Haubenlokale im Burgenland: Ein Blick hinter die Kulissen
Wohin man sich im Burgenland auch dreht und wendet, man stößt auf Lokale, die für ihre Küche mit Michelin-Sternen oder Gault-Millau-Hauben belohnt wurden.
Vom Design her könnte das Lokal in New York zu finden sein – aber es liegt im burgenländischen Wimpassing. Beim Gasthaus Ziegelwerk verschmilzt ein alter Industriebau gekonnt mit moderner Holzarchitektur. Das Ergebnis ist ein lichtdurchflutetes Lokal, das auch in New York für Aufsehen sorgen würde. "Die Ziegelfabrik gehörte meinem Großvater", erzählt Werner Tschiedel. "Als sich die Produktion nicht mehr rentierte, wurde sie aufgegeben."
Und verfiel in einen Dornröschenschlaf, bis Tschiedel beschloss, das Ziegelwerk zu einem Gasthaus umzugestalten. Drei Jahre dauerte es, bis aus der maroden Fabrik das heutige Lokal wurde. Optisch trifft hier Vergangenheit auf Gegenwart – und das ist auch in der Küche der Fall.
Liebe zur Region
Der Geruch von selbst gebackenem Brot macht Lust auf mehr. In den Öfen, die in einem Gastraum liegen, wird das Sauerteigbrot hergestellt. Handarbeit und das Sich-Besinnen auf alte Küchenphilosophien – das könnte das Motto sein, das Werner Tschiedel verfolgt. "Uns war wichtig, dass es ein Gasthaus für jedermann ist", sagt er. "Und so bodenständig soll auch unsere Küche sein."
Gasthaus Ziegelwerk
Regionale, traditionelle Küche mit Zutaten, die alle aus der Umgebung kommen. Eine Besonderheit ist die hauseigene Patisserie, die von Julia Tschiedel zubereitet wird.
Aktuelles:
2024 von Gault & Millau mit
3 Hauben ausgezeichnet
Ganslzeit bis 24. 11., Reservierung empfohlen.
Informationen:
Ziegelofengasse 28
2485 Wimpassing an der Leitha
Tel. 2623 /73 796
www.ziegelwerk-gasthaus.at
Auf der Karte finden sich österreichische Klassiker. "Vom Wiener Schnitzel über Tafelspitz, Beuschel bis hin zum Rahmherz – aber es gibt auch Käsknöpfle, weil meine Frau Julia aus Vorarlberg ist", so Tschiedel. "Daneben haben wir auch Tagesempfehlungen, die etwas ausgefallener sind."
Die Zutaten, die in der Küche verarbeitet werden, stammen ausschließlich aus der Region. So bekommen die Tschiedels alle zwei Monate ein ganzes Bio-Aubrac-Rind geliefert. "Das ist eine alte Rasse, die wir selbst zerlegen und von Kopf bis Fuß verwenden", so der Küchenchef. Auf der Speisekarte sind dann Rindsrouladen, Gulasch, Beiried oder Lungenbraten zu finden.
Verarbeitet wird, was die Tschiedels von ihren Bauern geliefert bekommen. Da Saisonalität im Gasthaus Ziegelwerk ernst genommen wird, stehen so einige Gemüsesorten nicht mehr lange zur Verfügung. Für Werner Tschiedel ist das kein Problem. "Jetzt kommen die ganzen Kohlarten und Wurzelgemüse“, sagt er. "Und das heißt noch lange nicht, dass es nun fad wird – im Gegenteil: Kohl lässt sich zu herrlichen Gerichten verarbeiten." Ein Beispiel gefällig? Im Ziegelwerk wird Rollgerstenrisotto mit Ziegenkäse und Schwarzkohl serviert, das himmlisch schmeckt. Ganz muss auch im kommenden Winter nicht auf den Geschmack des Sommers verzichtet werden. "Wir machen im Sommer viel ein oder fermentieren", so Werner Tschiedel.
"Auch Sirupe, Säfte oder Wermut machen wir selbst – das ist zwar viel Arbeit, aber eine bewusste Entscheidung zur Qualität." Convenience-Produkte, Glutamat oder andere Geschmacksverstärker sind ihm ein Graus. "Unsere Küche ist ehrlich, da schmeckt die Karotte, wie sie von Natur aus schmeckt“, betont der Küchenchef. "Dass das geschätzt wird, zeigt sich an den Hauben, die wir bekommen haben – das war zwar nicht geplant, aber es ist natürlich eine sehr schöne Bestätigung."
Bewusste Entscheidung
Jürgen Csencsits bezeichnet sich selbst als typisches Wirtshauskind. Seine Großmutter schupfte das Lokal im südburgenländischen Harmisch, dann übernahm es seine Mutter. Csencsits selbst wollte eigentlich Fußballer oder Rock-Musiker werden. "Es hat sich aber schnell gezeigt, dass das nichts wird“, sagt er und lacht. "Also bin ich im Taubenkogel in die Lehre gegangen." Als seine Mutter das Wirtshaus aufgeben wollte, fackelte er nicht lange und übernahm mit seiner Frau Melanie das Lokal. "Ich hatte mir keine Gedanken darüber gemacht, wie ich den Betrieb führen will", sagt er rückblickend.
