Das Midlifecrisis-Projekt

Warum der Mann von heute auch an morgen denken sollte, wenn er sich selbst beschenken will.

Am Dienstag wird mein geliebter Dottore Amore 40. Stolz erzählt er, dass ihm seine Patienten dieses Alter nicht glauben. Ich nicke dann und verzichte auf den Hinweis, dass ich als Mann auch allen Komplimente machen würde, die an meinen allerheiligsten Orten herumstochern und -schnippeln.

Der Vierziger ist ihm trotzdem nicht geheuer: „Die Hälfte meines Lebens ist vorbei!“ – „Aber denk daran, was du erreicht hast: Haus saniert, Kind gezeugt, für mehr Amore in der Welt gesorgt – was willst du noch?“ Sofort antwortet er: „Ein altes sinnloses Sportauto.“ – „Schau dir an, wer bei unserer Vorstadttankstelle die Sportautos vorführt. Das ist ein jugendfreier Klub! Die werden dich nicht mitspielen lassen beim Wer-ist-noch-gelenkig-genug-um-den-Rücksitz-selbst-abzusaugen-Wettbewerb.“ – „Aber ich will doch nur einen Zweisitzer!“ Seit ich befürchten muss, im Kampf um den Beifahrersitz gegen Hund und Kind zu unterliegen, versuche ich, ihm das auszureden. Wie umweltschädlich, wie teuer, wie sinnlos! Seine Ohren waren taub für meine Argumente. Doch dann fetzte es einen heftigen Starkregen vom Himmel, der den unsanierten Regenwasserkanal unseres Hauses überforderte und Wasser in den frisch sanierten Keller drückte.

Bevor also ein Sportauto auffährt, muss die Einfahrt aufgegraben werden. Und da Baumaterialien in unserer Zeit ein größerer Luxus als ein Sportwagen sind, rann der Midlife-Crisis-Fonds meines Mannes im wahrsten Sinne des Wortes den Kanal hinab. Mein Mann stellte sich einen Campingsessel in der Vorgarten, um sein Geschenk zu betrachten.
„Die einen schenken sich einen alten Porsche. Ich mir einen Abfluss.“ – „Was könnte für einen Urologen passender sein, als zur Lebensmitte zu wissen: Alles rinnt nur dorthin, wohin es soll und auch nur dann, wenn es soll. Darauf mein Schatz solltest du wirklich stolz sein.“
 

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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