, zu welchem Event sie gehen, welches Produkt sie bewerben, wann und wo sie ihren Alltag filmen will: Er hält die Kamera. Es stellte sich heraus, dass ihn die kurze Fußballkarriere bestens auf das lange Leben als Influencerinnengatte vorbereitet hatte: Er ist es gewohnt, auf den Einsatz zu warten, auf Zuruf zu funktionieren und nie den Fokus zu verlieren.
Später beobachtete ich, wie er auf seinen stabilen und wohltrainierten Knien durch den Dreck robbte, um das perfekte Foto von ihr zu schießen, und mich erfüllte die Euphorie der ersten Frühlingsgefühle: Es gibt wirklich für alle Töpfe passende Deckel.
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