"Etwas Gutes zu kochen und ins Glas’l einzuschenken, das war mein Ziel." Und dennoch wurde Jürgen Csencsits sprichwörtlich die Bude eingerannt. "Für die Gourmets war es eine spannende Sache: Der Haubenkoch aus dem Taubenkogel geht ins Südburgenland – alle waren neugierig, was ich dort mache.“
Da das Geschäft gut lief, wurde die alte Haushaltsküche schnell zu klein. Also wurde das alte Gasthaus mit dem Interieur aus den 1970er-Jahren Schritt für Schritt umgebaut. Vieles musste weichen – nur einer nicht: der alte Holzofen in der Küche. "Der ist von meiner Großmutter", erzählt Csencsits. "Es hat zwar ein Jahr gedauert, bis ich mit ihm zurechtgekommen bin, aber jetzt ist er das Prunkstück in meiner Küche." Und er ist täglich im Einsatz. Auf ihm köcheln Suppen, Saucen, in ihm entstehen herrliche Schmorbraten. "Da ich fast alleine in der Küche arbeite, will ich nicht so viele Komponenten auf den Teller bringen", erzählt der Küchenchef.
"Stattdessen fokussiere ich mich lieber auf das Produkt.“ Zeit ist für ihn eine der wichtigsten Zutaten. Jürgen Csencsits lässt seinen Gerichten genau das: Zeit, so lange wie nötig im Ofen zu bleiben, Zeit, um den Eigengeschmack entwickeln zu können. "Bekomme ich die Lebensmittel geliefert, habe ich eine grobe Vorstellung, was ich daraus machen will“, erzählt er. "Dann koche ich den Vormittag vor mich hin, bis sich alles zusammenfügt."
Liebe zur Heimat
Der südburgenländischen Küche haftet der Nimbus des "Arme-Leute-Essens“ an. Und doch inspiriert sie Jürgen Csencsits. Der pannonische Einfluss mit paprizierten Speisen, der Einsatz von Kohl oder Schweinefleisch ist für ihn etwas Feines. "Aber wenn es um Gewürze und Säure geht, bin ich offen für alles", so der Haubenkoch. Daher runden etwa Zitronengras oder Ingwer die traditionellen Gerichte ab. Aktuell verarbeitet er vor allem Pilze, bald kommt die Wild- und Gansl-Zeit.
"Besonders freue ich mich auf den Wels, für den jetzt die Saison losgeht und den wir von einem Teichwirt aus Güssing bekommen“, sagt Csencsits. Seine bekannte Fischsuppe wird immer saisonal abgewandelt. "Jetzt schicke ich sie mit Zander und Kürbis raus, bald kommen Wels und Kohl", sagt er. "Der Geschmack ändert sich, die Idee ist aber immer dieselbe." Frische Produkte, mit Liebe zubereitet, das ist Jürgen Csencsits’ Anspruch – und das danken ihm die Gäste.
Gasthaus Csencsits
Pannonisch-burgenländische Küche mit einem Hauch Crossover: So sorgen etwa asiatische Gewürze für außergewöhnliche Geschmackserlebnisse. Mittelpunkt der Küche ist ein holzbetriebener Ofen, auf dem etwa Braten oder Saucen zubereitet werden. 2023 mit 3 Hauben von Gault & Millau ausgezeichnet. Neben Gansl und Wild kommen nun wieder Gerichte, die mit Zander oder Wels zubereitet werden. Um Reservierung wird gebeten.
Informationen: 7512 Harmisch 13
Weitere Lokale auf höchstem Niveau
- Das Fritz, Weiden am See
Hier bekommen Sie österreichische Klassiker wie Rieslingbeuschel ebenso wie kreative Neu-Interpretationen der pannonischen Küche aufgetischt.
dasfritz.at - Gut Purbach, Purbach am Neusiedler See
Pannonische Zutaten und burgenländische Tradition treffen auf französisches Handwerk – das Ergebnis ist ein kulinarischer Höhenflug, der seinesgleichen sucht. Bekannt ist auch die besondere Innereienküche.
.gutpurbach.at - Restaurant im Hofgassl
Rust Chefkoch Michael Pilz überzeugt seine Gäste mit leichter, feiner Küche und kreativen Kombinationen.
hofgassl.at - Gasthaus Fuchs, Weppersdorf
Saisonale Spezialitäten werden hier aufgetischt, von Mittwoch bis Samstag gibt es im „Gourmeteck's Zimmerl“ zusätzlich Erlesenes aus der gehobenen Küche.
gasthaus-fuchs.at - Gasthaus zum fröhlichen Arbeiter, Apetlon
Die Familie Tschida setzt auf saisonale Gerichte, wobei der Großteil der Zutaten mit regionalen Anbietern abgedeckt wird. So gibt es unter anderem Spezialitäten vom Nationalpark- Steppenrind.
froehlicherarbeiter.at - Restaurant Ratschen
Deutsch Schützen
Die Speisekarte vereint kreative Interpretationen regionaler Gerichte mit internationalen Einflüssen – zu Mittag wird feine Wirtshausküche serviert, am Abend mehrgängige raffinierte Menüs.
ratschen.at - Bullinarium, Markt Allhau
Das Fleisch kommt direkt vom eigenen Bauernhof. Die Rinder wachsen langsam heran und werden nur mit Gras und Heu gefüttert. Durch die wiederkäuergerechte Art der Fütterung ist Hallers Bull Beef von Natur aus zart. Das Fleisch wird optimal zubereitet und kommt mit saisonalen Beilagen auf den Teller.
bullinarium.com
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