Frau mit Kopfhörern

Beruhigende Klänge: Wie man Stress mit Musik bekämpft

Babys singt man zur Beruhigung sanfte Lieder vor oder lässt die Spieluhr laufen. Wie Musik auch bei Erwachsenen das Stressniveau senkt, untersuchen Forscher der Universität Wien.

SOUNDCHECK. Viele machen es instinktiv. Nach einem anstrengenden Tag  lässt man sich auf die Couch fallen, schiebt eine CD in den Player und entspannt bei angenehmen Klängen. Jazz, Klassik, Soul – Mozart und Co. beruhigen. Das ist erst mal keine große Neuigkeit. Doch welche Mechanismen genau dahinterstecken und ob  man mit Musik auch Beschwerden lindern kann, das  untersucht Urs Nater, Professor für Klinische Psychologie des Erwachsenenalters, an der Universität Wien. Dazu wurde während der ersten beiden Lockdowns eine Alltagsstudie mit 500 Teilnehmern durchgeführt. "Schon damals konnten wir zeigen, dass Musikhören ein gutes Mittel zur Stressreduktion ist, erst recht in so herausfordernden Situationen.“    

Beflügelt von den Erkenntnissen, sind  Nater und sein Team am Thema drangeblieben und haben in der Folge gezielte Interventionsstudien durchgeführt. Dabei waren die Teilnehmer unter anderem  angehalten, immer wenn sie Stress hatten, Musik zu hören und ihre Empfindungen in elektronischen Tagebüchern festzuhalten. Untermauert wurden die Untersuchungen durch Speichelproben der Probanden, um die biologischen Indikatoren für Stress  zu identifizieren. Nater: "In einer international viel beachteten Pilotstudie konnten wir nachweisen, dass musikalische Interventionen, wir nennen sie ,ecological momentary music interventions’, kurz EMMI, gut funktionieren.“ In einer weiteren Folgestudie, die demnächst publiziert wird, wird das noch konkreter repliziert.  

In unseren Studien konnten wir jene Mechanismen  identifizieren, die Musik bei Stress in Gang setzt.

Prof. Urs Nater Professor für Klinische Psychologie des Erwachsenenalters an der Universität Wien

Das Schöne an Naters Forschung ist, dass die Erkenntnisse  in praktische Anwendungen, in dem Fall eine App namens Epigram, einfließen. Eine Testversion wird demnächst auf breiter Basis erprobt.  Diese App umfasst acht Module, die von kognitiven Stressreduktionsstrategien über Mind-Body-Übungen wie Atemtechniken, Achtsamkeitsmeditationen bis hin zu Yoga reichen "und auch ein Musikmodul beinhaltet. Damit geben wir Nutzern ein Tool mit vielen Stressreduktionsmöglichkeiten in die Hand“, sagt der Wissenschafter, der noch  andere, interessante Ansätze verfolgt. "Wir forschen auch  dazu, ob Musik  die Wundheilung beschleunigt. Und in einem anderen Projekt, in das auch die Wiener Sängerknaben involviert sind, gehen wir den positiven Effekten des Chorsingens auf den Grund.“ Klingt vielversprechend. 

Prof. Urs Nater, Professor für Klinische Psychologie des Erwachsenenalters an der Universität Wien

Prof. Urs Nater, Professor für Klinische Psychologie des Erwachsenenalters an der Universität Wien

©Privat, Privat
Cordula Puchwein

Über Cordula Puchwein

Kommentare