Sex in der freizeit

Sexuelle Motivationen enthüllt: Von der Nähe bis zur Langeweile

Es gilt die Theorie: Menschen haben Sex, weil sie Lust darauf haben. Stimmt – aber das ist noch lange nicht alles, wie mehrere Untersuchungen zum Thema zeigen.

So ganz genau weiß zwar keiner, was der „durchschnittliche Mensch“ konkret ist, und dennoch gilt dieses Modell als Maß aller Dinge – zum Beispiel, um Statistiken in die Welt zu spucken. Laut „Expertenschätzung“ verbringen Frau und Herr Durchschnitt etwa 0,45 bis 0,7 Prozent ihrer gesamten Lebenszeit mit Sex. Wenn die beiden zirka 80 Jahre alt würden, entfallen rund 3.500 Stunden auf sexuelle Betätigungen, in Vergleich zu zirka 700.000 Stunden Lebenszeit. Das alles auf der Annahme beruhend, ein Akt dauert – inklusive Vorspiel – 15 bis 20 Minuten. Ob diese Schätzungen nun korrekt sind oder nicht sei dahingestellt – wie so oft gilt in Bezug auf das Thema: Alle reden über Sex, aber niemand weiß genau, was da eigentlich passiert.

An dieser Stelle stellt sich jedoch die Frage nach dem „Warum“. Wieso hüpfen Frau und Herr Durschnitt (auch Über- und Unterdurchschnitt) ins Bett (oder anderswo hin), um zu vögeln? „Weil es Spaß macht und wir Lust darauf haben“, wäre eine so simple wie naheliegende Erklärung. Was natürlich stimmt, aber nicht die ganze Wahrheit ist. 

Tatsächlich gibt es noch sehr, sehr viele andere Gründe, wie eine Studie, veröffentlicht im „Journal of Sex & Marital Therapy“ zeigte. Wobei sich diese vor allem auf Menschen in den Vereinigten Staaten und auf Daten aus dem Jahr 2012 bezieht. Also: Warum? Nun, auf Platz 1 der genannten Gründe steht der Wunsch nach Nähe und Intimität, im Sinne von emotionaler Verbundenheit oder der hübschen Idee, sich eins mit dem Partner zu fühlen, während man das Gefühl hat, die Welt rundherum würde mit all ihren Problemen verblassen. Transzendenz durch Schnackseln also. 

Nun, auf Platz 1 der genannten Gründe steht der Wunsch nach Nähe und Intimität, im Sinne von emotionaler Verbundenheit oder der hübschen Idee, sich eins mit dem Partner zu fühlen, während man das Gefühl hat, die Welt rundherum würde mit all ihren Problemen verblassen. Transzendenz durch Schnackseln also. 

Neugier, Stressabbau, Selbstbestätigung

Auf Platz 2: das Interesse an spezifischen sexuellen Handlungen. Damit ist beispielsweise Oralsex, die Nutzung von Sextoys, aber auch das Experimentieren mit diversen Stellungen gemeint. Die Bronzemedaille bekommt die Sehnsucht nach „allgemeinem körperlichen Vergnügen“: Weil sich Sex halt einfach gut anfühlt, tun wir’s. Danach folgt die Idee, dass Sex Ausdruck von Liebe oder Zuneigung wäre, um dem anderen Wertschätzung zu zeigen oder Nähe selbst in schwierigen Zeiten aufrechtzuerhalten. Die Bindungstheorie, quasi. Manchen geht es schlicht darum, dem Partner Lust zu bereiten, indem etwas getan wird, das dem anderen einen echten Wow-Effekt beschert. Vielleicht im Sinne eines Selbstwert-Boosters. Zu guter Letzt, erstaunlich genug: der Orgasmus. Er spielt offensichtlich eine vergleichsweise kleine Rolle auf der Rein-Raus-Bühne, wird aber als „intensives Ventil“ beschrieben.

Das Erheben der Sex-Argumente ist nicht neu, eine der bekanntesten Studien dazu stammt vom Forscher David Buss, der 200 unterschiedliche Gründe, warum Menschen Sex haben, erhob. Da zeigte sich, dass Neugier, Stressabbau und soziale Faktoren bedeutende Rollen spielen. Aber ebenso Selbstbestätigung, im Sinne von „Ich bin sexy und ich weiß es“. In O-Tönen klang das in der Studie mitunter recht pragmatisch: „Weil ich jemandem gefallen wollte“, „Um meine Migräne zu lindern“, „Weil ich gelangweilt war“, „Aus Dankbarkeit“. Manche tun es, um Kalorien zu verbrennen, andere, um sich auf diese Weise eine Portion Zuneigung zu holen. Und klar ist das Thema „Fortpflanzung“ auch nicht zu unterschätzen. Woran man insgesamt sieht: Lust ist vieles, aber nicht alles. Und der Sex selbst eine Erfahrung, die weit über den körperlichen Akt hinausgeht, um zugleich tief mit Wünschen, Sehnsüchten und Bedürfnissen verbunden zu sein. Am Ende gilt: Wurscht warum, Spaß soll’s machen.

Buchtipp

Er gilt als Verführer und Sexmaschine: Vor 300 Jahren kam der italienische Frauenheld Giacomo Casanova in Venedig zur Welt.  Er hatte sie alle: Schauspielerinnen, Adelige, Nonnen, wie  im neuen erotischen Lesebuch „Casanova zur Nacht“ nachzulesen ist. Darin wurden 33 sinnliche Abenteuer auf Basis seiner 12-bändigen Autobiographie  zu einer Charakterstudie verdichtet. Verlag „Die andere Bibliothek“, 22 € 

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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