Gans wie am Kaiserhof: Festessen nach alten Rezepten
Gansl hat Hochsaison. Der Küchendirektor des Meissl & Schadn kredenzt es mit unkonventioneller Beilage. Und verrät Rezepte.
Die eine schaute strikt auf ihre Linie, die andere liebte ein gebratenes Gansl, kredenzt unter anderem mit unkonventioneller Beilage wie Erdäpfelsalat. Nicht nur in Fragen der Weltanschauung waren sich Erzherzogin Sophie und ihre Schwiegertochter nicht immer einig. „Die Sisi wird bei Banketten wohl die Einzige gewesen sein, die das nicht gegessen hat und lustlos darin herumgestochert hat“, mutmaßt Jürgen Gschwendtner. Er ist Küchenchef im Wiener „Meissl & Schadn“, das sich der österreichischen Küche verschreibt und gräbt mit Hilfe der Historikerin Ingrid Haslinger immer wieder alte Rezepte aus und kocht sie nach.
„Am Kaiserhof haben die Fleisch eigentlich am Spieß gedreht und so gebraten.“ Aber da sich nicht nur die Zeiten und die politischen Systeme geändert haben, sondern auch die Küchen, macht Gschwendtner das Gansl, wie man es heutzutage macht – im Backrohr. Aber sonst so wie früher.
Ohne Knödelfülle, aber mit Salat
Auf eine Knödelfülle verzichtet er. „Das wird eher patzig.“ Stattdessen stopft er Schalotten, Apfel- und Orangenstücke hinein. „Das gibt Geschmack und macht alles schön saftig.“ Gschwendtner spart nicht mit Füllung. „Ich stopfe ganz viel davon ins Innere, damit die Brust eine schöne Form bekommt und nicht einfällt und alles gleichmäßig braun wird. Da braucht man dann auch keine Flasche mehr, worauf manche schwören.“
Einen Teil der Schalotten-Obst-Mischung legt er für die Sauce zur Seite. Wie auch die Innereien und die Flügerl, die er vorher zerteilt hat, und den Hals, der manchmal auch noch dabei ist. „In der jüdischen Küche war ein gefüllter Gänsehals ein fester Bestandteil. Da kam eine Farce aus Erdäpfel und Fleisch hinein“, beweist er, dass er bei der Küchengeschichte aufgepasst hat.
Ist alles gefüllt und mit Garn „wie bei der Oma“ zugeschnürt, muss die Würze ran. Der Koch schwört auf wenig Zutaten, dafür aber viel von einigen. „Besonders wichtig: Das Gansl muss kräftig gesalzen werden. Weil ohne Salz kein Geschmack. Und das Schlimmste ist, wenn man ein Gansl macht und es nach nichts schmeckt“, sagt er und nimmt sogleich eine kräftige Prise, die er vorm Füllen ins Innere streut. Dann reibt er das Fleisch noch einmal mit gehörig viel Salz und mit Kräutern ein. „Beifuß ist ein Muss bei fetteren Speisen. Die liegen dann nicht so schwer im Magen.“ Das Kraut schmecke frisch-würzig mit einer leicht bitteren Note, die geschmacklich dem Wermut ähnle. Dazu etwas Majoran. „Vorsicht: nicht zu viel, sonst wird es leicht süßlich.“
Danach muss die Gans ins Rohr und gehört ab und zu übergossen. „Ich nehme gern ein Gemüsesupperl, das hat einen sanften Geschmack. Auf keinen Fall verwende ich Bier, oder was sonst noch so an Tipps herumgeistert.“ Nach rund drei bis vier Stunden ist es fertig. „Na, schaut das nicht aus, wie ein Gansl ausschauen muss?“, fragt Gschwendtner rhetorisch und wohl auch etwas Lob erwartend.
Er serviert die Gans auf einer silbernen Platte, garniert mit frischer Petersilie und mit Orangenscheiben. „Damit das sexy ausschaut.“ Als Beilagen kredenzt Gschwendtner Klassiker wie glacierte Maroni und mit Rotkraut (hier geht es zum Rezept).
„Der Super-Tipp fürs Kraut: immer etwas Kochschokolade hineinreiben.“ Dazu gibt es Semmelknödel oder auch Erdäpfelknödel sowie Erdäpfelsalat wie früher am Kaiserhof. Und noch eine Marmelade aus Dirndln (oder Kornelkirschen, wie sie auch heißen), die einst beliebt in Wien waren. „Die rötlichen Früchte haben viel Vitamin C und einen leicht säuerlichen Geschmack.“
Mahlzeit! Und dann lieber nicht wie Sisi auf die Figur schauen, sondern genießen. Und hoffen, dass der Beifuß wirkt.
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