4 Mythen über Veganismus: Ernährungswissenschaftlerin Kassandra Emser Romeiro klärt auf.

"Pudding-Veganer": Jeder Zweite ernährt sich ungesund

Vegane Ernährung ist nicht automatisch gesünder, wie eine aktuelle Erhebung zeigt. Auch vegane Fertigprodukte können krank machen.

Kein Fleisch, viel Gemüse – vegane Ernährung klingt auf den ersten Blick gesund. Das gilt allerdings nicht in allen Fällen, wie eine aktuelle Untersuchung des Zentrums für Public Health der MedUni Wien zeigt. Rund jeder Zweite (53%), der sich vegan ernährt, greift demnach häufig zu industriell verarbeiteten Lebensmitteln wie Fertigprodukten, verarbeitete Fisch- und Fleischalternativen, veganen pikanten Snacks, Soßen, Fruchtsäften sowie raffinierten Getreidesorten, Kuchen und anderen Süßigkeiten.

Zwar sind Angehörige des veganen Lebensstils laut Studie überdurchschnittlich häufig sportlich, die Ernährung fällt aber eben nicht automatisch gesünder aus. "Vegan ist nicht per se mit 'gesund' gleichzusetzen", unterstreicht Studienleiterin Maria Wakolbinger. So unbestritten der Nutzen von pflanzlich basierter Kost für die Gesundheit in der Wissenschaft mittlerweile ist, so sehr sei gerade auch in diesem Bereich der Grad der Verarbeitung der verzehrten Lebensmittel zu berücksichtigen.

Die Ergebnisse stammen aus einer Online-Befragung unter 516 Personen mit einem Durchschnittsalter von 28 Jahren, die zum Zeitpunkt des Studienbeginns seit mindestens drei Monaten vegan lebten.

Höhere Gesundheitsrisiken

"Die negativen Auswirkungen von industriell verarbeiteten Lebensmitteln auf die Gesundheit sind inzwischen eindeutig in Studien bewiesen", betont Maria Wakolbinger. "Bei hauptsächlichem Konsum von Fertignahrung ist für Menschen, die sich mit Mischkost ernähren, ein höheres Risiko für Gesamtsterblichkeit um 29 Prozent, Übergewicht bzw. Adipositas um bis zu 51 Prozent, Herz-Kreislauf Erkrankungen um 29 Prozent oder auch für Diabetes mellitus Typ 2 um 74 Prozent wissenschaftlich belegt."

Anders als diese sogenannte Convenience-Gruppe verzehren die als gesundheitsbewusst eingestuften Veganerinnen und Veganer (47%) mehr Gemüse, Obst, Eiweiß- und Milchalternativen, Kartoffeln, Vollkornprodukte, pflanzliche Öle sowie Fette und kochen häufiger mit frischen Zutaten. Das Bewegungsausmaß der Veganerinnen und Veganer liegt zwar insgesamt höher als das der Durchschnittsbevölkerung in Österreich. Wie unsere Studie zeigte, betätigt sich die gesundheitsbewusste Gruppe aber signifikant mehr sportlich als jene Personen, die dem Convenience-Ernährungsmuster zuzuordnen sind", verdeutlicht Studienautorin Sandra Haider.

"Pudding-Veganismus"

Veganismus ist eine Form der pflanzlichen Ernährung, in der im Gegensatz zum Vegetarismus nicht nur auf Fleisch, sondern auf alle Lebensmittel und Nebenprodukte tierischen Ursprungs verzichtet wird. In Österreich ernähren sich inzwischen etwa zwei Prozent vegan. Für gesundheitlich ungünstige Varianten der vegetarischen Ernährung, bei der statt Fleisch etwa viel Süßes auf dem Speiseplan steht, hat sich bereits der Begriff „Pudding-Vegetarismus“ etabliert. "Entsprechend könnte man das von uns ermittelte Convenience-Ernährungsmuster durchaus als 'Pudding-Veganismus' bezeichnen", fassen Maria Wakolbinger und Sandra Haider ihren Beitrag zur Bewusstseinsbildung zusammen, den sie mit ihrer Studie mit Blick auf den boomenden Markt bei Fleisch- und Milchersatzprodukten leisten.

Elisabeth Gerstendorfer

Über Elisabeth Gerstendorfer

Redakteurin Gesundheit, Wissen Studierte Psychologie und Soziologie in Wien. Journalistenkolleg des Kuratorium für Journalistenausbildung in Salzburg. Seit 2013 bei KURIER im Ressort Lebensart. Zuvor u.a. tätig für Presse, Schaufenster und Österreichische Ärztezeitung.

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