Verliebtes Paar. Ein Mann umarmt eine Frau von hinten auf einer Wiese, beide lächeln glücklich. im Hintergrund Windräder

Psychologin klärt auf: Gesundheitliche Vorteile langer Beziehungen

Eine neue Studie attestiert Lebenspartnern ein niedrigeres Diabetes-Risiko, auch wenn es kriselt.

Liebe ist die beste Medizin, hat schon Paracelsus gesagt. Dass an der viel zitierten Lebensweisheit etwas dran ist – und Liebe konkrete Auswirkungen auf Geist und Körper hat –, zeigen zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen. So erhalten Partnerschaften das Denkvermögen, schützen vor Herzkrankheiten oder erhöhen die Lebenserwartung (bei Männern).

Schon die bloße Anwesenheit eines festen Partners wirke sich positiv auf mögliche Entzündungen im Körper aus, wie Daten der University of North Carolina kürzlich nahelegten.  

Niedriger Blutzucker

Eine Studie, die im Fachblatt BMJ Open Diabetes Research & Care erschienen ist, zeigt nun, dass Menschen, die mit Partner oder Partnerin zusammenleben, auch ein niedrigeres Risiko haben, an Diabetes zu erkranken. Dafür wurden die Blutzuckerwerte von Verheirateten und Alleinstehenden verglichen. 

Ein Forschungsteam aus Luxemburg und Kanada analysierte für die Studie die Werte von mehr als 3.300 Erwachsenen aus England zwischen 50 und 89 Jahren, die im Rahmen der "English Longitudinal Study of Ageing" (ELSA) erhoben wurden. Keine der Teilnehmerinnen und keiner der Teilnehmer hatte zu Beginn der Untersuchungen diagnostizierten Diabetes.

Neben Blutzuckermessungen wurden der Beziehungsstatus der Probandinnen und Probanden erhoben und Fragen gestellt, mit denen das Ausmaß der sozialen Belastung und der sozialen Unterstützung innerhalb der Ehe oder Partnerschaft gemessen werden sollte. Auch Einkommen, körperliche Aktivität, mentale Gesundheit und andere Beziehungsnetzwerke (Kinder, Verwandte, Freundinnen und Freunde) wurden abgefragt.

Die Auswertung aller Daten zeigte, dass der Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c von Ehepartnern oder Paaren, die in einem Haushalt lebten, im Schnitt niedriger war als von alleinlebenden Personen. Änderte sich der Beziehungsstatus (z. B. durch eine Scheidung), so beeinflusste dies auch den HbA1c-Spiegel und das Risiko für einen Prädiabetes. 

Die wohl überraschendste Erkenntnis: Die Art der Beziehung  – harmonisch oder konfliktreich – habe geringeren Einfluss als der Beziehungsstatus selbst, so die Studienautoren. Ehen würden vor Diabetes schützen, also auch die schlechten.  

Keine Harmonie-Sucht

Ob eine Beziehung als gut oder schlecht erlebt wird, hänge von unzähligen Komponenten ab, relativiert Luise Hollerer, klinische Gesundheitspsychologin in Graz, die Studienergebnisse. Zwar sei bewiesen, dass intime Partnerschaften dem Körper guttun. Vollkommen streitfrei müssen sie dafür aber nicht sein. „Wenn ich Übung darin habe, Schwierigkeiten oder kleine Konflikte zu meistern, und danach wieder in ein harmonisches Verhältnis komme, werde ich insgesamt resilienter – auch körperlich“, sagt sie.  

Der Körper werde nicht jedes Mal in ein Stressniveau versetzt, weil man sich wieder neu orientieren muss. „Diese Kontinuität und diese Möglichkeit, voneinander zu lernen, scheint durchaus  gesundheitsförderlich zu sein“, so die Expertin. Überhaupt sei Konfliktfähigkeit in Partnerschaften „eine ganz wesentliche Sache“, betont sie. Eine Harmonie-Sucht würde keine Entwicklung ermöglichen, „sondern bloß Stillstand“.

Gegen Stereotype

Schon frühere Studien haben gezeigt, dass soziale Faktoren wie Einsamkeit und fehlende soziale Kontakte mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes verbunden sind. Auch wenig Bewegung, Rauchen und eine unausgewogene Ernährung fördern das Erkrankungsrisiko - allesamt Lebensstile, die laut der Studie eher von Singles ausgelebt werden.

Die Forschenden fordern aus ihrer Beobachtung "mehr Unterstützung für ältere Erwachsene, die den Verlust einer Ehe- oder Lebensgemeinschaft durch eine Scheidung oder einen Trauerfall erleben". Auch negative Stereotypen von neuen Romanzen im Alter sollten der Vergangenheit angehören.

Elisabeth Kröpfl

Über Elisabeth Kröpfl

Seit Dezember 2021 beim KURIER. Zuerst im Ressort Lebensart, jetzt am Newsdesk. Spanisch- und Englischstudium in Graz, danach Journalismus-Master an der FHWien.

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