Jahrelange Studie offenbart einzigen Schlüssel zum Glücklichsein

Nicht Sport oder Geld machen gesund und zufrieden, sondern gute Beziehungen. Detaillierte Infos aus der aufsehenerregenden Langzeitstudie.

„Das Glück is a Vogerl“ heißt es in Österreich. Es fliegt einem zu, oder eben nicht. Das sehen die Wissenschafter Robert Waldinger und Marc Schulz allerdings ganz anders und können mit Zufällen in Sachen Zufriedenheit und Glück wenig anfangen.

Glück ist kein Zufall

In der größten Studie im Bereich der Glücksforschung wurden in Harvard eine Gruppe von Männern und ihre Familien 80 Jahre mit vielen Befragungen und Analysen begleitet. Inzwischen gibt es 2.000 Nachfahren, die weiterhin an der Studie teilnehmen. Die zwei Harvard-Psychiater schöpfen also aus einem riesigen Datenpool und daraus lässt sich schließen: Das Glück ist kein Vogerl.

Muss keine Partnerschaft sein

Ausschlaggebend sind vielmehr gute Beziehungen. Waldinger: „Es zeigt sich, dass Leute, die sozial verbunden sind, mit ihrer Familie, mit Freunden, mit der Gemeinschaft, glücklicher und gesünder sind und länger leben als Leute, die weniger gute Beziehungen haben.“

Ob es eine Partnerschaft oder Freundschaft ist, sei dabei nicht entscheidend, so das Fazit. Die Menge an Beziehungen ist ebenfalls nicht relevant – es geht um die Qualität.

Schlechtere Blutwerte

Gute Gesellschaft zu haben, ist für die eigene Zufriedenheit laut der Studie sogar viel entscheidender als finanzielle Absicherung, Sport, gesunde Ernährung oder Anerkennung im Beruf – auch wenn diese Werte ebenfalls nicht ganz außer Acht zu lassen sind. Personen, die alleine sind, ohne es sein zu wollen, erkranken schneller und haben schlechtere Blutwerte und höhere Anteile an Stresshormonen, obwohl sie einen ähnlichen Lebensstil führen wie Personen mit innigen Freundschaften.

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Einsamkeit so ungesund wie Rauchen

Psychiater Waldinger hat schon in einem viel beachteten Vortrag (Ted-Talk) erklärt, wie negativ sich Einsamkeit auswirkt: „Ihre Gesundheit verschlechtert sich früher in ihrer Lebensmitte, ihre Gehirnfunktion lässt eher nach und sie sterben früher als Menschen, die nicht einsam sind.“ Einsamkeit sei genauso ungesund wie Alkohol oder Rauchen.

Freundschaften halten gsund

Im neu (und bislang nur auf Englisch) erschienen Buch “The Good Life – And How To Live It“ erklären die beiden Forscher ihre Erkenntnisse im Detail. Die Menschen, die im Alter von 50 Jahren am zufriedensten in ihren Beziehungen waren, waren im Alter von 80 Jahren am gesündesten. Es war nicht der Cholesterinspiegel im mittleren Alter, der vorhersagte, wie sie alt werden würden.

„Das überraschende Ergebnis ist, dass unsere Beziehungen einen sehr starken Einfluss auf unsere Gesundheit haben.“ Den Körper fit zu halten, ist wichtig, aber sich um seine Beziehungen zu kümmern, sei ebenso essenziell und eine Form der „Selbstfürsorge“, so Waldinger. „Das ist eine Offenbarung.“ Auch auf das Gehirn haben hochwertige Partnerschaften positiven Einfluss. Harmonisch müssen sie dabei aber nicht immer sein. „Einige unserer achtzigjährigen Paare konnten sich tagein, tagaus streiten, aber solange sie das Gefühl hatten, sich wirklich auf den anderen verlassen zu können, wenn es hart auf hart kam, hatte es keine negativen Auswirkungen auf ihr Wohlbefinden.“

Wie gute Beziehungen habe ich?

Wie gut und tief eine Beziehung ist, kann man durch eine einfache Frage feststellen, erklären die Buchautoren. „Wie viele Menschen kannst du mitten in der Nacht anrufen, wenn du Angst hast oder es dir schlecht geht? Wem mindestens eine Person einfällt, ist eindeutig glücklicher als jemand, der niemanden anrufen kann.“

Zudem sei es nie zu spät, Freundschaften wieder aufleben zu lassen oder neue Personen kennenzulernen, die man in sein Leben lässt – und dadurch glücklicher wird.

Ihr Ratschlag: „Denken Sie an jemanden, den Sie vermissen und gerne wiedersehen würden. Nehmen Sie Ihr Telefon und schreiben Sie dieser Person eine Nachricht.“ Solche Gesten haben viel Einfluss auf unser Glücksempfinden, sind sich die Wissenschafter sicher.

Studie

Die Untersuchung wurde während der großen Depression 1938 gestartet

268 Harvard-Studenten wurden hinsichtlich körperlicher und psychischer Gesundheit analysiert. Augenmerk wurde auf Erfahrungen im frühen Leben gelegt und wie sie sich auf  das Altern auswirken

2.000 Probanden hat die Studie mittlerweile. Es sind die Nachfahren der Studenten aus den 30er-Jahren

44 Millionen Mal wurde Robert Waldingers erster großer Vortrag zur Studie im Ted-Talk bereits gesehen. Titel: „What makes a good life? Lessons from the longest study on happiness“. Auch auf Youtube zu sehen, siehe oben.

Christina Michlits

Über Christina Michlits

Hat Theater-, Film- und Medienwissenschaften studiert. Nach Kennenlernen des Redaktionsalltags bei Profil und IQ Style, ging es unter anderem zu Volume und dem BKF. Seit 2010 bei KURIER für die Ressorts Lebensart und Freizeit tätig. Schwerpunkte: Mode, Design und Lifestyle-Trends.

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