
Vea Kaisers Kolumne: Elektro-Auto-Unterhaltungen
Wie leicht man vom Weg abkommen kann, während man doch bloß, "besser" Auto fahren will
Ein Jahr lang versuchte ich, ohne Auto auszukommen. Klimakrise, Bodenversiegelung, der Platzbedarf parkender PKWs – wenn man über all das nachdenkt, wird der Railjet zum Porsche der Anständigen. Doch ich scheiterte an der Infrastruktur im ländlichen Raum und kaufte mir eines der kleinsten erhältlichen Elektroautos.
Der Dreijährige beschwert sich über zu wenig Fußraum, aber zumindest tankt es Sonnenstrom, ist weder laut noch stinkend. Ich wähnte mich auf dem richtigen Weg, bis ich mich auf einer Kindergeburtstagsparty am Kühlschrank wiederfand. Die Mütter liefen den Kindern hinterher, die Väter tranken Bier und sprachen über Autos. Früher, als ich einen wenig auffälligen, sparsamen Verbrenner fuhr, interessierte sich niemand für die Potenz meines Vehikels.
Doch nun wollten die Papis alles wissen: Wie schnell lädt mein Auto voll? Reichweite? Wallbox zuhause? Photovoltaik? Ladekarte? Während sich meine Kinder selbst hinterherliefen, erzählten die Väter einander von ihren E-Autos: Wir waren uns einig, dass wir nie wieder einen stinkenden, vorsintflutlichen Verbrenner lenken wollten.
Wir lachten über das altmodische Konzept des Tankens. Beglückwünschten uns zum geschmeidigen Fahrgefühl, dem Leben ohne Benzingestank und Brummbrumm, der geilen Beschleunigung. Oh ja, wir E-Auto-Daddys fühlten uns großartig, bis die Rede auf Elon Musk kam. Die Tesla-Papas beteuerten, sie hätten ihre Autos gekauft, bevor Herr Musk zum Oberbösewicht mutierte.
Die eigene Unschuld beteuernd, zeigten sie Fotos von den "F***-Elon"-Sticker, die sie am Heck angebracht hatten und während sie sich angestrengt als gute Menschen präsentierten, dachte ich: Aja. So schnell geht’s, dass man beim Versuch, ein besserer Mensch zu werden, vor allem eins wird: Ein etwas nerviger Wär-gern-Besser-Mensch. Das gilt wohl auch für mich.
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