Vea Kaiser

Fabelhafte Welt: Eines Vaters Verhalten

Warum es zwar nicht unbedingt sexy, aber trotzdem super ist, dem eigenen Vater nachzugeraten.

Gemeinhin heißt’s, Frauen werden mit zunehmendem Alter immer mehr wie ihre Mütter. Ich werde wie mein Vater. Körperlich bin ich ihm seit jeher ähnlich: extrem üppiges Haupthaar, aber kaum Augenbrauen. Unverwüstlicher Saumagen, aber schwerster Heuschnupfen. Nun, es gibt erotischere Eigenschaften an einer Frau, als von Mai bis Juli zu klingen wie ein stattlicher sechzigjähriger Beamter, der kraft seines Gesichtserkers das Haus der kleinen Schweinchen niederniesen könnte wie der Wolf im Märchen.

Doch in letzter Zeit entdecke ich meines Daddys „speziellste“ Verhaltensweisen bei mir. Abends kann ich nicht anders, als zu kontrollieren, ob mein Gatte den Müll richtig trennte und Elektrogeräte vom Netz nahm. Als Vaters 2.0.-Version habe ich sogar Evolution durchgemacht und unsere Haustechnik so programmiert, dass mein Smartphone Alarm schlägt, wenn der Geliebte einen Thermostat nicht runterdreht. Dabei machte es mich als dauerunterkühlten Teenager rasend, wenn mir mein Vater nachschlich, um den von mir deaktivierten Nachtmodus der Heizung zu aktivieren. 

Eine Zeit lang dachte ich, jössas, was kommt da noch auf mich zu, doch dann fiel mir auf, wie unser Nachwuchs zwischen Mama und Papa differenziert. Hat Bambino ein Aua, will er von Mama getröstet werden. Das meiste Interesse zeigt er jedoch an den Dingen, mit denen sich Papa beschäftigt: Autos, Gartengeräte, Kaffeemaschine. Mit eineinhalb Jahren besteht er sogar darauf, vor Verlassen des Hauses eine schicke Sonnenbrille aufzusetzen – wie der Papa auch bei Bewölkung. 
Wie schrieb Wilhelm Busch? Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Ein vatertägliches Hoch also auf alle Papis, die ihren Minis so liebevoll die Welt eröffnen, dass diese sogar ihre seltsamsten Angewohnheiten nachleben. Zum Beispiel abends mit der Stirnlampe den Hausmüll trennen – wie der Papa.

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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